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Open Password – Freitag, den 25. September 2020

# 829

 

Willi Bredemeier – Yuval Noah Harari – Biodiversität – Gefährdung des Planeten – Liberalismus – Arbeit und Freizeit – Freiheit – Gleichheit – Terrorismus – Nationalismus – Menschheitsprobleme – Zivilgesellschaftliches Engagement – Zivilgesellschaftliche Mobilisierung – Ökologische Tipping Points – Humanismus – Pro-Bono-Projekte – Nationalsozialismus – Bezugsrahmen – Evolutionärer Ansatz -Überlebensvorteile – Kooperationsfähigkeit – Glaubenssysteme – Fortschrittsparadigma – Landwirtschaftliche Revolution – Wissenschaftliche Revolution – Glück – Künstliche Intelligenz – Überlegenheit der Algorithmen – Massenarbeitslosigkeit – Industrielle Revolution – Sozialismus – Wertewandel – Homo deus – Selbstoptimierung – Ende der Arbeit – Ganzheitlichkeit – Polarisierung – Übermenschen – Aufgeklärter Liberalismus – Dataismus – Datenwissenschaft – Bernd Jörs – Informationswissenschaft – Zukunft der Informationswissenschaft – Sinnstiftungen – Absolute Wahrheiten – Francis Fukuyama – Sowjetunion – Ende der Geschichte – Common Sense – Handlungsempfehlungen – Provokationen – Weltbürger – Royal Society of Chemistry – Copyright Clearance Center – Open Access Workflow Services – S&P Global Market Intelligence – Market Intelligence Platform – Outsell – Experian – Global Insight Report – Consumer Behavior – Business Strategies – Times of Uncertainty – BIIA

Willi Bredemeier zu
Yuval Noah Harari

Persönliche Verantwortung im Zeitalter
der Verschleuderung der Ressourcen unseres Planeten

Ein aufgeklärter Liberalismus,
der die Kategorien „Arbeit“ und „Freizeit“ transzendiert, „Freiheit“ neu definiert und „Gleichheit“ höher gewichtet

Praxisbeispiele „Terrorismus“ und „Nationalismus“

 

I.Yuval Noah Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit (2011), München 2013 – II., ders., 21. Lektionen für das 21. Jahrhundert (2018), München 2019 – III. ders., Homo Deus, Eine Geschichte von Morgen (2015), München 2019

Von Willi Bredemeier

V. Teil

Willi Bredemeier vor der Bblioteca Florence

Was bleibt aus einer persönlichen Sicht nachzutragen, nachdem ich versucht habe, mehr als 1500 Seiten kompakter Inhalte zu komprimieren und mich mit ihnen auseinanderzusetzen?

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  1. Die existenzielle Dringlichkeit unserer Herausforderungen anerkennen.

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Harari lehrt, uns mit Menschheitsproblemen auseinanderzusetzen und die existenzielle Dringlichkeit dieser Probleme anzuerkennen. Diese Perspektive droht uns im Zeichen der Spezialisierung und vorgegebener Deadlines verlorenzugehen, wenn wir maximal den Zeitraum einer Legislaturperiode in Betracht ziehen, Politik auf das partikulare Feld der Sozialpolitik reduzieren oder eine Debatte mit Standardphrasen aus etablierten Glaubenssystemen führen. Oder wenn wir mit unserem persönlichen und beruflichen Glück zufrieden sind.

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  1. Persönliche Verantwortung der Bürger und zivilgesellschaftliches Engagement der Experten mit relevantem Wissen mehr denn je gefordert.

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Harari stellt die Dringlichkeit der anstehenden Herausforderungen so überzeugend dar, dass sich mit ihr die Frage nach der persönlichen und beruflichen Verantwortung der Bürger und Mitglieder von Berufsgruppen mit relevanten Kenntnissen, beispielsweise der Information Professionals, stellt. Wenn wir irreversiblen ökologischen „Tipping Points“ entgegengehen, der Humanismus vor seinem Ende steht und die Existenz unserer Spezies (soweit wir sie kennen) in Frage gestellt wird, erhalten Widerstände seitens der Zivilgesellschaft einen höheren Wert, da Lobbyisten vor allem überkommene Strukturen vertreten. Um diese aufzubrechen, sollte zivilgesellschaftliche Mobilisierung einen Vertrauensvorschuss erhalten, auch wenn sie gelegentlich unqualifiziert auftreten mag.

