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Open Password – Freitag, den 20. August 2021

# 963

Zukunft der Bibliotheks- und Informationswissenschaft – Informationskompetenz – Information Literacy – Bibliotheks- und Informationswissenschaft – Desinformation – ISI 2021 – B. Jörs – Medienkompetenz – Stiftung „Neue Verantwortung“ – A. Meßmer – A. Sängerlaub – L. Schulz – SPIEGEL – Projekt Digitale Nachrichten und Informationskompetenz – Bedienkompetenz – Overconfidence – Nachrichtenkompetenz – Computer Assisted Web – meinungsplatz.de – Bilendi – Reuters Institute Digital News Report – Institut für Demoskopie Allensbach – Scoring-Ansatz – Kompetenzbereiche – Digitale Navigation – Journalistische Contentevaluation – Faktenwissen/Fact-Checker – Debattenteilnahm/Debatteur – Kommunikationswissenschaften – Güte von Nachrichten – Gesellschaftliche Relevanz – Journalistische Standards – Vertrauenswürdigkeit – Vertrauensbildung – Quellenqualität – Soziale Medien – Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Journalismus – Öffentlichkeitsarbeit – Medienmarken – Suchmaschinen – Suchalgorithmen – Likes – Advertorials – Hate Speech – Verschwörungstheorien- Silicon Valley – Archives – Paula Jabloner – Anna Mancini – Journal of Western Archives – Syllabus – TH Wildau – Wildauer Bibliothekssymposion – Frank Seeliger – Enträumlichung – New Work – Podcasts in Deutschland – Etablierung – Professionalisierung – TV-Talkshows – Social Media – Ausspielwege – Spotify – Appple – Otto-Brenner-Stiftung – Lutz Frühbrodt – Ronja Auerbacher – Podcasts als Gegenmodell – Axel Springer – Spiegel – Funke Mediengruppe – You-Tube-Syndrom – Trennung von Nachricht und Kommentar

 

Titelgeschichte:

Das große Missverständnis und Versäumnis der Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Zeitalter der Desinformation

Teil 2: Wie sich „Informationskompetenz“ methodisch-operativ untersuchen lässt

Von Bernd Jörs

Über den Tellerrand

Wie die Archive von Silicon Valley in Archiven gerettet werden

III.

TH Wildau: Bibliothekssymposion

Podcasts in Deutschland
Etablierung und Professionalisierung – Ein Gegenmodell
zu TV-Talkshows und Social Media?

Zukunft der Bibliotheks-
und Informationswissenschaft

Informationskompetenz
oder Information Literacy

Das große Missverständnis und Versäumnis
der Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Zeitalter der Desinformation

Teil 2: Wie sich „Informationskompetenz“ methodisch-operativ untersuchen lässt

 

Ergänzende Anmerkungen zum „16th International Symposium of Information Science“ („ISI 2021“, Regensburg 8. März – 10. März 2021)

Von Prof. Dr. Bernd Jörs, Hochschule Darmstadt

In Teil 1 dieser Themenreihe zur Informationskompetenz wurde auf das Versäumnis der Bibliotheks- und Informationswissenschaft hingewiesen, das die Schlüsselqualifikation der Informations- und Medienkompetenz für die Lösung von Desinformationsproblemen für die eigene Forschung und Lehre in Anspruch nimmt, den damit implizit eingegangenen Verpflichtungen aber nicht nachkommt oder nicht nachkommen kann. Wenn zum Beispiel Informationskompetenz an Schulen vermittelt werden soll, dann müssten den Lehrern konkrete Handlungsanweisungen und Methoden an die Hand gegeben werden, um den Grad der (persönlichen) Informationskompetenz operativ messbar zu machen, zu testen und vor allem zu spezifizieren, was unter dem angeblich omnipotenten Begriff der Informationskompetenz zu verstehen sei. Das wird nicht geleistet.

