Open Password – Montag,
den 9. Dezember 2019
# 675
Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg – Success Stories – Künstliche Intelligenz – Personal Branding – Tim Brouwer – Stephan Raif – Persönlichkeitstypen – Coaching – Marke – Persönlichkeit – Authentizität – Arbeitskreis Informationsvermittlung – Anni-Barbara Endler-Jobst – Roche – Gerlinde Mohr – Bain – Fehlerkultur – Informationsvermittlung und Forschung – Performance – Arix Business Intelligence – Unternehmensberater – Vera Münch – 2019 – MANZ – Rechtliche Grauzonen – Grauzone Servicegesellschaft – TIB – Total E-Quality – Chancengleichheit
Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg:
Podiumsdiskussion
Wie authentisch dürfen Mitarbeiter in Unternehmen sein?
Allgemeine Zuständigkeit der Informationsvermittler
für alles, was Information ist
Die Podiumsdiskussion zu den „Steilvorlagen 2019“ ist auf Podiumsdiskussion https://youtu.be/98JzVaDR7-M anzusehen.
Auch im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion: Stephan Raif
Die Podiumsdiskussion auf den „Steilvorlagen 2019“ stand unter dem Titel „Leistung und Marke – Wie schaffe ich positive Wahrnehmung?“ und gab insoweit dem Thema „Personal Branding“ vor den „Success Stories“ und der „Lage der Information Professionals im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ den Vorzug. Auch wenn die Frage nach den Handlungsmöglichkeiten der InfoPros im Zeitalter Künstlicher Intelligenz eine attraktive thematische Alternative gewesen wäre – „Personal Branding“ führte in der Tat, wie die Teilnehmerumfrage zeigte, im Plenum zu den größten Meinungsunterschieden und teilweise sogar zu einer Polarisierung, nämlich zwischen den InfoPros und den Studierenden. Das Podium war sich indes einig, dass „Personal Branding“ unvermeidlich ist und auch angehende Information Professionals nicht darum herumkommen, was sie spätestens in einem Einstellungsgespräch merken werden, nachdem sie zuvor vielleicht mit der Möglichkeit einer „Selbstvermarktung“ gefremdelt haben.
Moderator Tim Brouwer griff dafür einen anderen möglichen Kritikpunkt an der Raif´schen Methode auf, nämlich dessen weitgehende Außerachtlassung organisationsstruktureller Faktoren. Was nützt zum Beispiel die schönste persönliche Marke und die größte Authentizität, wenn diese von dem Vorgesetzten oder den oberen Organisationsebenen negiert wird? Brouwer brachte diesen Zusammenhang mit der folgenden Frage auf den Punkt: „Wie böse darf man als Mitarbeiter sein?“
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Enge Zusammenhänge zwischen Marke, Persönlichkeit und Authentizität.
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Stephan Raif antwortete, das sei auch innerhalb des Unternehmens typenabhängig. Ein impulsiver Mensch könne gar nicht anders, er müsse mit seiner Meinung heraus. Das dürfe er auch, stellte sich Raif an dessen Seite, vorausgesetzt, er habe sich im Griff, wisse sich zu steuern und beleidige niemanden. Zurückhaltende Typen hätten es schwerer, sie schwiegen womöglich auch dann, wenn sie die besseren Argumente hätten. Raif empfahl ihnen, zu lernen, auch mal dem Chef oder dem Team die Stirn zu bieten, zumal dies im Wandel der Unternehmenskulturen leichter als früher geworden sei. „Coaching“, also das Üben in einem geschützten Raum, sei eine gute Möglichkeit, um das in einem Unternehmen notwendige Mindestmaß an Extrovertiertheit, „Openmindedness“ und Kooperationsfähigkeit zu lernen, selbst wenn man ein Nerd sei. Das müsse auch deswegen möglich sein, weil immer wieder zu beobachten sei, dass Menschen, die im Unternehmen sehr still sind, in ihrer Familie und in ihrem Verein ganz anders auftauten. Raif bestätigte insoweit auch die Bedeutung organisationsstruktureller Faktoren, als immer wieder Kunden zu ihm kämen, die im eigenen Unternehmen besser gesehen werden möchten.
Einig war sich das Podium darin, dass Marke, Persönlichkeit und Authentizität eng miteinander zusammenhängen. Auch wenn das wörtlich nicht so gesagt wurde, schien dies der Konsens unter ihnen zu sein: Persönlichkeit ist letztlich das, was man ist (womöglich reduziert auf die wesentlichen Merkmale). Authentisch ist man, wenn man redet und handelt, wie es der eigenen Persönlichkeit entspricht. „Personal Branding“ ist der Weg, auf dem man womöglich mit professioneller Hilfe lernt, sich der eigenen Persönlichkeit bewusst zu werden und danach zu reden und zu handeln. So formuliert, hätten sich vielleicht auch jene Teile des Plenums dem Konsens angeschlossen, die sich vom Marketing-Jargon der „Personal Branding“-Methode nicht angesprochen fühlten. Und auch darin war man sich einig: Sich wegzuducken, keine Kanten zu zeigen, keine Angriffsflächen zu bieten, den „politischen Korrektheiten“ zu folgen und zu taktieren, ist zum „Personal Branding“ keine Alternative, die wünschenswert wäre. Das funktioniere nicht, sagte Brouwer.
