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Open Password – Dienstag, den 18. April 2017

#188

George Soros – Erda Lapp – Elisabeth Simon – Bibliotheken – Bibliothekare – Osteuropa – British Council – Goethe-Institut – Bibliothekarische Auslandsstelle – Deutsches Bibliotheksinstitut – Central European University – UrWissG – FIZ Karlsruhe – Urheberrechtskonformer Umgang mit digitaler Fachinformation


Briefe

Soros-Seminare echte Höhepunkte
– für die Teilnehmer und für uns

Lieber Herr Bredemeier, …

ich habe mit Interesse Elisabeths Simons Artikel in Password gelesen, wir haben dazu vor ein paar Tagen auch telefoniert. Die Workshops, die Elisabeth und ich für Soros in Osteuropa durchgeführt haben, waren echte Höhepunkte –  für die Teilnehmer und für uns. Das habe ich damals so gesehen und sehe es immer noch so.

Ich war in der letzten Märzwoche dieses Jahres in Budapest und hatte sehr gute Gespräche mit meiner Kollegin vom Ungarn-Deutschen Informationszentrum.

Mit den besten Grüßen und Wünschen, Erda Lapp,
Universitätsbibliothek der Ruhr-Universität Bochum,


Der Osten

Wie wir mit Hilfe von George Soros

die offene Gesellschaft in die osteuropäischen Bibliotheken brachten

Siehe auch der Beitrag von Elisabeth Simon vom 11. April: Mit Soros Hilfe die „Open Society“ in die osteuropäischen Bibliotheken gebracht – Was für ein Enthusiasmus für die „Offene Gesellschaft“, bis die autoritären Regierungen kamen

Die Verlegerin und einstige Soros-Helferin Elisabeth Simon (links) im Gespräch mit ihrer Autorin Renate Zimmermann

 

Von Elisabeth Simon

1988 hatte ich Einführungen in das Bibliothekswesen von Großbritannien und Frankreich veröffentlicht.  Diesen sollte auf Anregung des Saur-Verlages eine Einführung in das Bibliothekswesen der Vereinigten Staaten folgen.  Kaum war dies dem Berliner Amerikahaus bekannt geworden, da wurde ich zu einer sechswöchigen Studienreise in die USA eingeladen. Darüber freute ich mich, denn so konnte ich meine vor Jahren gemachten Erfahrungen in den USA mit dem Hier und Jetzt vergleichen.

Im Gespräch mit dem damaligen Direktor der Library of Congress erfuhr ich, dass auch Bibliothekare aus der damaligen Sowjetunion eingeladen worden waren. Das war noch nichts Besonderes. Aber dann ereignete sich die Sensation: die eingeladenen Gäste kamen! So war auf einmal ein Austausch mit Fachleuten aus den Provinzen dieses bis dato hermetisch abgeschotteten Landes möglich geworden.

Damals sagte ich mir: Was die Amerikaner können, das können wir Deutschen auch. Und was lag für mich als Geschäftsführerin der Bibliothekarischen Auslandsstelle am Deutschen Bibliotheksinstituts näher, als ähnliche Begegnungen mit den Mitteln und Möglichkeiten der Auslandsstelle durchzuführen.

Allerdings hatten wir bei der Umsetzung dieses Vorhabens unendliche Hürden zu überwinden. Für jeden Teilnehmer mussten die Einladungen über die betreffenden Botschaften ausgesprochen und Visa erteilt werden. Dies gelang nur mit der überaus tatkräftigen Hilfe des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Inneren. Andererseits zeigten sich im „Eisernen Vorhang“ noch vor dem Fall der Berliner Mauer weitere Risse. So waren auf einmal Kontakte nicht nur zu den Bibliotheken in den osteuropäischen Ländern, sondern auch zu Verlegern, Einrichtungen für die Produktion von Büromöbeln und weiteren Institutionen möglich geworden.