Ferner wurde in Teil 1 dieser Reihe darauf hingewiesen, dass es eine kontextlose und (vor-)wissenslose „Informationskompetenz“, also „eine allgemeine Fähigkeit, Wahrheit von Falschheit zu unterscheiden“ nicht gibt, „weil es eine solche Fähigkeit gar nicht geben kann. Um ein Urteil über die Wahrheit oder Falschheit einer Aussage über irgendetwas – völlig egal, worum es geht – zu fällen, braucht man ganz grundsätzlich Vorwissen über das Sachgebiet (M. Spitzer: Keilschrift, Kant und Kaufverträge, in: Nervenheilkunde 2020; 39; Seiten 98-205, S. 201).

Der Stiftung „Neue Verantwortung“, eine Art „Think Tank für die Gesellschaft im technologischen Wandel“ (Berlin), ist zu danken, dass sie mit ihrer aktuellen Studie (März 2021) erstmals mutig der entscheidenden methodisch-operativen Frage nachgegangen ist, wie „Informationskompetenz“ im Zeitalter der Desinformation untersucht, erhoben und messbar gemacht werden kann. Die Studie trägt den Titel: „Quelle: Internet – Digitale Nachrichten – Informationskompetenzen der deutschen Bevölkerung im Test“ und stammt von Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub und Leonie Schulz (März 2021). Sogar der SPIEGEL widmete den Ergebnissen dieser einmaligen Anstoß-Studie publizistisch aufbereiteten Platz (Spiegel online, 22. März 2021). Die umfangreiche Studie, um empirisch-analytische Erhebungen angereichert, erfolgte in enger Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen, unter anderem der LMU München, dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung/Berlin, dem Leibnitz-Institut für Medienforschung/Hans-Bredow-Institut/Hamburg, der FU Berlin, der Landesanstalt für Medien NRW/Düsseldorf sowie der Forschungsagentur pollytix strategic research gmbh/Berlin). Sie wurde über das „Projekt Digitale Nachrichten- und Informationskompetenz“ von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) sowie der Landesanstalt für Medien NRW (LFM NRW) gefördert.

Sieht man sich das Autorenverzeichnis an, so ist festzuhalten: Die AutorInnen und extern beteiligten MitarbeiterInnen an der Studie haben ausdrücklich keinen beruflichen oder akademischen Background in der Bibliotheks- oder Informationswissenschaft. Meistens handelt sich um AbsolventInnen der Kommunikationswissenschaft, Publizistik, Politologie, Psychologie oder Soziologie. Das „kleine Fach“ der Bibliotheks- und Informationswissenschaft ist wohl übersehen worden.

Die AutorInnen Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub, Leonie Schulz weisen früh auf die Einmaligkeit ihrer nationalen Erhebungen hin: „Bisher fehlten verlässliche Daten zu diesen wichtigen Informations- und Nachrichtenkompetenzen in der deutschen Bevölkerung – und damit die Grundlage für eine gezielte Medienbildungspolitik. Zwar gibt es bereits Studien und Erhebungen zu „Medienkompetenz“, doch entweder nehmen solche Untersuchungen nur Schüler: innen und primär deren allgemeine PC-Kenntnisse in den Blick oder sie beruhen auf Befragungen und Selbstauskünften, die keine verlässliche Kompetenz-Messung darstellen“ (Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub, Leonie Schulz; a.a.O.; Seite 3). Im oben genannten SPIGEL-Interview kritisiert eine der Mitautorinnen, A. Meßmer, dass die bisherige Forschung zur Informations- und insbesondere Medienkompetenz zu einseitig und reduzierend auf der „Bedienkompetenz“ lag. Sie folgert zur Frage: „Wie gehen Menschen eigentlich mit Nachrichten um? Da dachte man bisher wohl immer: Das lernen die schon mit.“ Zudem weist sie auf den Overconfidence-Effekt hin, der entsteht, sobald Menschen gefragt werden: „Wie kompetent sind Sie im Umgang mit Medien? Denken Sie, dass Sie Desinformation erkennen würden?“ Das ForscherInnen-Team wollte es deshalb genauer wissen.