Hingegen funktioniere authentisches Auftreten, sagte Tim Brouwer und berichtete von seinen Erfahrungen im Arbeitskreis Informationsvermittlung, indem angesichts authentischer Verhaltensformen auch im Falle von Dissensen funktionsfähige Zusammenarbeit erhalten geblieben sei. Frau Endler-Jobst von der Roche-Forschung, die angesichts der permanenten Gefahr drohender Budgetkürzungen immer wieder die Unverzichtbarkeit ihrer Einheit begründen musste, tat dies kraft eigener Überzeugung und mit Leidenschaft, womit sie die Zuhörer erreichte, die am Ende sagten: „O.k., dann kürzen wir dort also nicht.“
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Verzahnung zwischen Forschung und Informationsvermittlung ermöglicht proaktives Handeln.
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Und wenn das „Worst Case Scenario“ eingetreten sei und man eine Information nicht geliefert habe, obgleich diese für ein Projekt von großer Bedeutung gewesen war? Dann müsse man sich stellen und zu seinem Fehler bekennen und sich entschuldigen, sagte Frau Endler-Jobst und auf keinen Fall sagen, dass man nichts dafür könne (und natürlich intern nachprüfen, wie es zu diesem Fehler habe kommen können). Gegebenenfalls nimmt Frau Endler-Jobst den Fehlschlag persönlich auf und sagt: „Das hätte ich besser kontrollieren sollen.“ Das ändere aber nichts daran, dass man bei einem Auskunftsersuchen eines internen Kunden den Aufwand und den voraussichtlichen Ertrag in Beziehung setzen müsse, auch wenn man manchmal durchaus ein Risiko einzugehen bereit sei. Und man dürfe bei allen Entschuldigungen an die voraufgegangenen gelungenen Kooperationen erinnern. Gerlinde Mohr von der Unternehmensberatung Bain bestätigte: Zur richtigen Fehlerkultur gehöre, dass man nicht eine unendliche Kette von E-Mails austausche, sondern zum Telefon greife oder die Sache in einem persönlichen Gespräch bereinige.
Gerade bei Fehlern sei es wichtig, authentisch aufzutreten, so auch Stephan Raif. Dabei ginge es mehr um die kleinen Ärgernisse als um die ganz großen Fehler, beispielsweise wenn viel Geld verlorengehe, weil dann meist klar sei, wer für den Fehler verantwortlich sei und auch rasch eine Lösung gefunden werde. Aber bei kleineren Unstimmigkeiten neigten viele dazu, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen statt das anstehende Thema offen anzusprechen. Das gehe solange scheinbar gut, bis das Maß voll sei und man sich, indem man ausflippe, selbst ins Unrecht setze.
Frau Mohr beanspruchte eine Allzuständigkeit für alles, „was mit Information zu tun“ habe. Wenn man einem Fragesteller mit Desk Research nicht helfen könne, dann vielleicht mit einem Tool oder man leite ihn an eine andere Abteilung weiter. Frau Endler-Jobst sprach von einer Verzahnung von Forschung und Informationsvermittlung, wenn nicht die Informationsvermittlung sogar ein Teil des Projektteams sei. Man nehme auch an den wissenschaftlichen Veranstaltungen teil und versetze sich so in die Lage, auch proaktiv zu agieren und von sich aus Informationsangebote an die Forschung zu machen. _______________________________________________________________________
Muss das Selbst erst verlorengehen, um es wiederzufinden?
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Kann man von der offenbarten Persönlichkeit auf die spätere Leistungen eines Menschen schließen? Auf diese Frage Tim Brouwers übte sich das weitere Plenum in Zurückhaltung, wie auch ansonsten die gestellten Fragen manchmal interessanter als die Antworten waren. In diesem Fall lieferte Brouwer selbst Ansätze einer Antwort: Er wundere sich immer wieder, wie treffsicher sein Partner in der „Arix Business Intelligence“ in seinen entsprechenden Prognosen sei.
Eine weitere interessante Frage war beispielsweise die, welche Besonderheiten es in den Kooperationsbeziehungen in einer Unternehmensberatung zwischen den Information Professionals, die seit Ewigkeiten in ihrer Firma wirkten und dort ein „Urgestein“ seien, und den Beratern mit ihren nur zwei oder drei Jahre dauernden Engagements aufwiesen. Auch kam Brouwer mit seinem Versuch, auf „Pulp Fiction“ zurückzugreifen, nicht wirklich weiter, was aber die Unterhaltsamkeit der Podiumsdiskussion nicht schmälerte.
Eine interessante Frage, die allerdings nicht gestellt wurde, hätte gelautet: Wenn es schon aufwendiger Vorkehrungen wie das Lernen in Schutzräumen bedarf, um sich selbst wiederzufinden, wie ist das Selbst verlorengegangen und was muss man tun, damit es erst gar nicht verlorengeht? Schade, dass die Podiumsdiskussion diesmal schon nach 17 Minuten vorbei war.
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