Als die Berliner Mauer gefallen war, entschloss sich das Auswärtige Amt zu einem bibliothekarischen Hilfsprogramm. Die Bibliothekarische Auslandsstelle entwickelte in diesem Rahmen „Programme für „sur place Seminare“, das waren Seminare, die nicht in Deutschland, sondern in den jeweiligen Ländern stattfanden. Dabei gingen wir zunächst von Programmen aus, die für die Fortbildung des Personals   erarbeitet worden waren. Nun wurden sie als Management-Seminare für Bibliothekare und Informationsfachleute weiterentwickelt, weil hier die größten Defizite der osteuropäischen Fachleute lagen.

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Unter den schrecklichsten Umständen fühlen sich Bibliothekare verpflichtet, das Wissen ihrer Kunden zu mehren und ihnen neue Welten zu eröffnen.

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Ende der neunziger Jahre trat George Soros auf den Plan. Als US-amerikanischer Mäzen war er zu einer Förderung von Bibliotheken bereit. Diese war wesentlich großzügiger zugeschnitten war als alle Programme der öffentlichen Hand. Darüber hinaus brachte Soros eine klare Vision in die Bibliotheksförderung ein, aus der sich konkrete Ziele und Leitlinien ableiten ließen. Als Kapitalist amerikanischer Prägung und ungarischer Bürger wollte er die Idee einer Offenen Gesellschaft in die ehemals kommunistischen Länder tragen.

Wie sehr die Idee einer Offenen Gesellschaft der damaligen Herrschaftsstruktur in den osteuropäischen Ländern widersprach, möge an zwei Beispielen erläutert werden:

  • Der Springer-Verlag schenkte der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften in Alamty (zu dieser Zeit noch Hauptstadt von Kasachstan) eine Bibliothek, bestehend aus 25.000 Bänden Wirtschaftsliteratur. Sie landete im Keller und nur Eingeweihte wussten, dass es sie gab.
  • Die große Stadtbibliothek in Kiew gab ihre Bücher zum Lesen nur frei, indem diese an einem Pult angeschlossen wurden. Dies war eine mittelalterliche Methode, die in diesem Fall weiter angewandt wurde, weil die Bibliothekare jedes abhanden gekommene Buch privat ersetzen mussten. Wer konnte ihnen verdenken, dass sie dieses Risiko scheuten.

George Soros schrieb einen Wettbewerb aus, für den sich Organisatoren und Anbieter um die Durchführung von Seminare bewerben konnten. Die Bibliothekarische Auslandsstelle hatte Module entwickelt, die sich je nach Klientele (Größe, Struktur, Land) anpassen ließen. Mit diesem Konzept gewann sie den Wettbewerb. Allerdings waren die Aufgaben, die nun auf uns zukamen, so groß, dass sie sich nur mit einem Partner, der britischen TFPL, stemmen ließen. Diese übernahm die Seminare in Mitteleuropa, während wir die Seminare in Kasachstan, Kirgistan, Estland, Lettland und Litauen durchführten.

Allerdings hatte sich Soros mit seiner Bibliotheksförderung „zwischen alle Stühle“ gesetzt. Da waren auf der einen Seite die etablierten internationalen Hilfsorganisationen wie das British Council, aber auch das Goethe-Institut, die in den Soros-Aktivitäten eine unliebsame Konkurrenz sahen. So monierte das Goethe-Institut, dass Soros nicht zwischen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken unterschied, also die Gemeinsamkeiten und nicht die Unterschiede zwischen den beiden Bibliothekstypen betonte. Auf der anderen Seite waren die hierarchischen Strukturen der osteuropäischen Bibliotheken mit Soros Idee einer „offenen Gesellschaft“ unvereinbar. Mit der Zeit mussten die Verantwortlichen, deren Stellung in der Vergangenheit nie angezweifelt worden war, merken, dass sich hier ein alternatives bibliothekarisches Umfeld aufbaute.