Die AutorInnen bieten eine eigene Definition an, was sie unter „Informations- und Nachrichtenkompetenz“ verstehen, nachdem sie eine umfassende Literaturauswertung zu diesem Schlüsselbegriff in enger Anlehnung an den Terminus der Medienkompetenz vorgenommen haben (Seite 15, Fussnote 6):

Digitale Nachrichten- und Informationskompetenz umfasst ein grundlegendes Verständnis davon, welche Bedeutung (digitale) Öffentlichkeiten für eine Demokratie

haben und wie diese Öffentlichkeiten funktionieren; die Bereitschaft, sich über das relevante politische Geschehen zu informieren; sowie die technologischen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten, darin Informationen/Nachrichten finden, erkennen, analysieren, verifizieren, bewerten, (weiter)entwickeln, kommentieren und

und teilen zu können, um als Bürger:in an demokratisch-digitalen Öffentlichkeiten

teilzuhaben.“

Das ist wiederum eine typische, sehr allgemeingehaltene Interpretation des Begriffes der Informationskompetenz. Der Tatbestand, dass dies nur mit entsprechendem fachlichen, einschlägigem (Vor-)Wissen möglich ist, wird auch hier außer Acht gelassen.

Das Forschungsdesign dieses „weltweit ersten Tests zu Informations- und Nachrichtenkompetenzen einer gesamten Bevölkerung“ ist wie folgt beschaffen (Seite 4):