Dazu sollte im Falle eines Zielkonfliktes zwischen beruflichen Vorgaben und zivilgesellschaftlichem Engagement nicht von vornherein die Direktions- und Weisungsgewalt des Arbeitgebers entscheiden. Warum nicht Freiräume für Pro-Bono-Projekte für eine Behandlung der wirklich wichtigen übergreifenden Fragestellungen verlangen und ein Recht dafür in Anspruch nehmen? Immerhin kommen solche Projekte schon heute in Großkanzleien vor und engagieren sich Unternehmensleitungen in gemeinnützigen prestigeträchtigen Vorhaben, nur eben der „Mittelbau“ nicht.

Bürger wie InfoPros mögen teilweise antworten, dass sie individuell zu schwach seien, um eine erkennbare Wirkung im Rahmen zivilgesellschaftlichen Engagements zu erzielen. Dieses Argument hat einiges für sich, auch wenn es an die Antworten der Deutschen erinnert, als sie nach ihren Handlungen während des Nationalsozialismus gefragt wurden. NS-Zeit und Gegenwart sind insoweit vergleichbar, als hier und jetzt mindestens ähnlich viel auf dem Spiel steht. Diese Zeiten sind insoweit völlig unvergleichbar, als zivilgesellschaftliches Engagement beispielsweise für die Artenvielfalt lediglich Zeit kosten würde und mit keinen Sanktionen belegt ist. Wie der aktuelle Bericht der Vereinten Nationen über die radikale Ausrottung von Spezies aus der Pflanzen- und Tierwelt („Abbau der Biodiversität“) besonders in den letzten Jahrzehnten zeigt, verschleudern wir gegenwärtig unabhängig von den sich damit stellenden ethischen Problemen die Ressourcen unseres Planeten und bringen uns letztlich selbst in Gefahr. Auch stimmt es nicht, dass nicht jeder Bürger etwas bewirken könnte. Wer beispielsweise einen Steingarten durch eine freilich nicht so pflegeleichte Pflanzenvielfalt ersetzt, tut etwas für das Überleben der Bienen und damit letztlich für sich selbst.

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  1. Rehabilitierung des evolutionären Bezugsrahmens und Überwindung des Glaubens an einen „ewigen Fortschritt“.

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Wie überzeugend ist der Bezugsrahmen des Verfassers? Harari leistet einen Beitrag zur Rehabilitierung des evolutionären Bezugsrahmens, der in Deutschland wenig gelitten ist, weil dieses Paradigma von den Nationalsozialisten missbraucht wurde. Mit diesem Ansatz kommt er zu überraschenden gleichwohl plausiblen Ergebnissen und legt nahe, dass die Erkenntnispotenziale, geht man der Frage nach komparativen Überlebensvorteilen nach, bei weitem nicht ausgereizt sind (zumal dieser Bezugsrahmen auch auf Organisationen und weitere soziale Gebilde anwendbar ist und angewendet wird).

Auch erweist sich der Ansatz Hararis, nicht die Intelligenz der Menschen als entscheidenden Überlebensvorteil zu werten, vielmehr ihre Fähigkeit, Geschichten zu erfinden und an diese gemeinsam zu glauben, woraus eine Kooperationsfähigkeit innerhalb immer größerer Gruppen resultiert, als ausgesprochen fruchtbar. Danach liegt es nahe, die Glaubenssysteme des Menschen ohne Ausnahme auf den Prüfstand zu stellen und insoweit zu relativieren, ihre Funktion als Kit für Gemeinschaften aber auch anzuerkennen, und Harari tut eben dieses.

Insbesondere gelingt dem Verfasser eine überzeugende Überwindung der Vorstellung eines unilinearen Fortschritts in der menschlichen Entwicklung, weil diese nahezu in allen Jahrtausenden menschlicher Existenz stagnierte und es sich bei der landwirtschaftlichen und industriellen Revolution um Rückschritte, nicht um einen Fortschritt, gemessen am Glück der Individuen, handelte. Überdies können evolutionäre Erfolge in Sackgassen führen und stellt der Zwang zu evolutionären Anpassungen an Veränderungen der Umwelt immer wieder eine extreme Herausforderung dar, der die Spezies möglicherweise nicht gewachsen sein wird. Ein grundsätzlicher Optimismus derart, dass die Menschen schon aus jedem Dilemma beispielsweise über die Generierung neuer Technologien herausfinden, verbietet sich daher.

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  1. Die Künstlichen Intelligenzen werden uns in allen Belangen überlegen sein. – Die bevorstehende Massenarbeitslosigkeit besser denn je begründet.

