Ein Widerspruchsverfahren im Markenrecht ist für Rechtsberater ein Vorgang, der bei einer Markenanmeldung mit einkalkuliert werden muss. Wird die Widerspruchsfrist jedoch vom Gegner verpasst, droht ein Konfliktfall, der auf erheblich stärker verhärtete Fronten stößt. Dahinter steckt jede Menge Psychologie auf beiden Seiten. Was das bedeutet, beleuchten wir in diesem Beitrag. 

“Das kann ja wohl nicht sein! “ – dies eine mögliche Antwort eines Markeninhabers, der ein Schreiben zu einem Anspruchschreiben einer älteren Marke  zu seiner Wortmarke erhalten hat. Vor gut 1 ½ Jahren hat der Unternehmer seine Firma gegründet, aufgebaut und direkt nebst Domain, Webpräsenz auch eine Marke selbst beim zuständigen Patent- und Markenamt angemeldet. Die Marke wurde dann nach einigen Monaten eingetragen. “Geht es noch, damit kommt die jetzt? Das lasse ich mir nicht bieten! Die Marke ist eingetragen. Das Amt hat mir stattgegeben.”

Blickt man auf den Versender des Schreibens, könnte die Haltung kaum anders sein. “Das ist ja wohl nicht möglich!” – könnte die Reaktion eines Markeninhabers sein, der durch Zufall seinen Markennamen auf Social Media entdeckt hat. Der Check in einer Markendatenbank schafft traurige Gewissheit. Die Marke, nur etwas anders geschrieben, aber in der Aussprache gleich, ist vor wenigen Monaten beim Markenamt eingetragen worden. “Der kann sich warm anziehen, da gehe ich zum jetzt Anwalt”.

Wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen ist

Eine vielleicht typische Ausgangssituation, wenn zwei Marken kollidieren. Die Besonderheit hier. Die Markenkollision findet nicht mehr innerhalb eines Widerspruchsverfahrens statt. Die Frist für einen Widerspruch ist vorbei und die jüngere Marke ist eingetragen und ohne Widerspruch nach der Offenlegung durchgegangen. Alle Werbemittel (Firmenschild, Briefpapier, Internet-Domain und Webseite) sind erstellt. Hierzu ist einiges an Geld geflossen und nun befindet sich das Unternehmen mit der noch jungen Marke im Aufbau. Das der Inhaber dieses Unternehmen aus allen Wolken fällt und den Anspruch der älteren Marke nicht einfach so akzeptieren will, scheint verständlich. Viel Geld ist ausgegeben und eine Umfirmierung ist vielleicht nicht bezahlbar.

Psychologie eines Marken Streitfalls

Es macht Sinn einmal abseits der juristischen Betrachtung eines solchen Falles die psychologische Seite einer solchen Markenkollision zu betrachten. Beide Seiten wollen keinen Meter preisgeben.

Vide: Warum der Streit um Markenrechte mit harten Bandagen geführt wird

Die ältere Marke pocht auf die älteren Markenrechte (Prioritätsdatum) und sieht in der jüngeren Marke eine glatte Markenverletzung durch Ähnlichkeit, wenn nicht sogar Identität. Die jüngere Marke sieht keine Ähnlichkeit und ist der Meinung, dass die ältere Marke früher hätte kommen müssen. Auch hier weicht man schon aus wirtschaftlichen Gründen keinen Meter zurück.

Löschungsklage – Ausgang ungewiss 

Dieser Fall soll als Beispiel dienen, der immer wieder so vorkommt und in einer Löschungsklage endet. Beide Seiten müssen auf die eine oder andere Weise Geld in die Hand nehmen, um das Recht zu bekommen oder zu verteidigen. Neben den Kosten ist das Zeitinvest recht hoch. Für die ältere Marke besteht die Gefahr, dass ein neuer Marktteilnehmer durch die Marke Anteile im Markt erhält. Für die jüngere Marke besteht die Gefahr erhebliche Kosten- und Schadensersatzansprüche tragen zu müssen. Es ist aus rein psychologischer Sicht nachvollziehbar, dass beide Seiten sehr kompromisslos in den Konflikt einsteigen.

Dieser Druck kann im Vorfeld auf beiden Seiten erheblich gemindert werden, wenn bestimmte Schritte bei einer Markenanmeldung und späteren Eintragung durchgeführt werden. Diese Schritte mögen Anfangs nur mit Kosten verbunden sein. Dennoch sind diese Maßnahmen eine Kostenminderung auf mittelfristige Sicht.

Markenrecherche mindert das Risiko

Anmelder für eine neue Marke sollten eine umfangreiche Markenrecherche vor der Markenanmeldung in Auftrag geben. Auf diese Weise sind potenzielle ähnliche und identische Marken erkennbar. Gepaart mit einer anwaltlichen Beratung kann eine Anmeldung so formuliert werden, dass Kollisionen im Waren- und Dienstleistungsbereich umgangen werden. Ist dies nicht möglich, kann ein neuer Markenname entwickelt werden, der kein Potential für eine Markenverletzung zu älteren Marken aufweist.

Markenüberwachung als Druckminderer

Mit einer Markenüberwachung erhalten Inhaber bestehender Markenrechte frühzeitig eine Information über eine kollidierende Markeneintragung (Markenkollision). Es besteht dann die Möglichkeit, innerhalb der Widerspruchsfrist mit einem Widerspruch dieser Eintragung zu begegnen.

Die reine Sichtweise auf die Psychologie der jeweiligen Markeninhaber macht deutlich, welche Kräfte bei Markenverletzungen wirken, wenn beide Seiten das Recht auf der eigenen Seite sehen. Es bleibt die Kunst der Rechtsanwälte, die jeweiligen Mandanten hier optimal zu beraten und auch erkennen zu lassen, wo Grenzen sind.

Vielmehr sollten Markeninhaber alle Mechanismen zum frühzeitigen Erkennen von Kollisionen und Markenverletzungen kennen und einsetzen.

 

Michael Klems ist Experte für die Recherche in professionellen Datenbanken und effiziente Suchstrategien in Online-Quellen. Seit 1991 ist der erfahrene Online-Profi für namhafte Entscheider und Top-Unternehmen in der Informationsbeschaffung tätig. Mit der Seminarreihe „Effiziente Internet-Recherche“ ist der gebürtige Kölner gefragter Referent für Seminare und Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen. Michael Klems ist der Kopf hinter dem Online-Dienst infobroker.de.
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