  • bundesweite, per Quotenstichprobe (kreuzquotiert) erfolgte Online-Befragung (meinungsplatz.de/Bilendi GmbH) von 194 ausgewählten, repräsentativen InternetnutzerInnen (ab 18 Jahre) per Computer Assisted Web. Die Interviews erfolgten im Zeitraum 15. September – 29. September 2020 und dauerten durchschnittlich 22 Minuten (Seite 121).
  • Die ProbandInnen wurden in folgende Altersgruppen geclustert: 18 – 29 Jahre, 30 – 39 Jahre, 40 – 49 Jahre, 50 – 59 Jahre, 60 – 69 Jahre und 70plus-Jahre. Zudem erfolgte eine Geschlechtertrennung (Frauen und Männer), eine Segmentierung nach Schulbildung (niedrig, mittel, hoch) sowie Unterteilungen nach den Haushaltseinkommen.
  • Es wurden Online-Interviews und Online-Tests mit der Prüfung der „konkreten Fähigkeiten digitaler Nachrichten- und Informationskompetenz“ und des Faktenwissens per ausgewählter spezifischer Aufgaben-Sets eingesetzt. Es handelt sich also um wirkliche Tests, in denen Fragen mit objektiv „Richtig oder „Falsch“ beantwortet werden können, nicht um Meinungsumfragen. Ausdrücklich ausgeschlossen wurden Telefoninterviews oder persönliche Befragungen (Seite 121).
  • Erhoben wurden zunächst:
    • soziodemographische Daten und politische Einstellungen (Geschlecht, Alter, Wohnort, Bildung, Einkommen, Erwerbstätigkeit, Familienstand, Migrationshintergrund, Deutsch- und Englischkenntnisse, Selbsteinstufung auf einer Links-Rechts-Skala, Parteineigung);
    • Medien- und Nachrichtenkonsum sowie Vertrauensdaten (Politik- und Nachrichteninteresse, Nachrichtenkonsum, Nutzung von Nachrichtenquellen, Social-Media-Nutzung, Vertrauen in Medien und Politik, Selbsteinschätzung der Nachrichtenkompetenz, Journalismus und Demokratie). Dabei wurde primär auf die Untersuchungsdesigns des Reuters Institute Digital News Report 2020 und des Instituts für Demoskopie Allensbach (2020) zurückgegriffen (Seite 113).
  • Danach wurden die Online-Tests mit dem Ziel der Messbarmachung der „Informations- und Nachrichtenkompetenz“ für die Bewertungsfähigkeit von potenzieller Desinformation und von Fake News anhand des Scoring-Ansatzes durchgeführt.
    • Der Online-Test-Teil enthält 23 Aufgaben
    • Grundsätzlich konnten pro Aufgabe je nach Schwierigkeits- und Komplexitätsgrad für richtige Antworten 0,5 – 3 Punkte plus weitere Punkte nach einem Bewertungscode-Schema für offene Antworten erzielt werden.
      • Viele weitere Aufgaben bestanden zudem aus mehreren Unteraufgaben. Um auch hier die Ausprägung einer Fähigkeit abbilden zu können, mussten dann beispielsweise mehrere Beispiele korrekt zugeordnet werden oder mehrere Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin beurteilt werden. Bei diesen Aufgaben wurde nicht die Anzahl korrekter Antworten addiert, sondern eine Mindestanzahl korrekter Antworten festgelegt, die erreicht werden musste, um Punkte für diese Aufgabe zu erhalten“ (Seite 123)
    • Die insgesamt fünf Kompetenzbereiche erhielten den gleichen Anteil an der erreichbaren Gesamtpunktzahl von 30 Punkten, das heißt maximal 6 Punkte pro Kompetenzbereich. Das ließ eine Klassifikation des Grades der „Informationskompetenz“ im Bereich von 0 („sehr geringe Kompetenz“) bis 30 („sehr hohe Kompetenz“) zu.
  • Getestet wurde die Informations- und Nachrichtenkompetenz für die folgenden fünf Kompetenzbereiche (Grundlage: Fragebogen, Abbildung 60, Seiten 113 – 114), als „Fünf-Skill-Test“ bezeichnet:
    • Digitale Navigation (Zurechtfinden im „Information Overload“)
      • Erkennen der Kommunikationsabsicht (maximal 3 Punkte)
      • Erkennen der plattformeigenen Hinweise (maximal 2 Punkte)
      • Bewertung der Aussagekraft von Likes/Kommentare (maximal 1 Punkt)
    • Journalistische Contentevaluation (Güte von Nachrichten/Informationen)
      • Vollständigkeit oder Fehlen von Informationen erkennen (maximal 3 Punkte)
      • Gesellschaftliche Relevanz der Information (maximal 1 Punkt)
      • Wissensabfrage zu journalistischen Standards (maximal 1 Punkt)
      • Unterscheidung tatsachen- und meinungsgetragener Informationen (maximal 1 Punkt)
    • Faktenwissen/Fact-Checker (Quellen- und Zuverlässigkeitsprüfung)
      • Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer Nachricht (maximal 0,5 Punkte)
      • Hinweise auf fehlende Informationen zur Vertrauensbildung (maximal 0,5 Punkte)
      • Erkennen der Quellenqualität (maximal 2,5 Punkte)
      • Erkennen (nicht-)neutraler Quellen/Accounts (maximal 2,5 Punkte)
    • Debattenteilnahme/Debatteur (Teilhabe am Diskurs; Fehlersuche)
      • Begründung für die Nichtweiterleitung von ungeprüften Informationen/Nachrichten (maximal 1 Punkt)
      • Verhaltensweise bei versehentlicher Weiterleitung von Falschnachrichten (maximal 3 Punkte)
      • Bewertung von Aussagen über soziale Medien (maximal 2 Punkte)
    • Kommunikationswissenschaftliches Know-how
      • Kenntnisse über Rechtsformen bekannter Medienmarken (maximal 1 Punkt)
      • Kenntnisse über öffentlich-rechtlichen Rundfunk (maximal 1 Punkt)
      • Unterscheidungsfähigkeit Journalismus vs. Öffentlichkeitsarbeit (maximal 1 Punkt)
      • Kenntnis von Medienmarken und Unternehmen (maximal 1 Punkt)
      • Bewertung der politischen Ausrichtung von Zeitungen (maximal 1 Punkt)
      • Kenntnis der Suchmaschinenfunktionalitäten und Suchalgorithmen (maximal 1 Punkt).
  • Um die persönlichen Skills für die „Informationskompetenz“ zu testen, weisen die AutorInnen gesondert zu den jeweils untersuchten Kompetenzbereichen speziell „getestete Fähigkeiten“ aus (Seiten 129 – 131):
  • Digitale Navigation (Basis: News Literacy Project Checkology Test)
    • Erkennen von Werbung
    • Erkennen von Informationen und Falschinformationen
    • Erkennen von Meinungen
    • Bewertung der Aussagekraft von Likes/Kommentaren
  • Journalistische Contentevaluation
    • Markierung von Advertorials
    • Markierung von Kolumnen
    • Erkennen der Vollständigkeit von Nachrichten/Informationen
    • Erkennen der gesellschaftlicher Relevanz von Informationen/Nachrichten
    • Erkennen der Darstellungsform der Information
    • Erkennen von meinungs- und tatsachenbetonten Informationen
  • Faktenwissen/Fact-Checker
    • Erkennen von weiterem Informationsbedarf
    • Fähigkeit, Informationen zu prüfen und zu verifizieren
    • Erkennen der Quellensubstanz
  • Debattenteilnahme/Debatteur
    • Gründe für die Nicht-Weiterleitung von ungeprüften Informationen angeben können
  • Kommunikationswissenschaftliches Know-how
    • Wissen um öffentliche Kommunikationsträger
    • Erkennen von Unterschieden der journalistischen und PR-Contentgestaltung.
  • Prüfung der Datenqualität: „Eine hohe Datenqualität wurde durch Qualitätsprüfungen während der Erhebung gewährleistet, zum Beispiel durch das Prüfen einer Mindestverweildauer, Attention-Check-Fragen oder Mustererkennung wie Straight-Lining sowie durch nachträgliche Qualitätsprüfungen wie das Prüfen der offenen Angaben“ (Seite 122) und „Operationalisierungs-Workshop mit ExpertInnen“.
  • Durchführung von qualitativen Pretests (n = 8) und quantitativen Pretests (n = 198).
  • vor der Befragung: Unterrichtung der TeilnehmerInnen und klare Dokumentation, was unter „Nachrichten“ bzw. „Information“ zu verstehen ist (keine privaten Nachrichten/Informationen an Freunde/Kollegen).