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Wie weit geben die Thesen des Verfassers künftige Wirklichkeiten wieder? Harari stellt keine Prognosen auf, sondern beschreibt Tendenzen. Diese sind so formuliert, dass sie außer nach sehr langer Zeit kaum zu widerlegen sind. Andererseits sind seine Thesen weitgehend plausibel, zumal sie an unsere Erfahrungen im Heute anknüpfen und bereits sichtbar gewordene Trends in die Zukunft verlängern. Damit eignen sie sich zu einer kritischen Reflexion der Gegenwart – dies in dem Wissen, dass die Welt viel komplexer ist und sich zum Teil ganz anders entwickeln wird, als ein Autor oder eine Gruppe von Wissenschaftlern sich das vorstellen können.

Mehrere Thesen Hararis erscheinen jedoch derart plausibel, dass ich daran zu glauben geneigt bin. So erscheint einsichtig, dass die Algorithmen dem Menschen in absehbarer Zeit in allen Belangen überlegen sein werden, weil wir selbst in einer Vorstufe des autonomen Autos sitzen und sich die Künstlichen Intelligenzen mittlerweile in allen kreativen und Entscheidungsbereichen auf dem Vormarsch befinden. Wenn heute darüber nachgedacht wird, Künstlichen Intelligenzen Mandate in Aufsichtsräten einzuräumen, die ersten von Künstlichen Intelligenzen verfassten wissenschaftlichen Beiträge erschienen sind und von Künstlichen Intelligenzen generierte Gedichte, Romane und Bilder über uns kommen, ohne dass sich ein Qualitätsgefälle zu menschlich generierten Produkten nachweisen lässt, was können die Künstlichen Intelligenzen auf Dauer dann nicht?

Eine weitere These, die strittiger sein dürfte, aber angesichts der Begründungen Hararis einer Debatte bedürfte, ist die einer durch Künstliche Intelligenzen bewirkte bevorstehende Massenarbeitslosigkeit. Wohl ist richtig, dass diese These im Zuge der Industriellen Revolution immer wieder erhoben wurde, ohne dass sie sich realisierte. Damals hatten die Vertreter der These von der bevorstehenden Massenarbeitslosigkeit die kriselnden Wirtschaftsbereiche im Blick, während sie die neugeschaffenen Arbeitsplätze vor allem in den Dienstleistungsbereichen übersahen. So wurden die Arbeiter noch immer als Träger der Befreiung des Menschen beschworen, als es schon keine Arbeiter mehr im Sinne einer strukturbestimmenden Gruppe gab. Damals ersetzten die Maschinen die Menschen nicht, weil sie den Menschen nur körperlich, nicht aber kognitiv überlegen waren. Sie zwangen sie nur in andere Berufe und bereiteten indirekt die Bildungsrevolution und mit ihr das ständige Training der kognitiven Fähigkeiten der Menschen vor. Da die Künstlichen Intelligenzen den Menschen aber kognitiv überlegen sein werden und es für die Menschen kein drittes Tätigkeitsfeld gibt, ist die sich abzeichnende Situation eine dramatisch andere.

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  1. Änderungen von Bewertungen unter neuen Bedingungen – Chancen eines zeitlich übergreifenden Wertekonsenses.

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Nehmen wir an, Hararis Vorhersagen träfen ein, wie sollen wir sie bewerten? Harari ist wie wir vom Humanismus geprägt, so dass wir geneigt sind, die Entwicklungen zu biologischen Grenzüberschreitungen, eine Abdankung des Humanismus und den damit einhergehenden Verfall der Werte „Freiheit“ und „Gleichheit“ kritisch zu sehen.

Ist nicht zumindest die liberale Variante des Humanismus immer menschenfreundlicher geworden, unter anderem weil sie Anleihen beim Sozialismus aufgenommen hat? Ähnlich Harari: „Zwar stimmt es nicht, dass Menschen ein natürliches Recht auf Leben oder Freiheit haben, doch der Glaube an diese Erzählung zähmte die Macht autoritärer Regime, bewahrte Minderheiten vor Schaden und schützte Milliarden vor den schlimmsten Folgen von Armut und Gewalt. Er leistete somit einen wichtigeren Beitrag zum Glück und Wohlergehen der Menschheit als jede andere Doktrin in der Geschichte“ (II, 281). Andererseits erinnert uns Harari auch daran, dass nicht alles, was wünschenswert wäre, eintreten muss.