Unsere Seminare von Kasachstan bis Litauen gehörten zu den spannendsten, die meine Kollegin Erda Lapp, heute Direktorin der UB Bochum und ich je durchgeführt hatten. Der administrative Aufwand war so gering, das man heute fast ungläubig darauf zurückschaut. Wir lernten, dass sich Bibliothekare selbst unter den schrecklichsten Umständen dem einen Ziel verpflichtet fühlen, nämlich das Wissen ihrer Kunden zu mehren und neue Welten für sie zu eröffnen. Wir wurden mit erschütternden Geschichten konfrontiert, wie die Autoritäten eben dieses mit administrativen und berufsständischen Mitteln zu verhindern trachteten und zu welcher Hilflosigkeit sie die Bibliothekare diesen Interventionen gegenüber verurteilten. Wir sind mit einer großen Hochachtung gegenüber unseren Kollegen nach Deutschland zurückgekehrt. Enthusiastisch, wie wir damals waren, haben wir sie zu überzeugen versucht, dass gerade jene, die sich mit Informationsvermittlung befassen, einer helleren Zukunft entgegengehen. Unsere osteuropäischen Partner haben uns Freundschaft und Kollegialität entgegengebracht, wie wir dies nie wieder erfahren sollten.

Diese Erfahrungen verdanken wir Georges Soros. Vielleicht hatte er nicht nur eine Vision und viel Geld, sondern war auch ein großer Kenner der Menschen.

Die Kontakte, die wir damals aufbauten, wurden von der Bibliothekarischen Auslandsstelle weiter gepflegt. Es folgten Einladungen nach Deutschland und internationale Veranstaltungen. Häufig wurde die Bibliothekarische Auslandsstelle mit dem Deutschen Bibliotheksinstitut gleichgesetzt. Als das Deutsche Bibliotheksinstitut geschlossen wurde, gingen über 400 spontane Protestschreiben aus dem Ausland beim Berliner Oberbürgermeister ein, unter anderem von der Open Society in Budapest. Die Stadt Berlin schmückt sich bis heute mit diesen internationalen Kontakten.

Wir und die anderen Helfer von Soros haben damals zur Entwicklung offener Bibliotheken in Osteuropa und zur Integration der osteuropäischen Fachleute in die internationale Gemeinschaft beigetragen. Nicht auszudenken, wenn die Politiker in Ungarn, Polen und in anderen osteuropäischen Ländern die Entwicklungen zu einer offenen Zivilgesellschaft zunichtemachten und die Uhren auch für die Bibliotheken zurückstellten. Die bevorstehende Schließung der Central European University in Budapest lässt Schlimmes vermuten.

 UrWissG

Praxistauglichkeit und Rechtssicherheit

Zur Debatte um das UrWissG (da noch Referentenentwurf, jetzt Regierungsbeschluss) siehe Open Password inbesondere vom 24. Februar (#166) und 6. März (#169)

„Mit dem heutigen Kabinettbeschluss passen wir die Schranken des Urheberrechts an die veränderten Erfordernisse der Digitalisierung an. Zugleich machen wir die Regelungen verständlicher und praxistauglicher. Damit schaffen wir Rechtssicherheit für Nutzer, Urheber und Verlage. Die Interessen der Urheber und Verlage an der Verwertung ihrer Werke bleiben berücksichtigt.“

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka

FIZ Karlsruhe

Urheberrechtskonformer Umgang
mit digitaler Fachinformation

  1. Mai 2017, 10.30 Uhr, Urheberrechtskonformer Umgang mit digitaler Fachliteratur, in Trägerschaft von FIZ Karlsruhe und RightsDirect zu den Fragen: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Umgang mit Fachliteratur in Unternehmen? Welche Nutzungsrechte gelten für die erworbene Fachliteratur und wo sind ihre gesetzlichen Grenzen? Was darf ich mit urheberrechtlich geschützter Fachliteratur tun? Wo und wie kann ich zusätzlich benötigte Nutzungsrechte erwerben? Wie erstelle ich eine wirksame Copyright-Richtlinie? https://www.fiz-karlsruhe.de/copyright_day_de_10_mai_2017.html

Die Veranstaltung findet am 10. Mai 2017 von 10.30 Uhr bis 15.30 Uhr in den Räumen von FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur in Eggenstein-Leopoldshafen statt. Weitere Informationen zu Programm und Referenten sind unter https://www.fiz-karlsruhe.de/copyright_day_de_10_mai_2017.html zu finden, um rechtzeitige Anmeldung wird gebeten.

Archiv & Touchpoint

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