Die Qualität der vorgelegten, wissenschaftlich fundierten und interdisziplinär angelegten Forschungsarbeit ist erfreulich. Sie liefert mit ihren Ergebnissen eine ausgezeichnete Basis für konkrete, ausgereifte und operative Handlungsempfehlungen zur Auseinandersetzung mit Desinformations- und Fake- News-Strömungen, Hate-Speech-Ansätzen und Verschwörungstheorien, die es übrigens seit langem in allen Wissenschafts- und Praxisbereichen gibt, ob Medizin, Publizistik, Medienwissenschaft, Politologie, Pharmazie, Wirtschaftswissenschaft, Jura und Naturwissenschaften. Nur sind jetzt die Möglichkeiten zur Verbreitung von Falschmeldungen durch das Internet und die Sozialen Medien bei Gewährleistung der Anonymität exponentiell gewachsen und multipler geworden.

Die Ergebnisse der Studie stehen auf der Webseite der Stiftung Neue Verantwortung zum Download zur Verfügung: https://www.stiftung-nv.de/de/publikation/quelle-internet-digitale-nachrichten-und-informationskompetenzen-der-deutschen

Auch der Test kann individuell zur Überprüfung der eigenen „Informationskompetenz“ durchgeführt werden: https://der-newstest.de/

In Teil 3 werden ausgewählte Ergebnisse der Studie vorgestellt. Diese sind für eine Bestandsaufnahme zum Stand der „Informationskompetenz“-Forschung allgemein und in den Nachbarwissenschaften dienlich.

Über den Tellerrand:

Open Password Recommender*

Wie die Archive von Silicon Valley

in Archiven gerettet werden

 

Paula Jabloner und Anna Mancini, Corporate Archives in Silicon Valley: Building and Surviving Amid Constant Change, In: Journal of Western Archives,https://digitalcommons.usu.edu/westernarchives/vol11/iss1/3/

An historical understanding of the phenomenon that is Silicon Valley requires the collection and preservation of original records. With the rapid pace of change in the technology industry, how can archivists and their institutions preserve this corporate history?’ So opens the abstract to this fascinating case study in the complexities, challenges and incredible value of corporate archiving practices. So much of our politics and cultural experience is now mediated via the structures and decisions of technology companies. Cultural decisions that happen in these privatised spaces have huge downstream effects that must be valued and processed in the same ways as other cultural artefacts. Visiting corporate archives where possible have been enormously inspirational and instructive.

*In Co-operation with Syllabus.

 

TH Wildau

Symposion zur Zukunft der Bibliothek

 

Werte Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte Sie auf das nächste Wildauer Bibliothekssymposium an den jeweiligen Nachmittagen von Dienstag und Mittwoch, den 14. und 15. September, über das Videokonferenzsystem von webex hinweisen und einladen, die Teilnahme ist kostenlos, siehe www.bibliothekssymposium.de

Ab 14 Uhr am 14.September wird über die künftige Rolle der Bibliothek als Raum diskutiert, nicht nur im Zuge der Digitalisierung von Dienstleistungen und der damit einhergehenden Enträumlichung in der Inanspruchnahme der Services durch KundInnen. Im Zuge der Digitalisierung, des neuen, teils mobilen Arbeitens stellt sich ebenfalls im Rahmen von Telearbeit und Home-Office nicht selten die Frage, wie wir künftig damit umgehen (New Work), welche Anforderungen an den Arbeitsort wie Bibliothek gestellt werden. Nach Statements und Diskussion im Panel können über Break-out Sessions die Debatten direkt mit den jeweiligen ReferentInnen fortgeführt werden. Ein informelles Treffen der Roboter-AnwenderInnen und jenen, die sich für den Einsatz interessieren oder planen, ist für den späteren Nachmittag von 17 bis 19 Uhr geplant.

Am Mittwoch, den 15.September, wird ab 14 Uhr diskutiert, was sich VertreterInnen von Informationseinrichtungen von KI-Technologien erhoffen, und was zu leisten entsprechende Algorithmen bereits im Stande sind. Im zweiten Teil wird ein Weiterbildungskurs über seine jeweiligen Module inkl. des Gesamtkonzepts vorgestellt, wie er im darauffolgenden Jahr KollegInnen angeboten werden soll, um entsprechende Fertigkeiten im Umgang mit KI-Technologien zu erlangen. Fühlen Sie sich bei Interesse herzlich eingeladen, an beiden Tagen dem Programm beizuwohnen, wir würden uns über rege Resonanz sehr freuen!! Alle Informationen finden Sie unter www.bibliothekssymposium.de

Herzliche Grüße, Frank Seeliger Leiter der Hochschulbibliothek TH Wildau,Hochschulring 1 / Halle 10, Raum 2-13, 15745 Wildau, T. +49 3375 508 155 /…123, http://www.th-wildau.de/bibliothek.html

Podcasts in Deutschland

Etablierung, Professionalisierung
und Dominanz der etablierten Häuser

Ein mögliches Gegenmodell
zu TV-Talkshows und Social Media

Gefahren der Übernahme der Ausspielwege
durch Spotify und Apple

(Otto-Brenner-Stiftung) „Den richtigen Ton treffen: Der Podcast-Boom in Deutschland“ – so lautet der Titel der ersten umfassenden wissenschaftlichen Studie über Podcasts in Deutschland, die die Otto Brenner Stiftung (OBS) soeben veröffentlicht hat. Die beiden Kommunikationswissenschaftler Lutz Frühbrodt und Ronja Auerbacher kommen zu einem eindeutigen Befund: Podcasts, also jederzeit abrufbare digitale Audiodateien, sind dabei, sich einen festen Platz im Medienensemble zu sichern. „Aus der ersten Experimentierwelle ist eine neue Etablierungswelle entstanden“, beobachtet Frühbrodt, Mediensoziologe an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. „Inzwischen gehören Podcasts zum alltäglichen Medienrepertoire jüngerer Nutzer*innen, sie kommen jedoch langsam, aber sicher auch bei den älteren Jahrgängen an.“

Eine Auswertung der deutschen Top-50-Podcasts der führenden Audiostreaming-Plattform Spotify ergab, dass zwei Fünftel der meistgehörten Podcasts in Deutschland sich mit Nachrichten, Politik und Wissen beschäftigten. Bemerkenswert ist auch, dass sich die meisten Info-Formate durch Ausführlichkeit, thematischen Tiefgang und nicht zuletzt durch ein hohes Maß an Meinungsvielfalt auszeichnen. „Hier hat sich eine neue Gesprächs- und Zuhör-Kultur entwickelt, die zur Informiertheit der Bürger und damit zur politischen Meinungsbildung beitragen kann, gerade auch bei den Jüngeren“, so Frühbrodt. Im Idealfall könne das Podcasting eine neue Form des öffentlichen politischen Diskurses vorantreiben, die den Dialog, das gegenseitige Zuhören und vor allem das Verstehen einer immer komplexeren Welt der vorschnellen Positionierung voranstellt. Die könnte ein Gegenmodell zu den in TV-Talkshows gepflegte Polemik und den oft aggressiven Ton in den sozialen Medien.

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Qualitative Defizite bei journalistischen Podcasts

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Frühbrodt/Auerbacher stellen in ihrer Untersuchung eine zunehmende Professionalisierung der deutschen Podcast-Szene fest. Etablierte Medienhäuser wie die ARD-Hörfunksender, private Medienkonzerne wie Axel Springer und die „Spiegel“-Gruppe, aber auch regionale Verlagshäuser wie die Funke Mediengruppe treten gegenüber Amateur-Podcaster immer dominanter auf. Allerdings muss die journalistische Qualität auch dieser Podcasts an einigen Stellen bemängelt werden: Fast alle ausgewerteten Podcast-Folgen wiesen unbelegte Aussagen auf. Auch die fehlende Trennung von Nachricht und Meinung könnte zum Problem werden, macht Autorin Ronja Auerbacher deutlich: „Besonders bei dialogischen Formaten geht die Berichterstattung oft unmittelbar mit einer subjektiven Bewertung durch die Moderatoren einher. Das setzt auf Seiten der Hörer eine hohe Medienkompetenz voraus, die vor allem bei jüngeren Nutzern nicht immer gegeben ist.“

Mit Blick auf die weitere Entwicklung wirft die Studie insbesondere die Frage auf, inwiefern der Podcast-Landschaft das „YouTube-Syndrom“ drohe. Mit dem deutlich erkennbaren Bestreben von Spotify und Apple Podcasts, die Ausspielwege für Podcasts zu beherrschen, drohen Kommerzialisierung und Privatisierung einer weiteren Teilöffentlichkeit“, so die Otto-Brenner-Stiftung: „Es gilt, eine künftige infrastrukturelle Abhängigkeit der journalistischen Podcast-Akteure von den Entscheidungen eines profitorientierten Unternehmens zu verhindern.“

Lutz Frühbrodt/Ronja Auerbacher: Den richtigen Ton treffen – Der Podcast-Boom in Deutschland, OBS-AH 106, Frankfurt am Main, August 2021

Die Studie kann kostenfrei bei der Otto Brenner Stiftung bestellt und heruntergeladen werden: www.otto-brenner-stiftung.de/podcast-studie

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