Zudem bemüht sich der Autor, wie seine skeptische Grundhaltung und die Wahrnehmung seiner Rolle als distanzierter Wissenschaftler zeigen, um Neutralität. Auch wir sollten uns zunächst fragen, was die Menschen der Zukunft voraussichtlich empfinden, die in einem anderen System als dem unsrigen mit anderen Erzählungen groß geworden sind, ohne unsere eigenen Werte für kommende Zeiten absolut zu setzen. Vielmehr haben wir auch danach zu fragen, was die Menschen der Zukunft voraussichtlich akzeptieren.

Da die Menschen schon immer nach längerem Leben und anhaltendem Glück strebten, werden sie technisch möglich gewordene Fortschritte in diese Richtung auf die Dauer akzeptieren und wahrnehmen, zumal diese Fortschritte inkremental erfolgen. Die entsprechenden Entwicklungen mögen durch das Vortragen ethischer Bedenken verlangsamt werden. Am Ende dürfte es eher zu einer Anpassung der Moral an technische Möglichkeiten als umgekehrt kommen. Auch setzten sich diese Entwicklungen lautloser durch, wenn man statt der schmissigen Begriffe Hararis, die bis zum „Homo deus“ reichen, diplomatischere Formulierungen wählte.

Sind wir auch zu Akzeptanz und zur Wahrnehmung neuer technischer Möglichkeiten bereit, wenn es darum geht, unsere biologischen Grenzen zu sprengen? Die Entwicklung zu Cyborgs erschreckt uns nur, solange wir „Cyborg“ genannt werden. Währenddessen ist dieser Trend seit langem von der Brille über den Zahnersatz bis zu Smartwatch am Arm in Gang gekommen und nähmen wir gern jede weitere Verbesserung in Sachen „Selbstoptimierung“ auch zur Stärkung unserer Intelligenz und kreativen Fähigkeiten wahr, wenn es garantiert keine grässlichen Nebenwirkungen gäbe. An diesem Beispiel lässt sich allerdings auch die Gefahr illustrieren, dass sich die Menschen von Verbesserung zu Verbesserung hangeln, bis sie zu einem Ergebnis gekommen sind, das sie überhaupt nicht haben wollten.

Ein „Ende menschlicher Arbeit“, soweit damit das jetzige Beschäftigungssystem mitgedacht wird, sollte prinzipiell nicht zu fürchten sein, da die Menschen für sie sinnhaftes Tun außerhalb der jetzigen Strukturen finden werden. Vielen erscheinen ihre gegenwärtigen Abhängigkeiten von Vorgesetzten und Kunden und ihre hochspezialisierten Arbeitsvollzüge als wenig sinnvoll. Zudem birgt die Aufhebung der Grenzen von Arbeit und Freizeit vielversprechende Potenziale, beispielsweise eine Rückkehr zu mehr Ganzheitlichkeit. Hier könnte sich am Ende ein weitaus menschenfreundlicheres Tätigkeitssystem als das heutige entfalten und dürfte es in der Zwischenzeit vor allem darum gehen, Prozesse des Übergangs sozialverträglich zu steuern.

Freiheit ist in unseren Vorstellungswelten ein sehr hohes Gut. Harari weist zu Recht darauf hin, dass in den Zeiten vor dem Aufstieg Künstlicher Intelligenz freie Bürger über sich selbst bessere Entscheidungen zu treffen wussten als Unternehmen, Kirchen und politische Instanzen, eben weil sie es besser wussten. Das galt also auch dann, wenn diese Institutionen es gut mit den Menschen meinten, was alles andere als immer der Fall war. Aber schon damals war Freiheit kein Selbstzweck, sondern hatte eine instrumentelle Bedeutung für das Erreichen menschlichen Glücks. Heute werden die Individuen nach unseren Erfahrungen mit Alkohol und illegalen Drogen ohne Bedenken zu Medikamenten als „Glücksbringer“ greifen und Algorithmen folgen, wenn diese die besseren Entscheidungen treffen, auch wenn sie sich in beiden Fällen selbst entmündigen. Schalten die Menschen die automatische Steuerung ihres Autos ab, um freie Menschen zu bleiben? Das ist schwer vorstellbar.

Noch einmal Harari direkt: „Die Algorithmen werden nicht aufbegehren und uns versklaven. Vielmehr werden sie Entscheidungen für uns so gut treffen, dass wir verrückt wären, ihrem Rat nicht zu folgen“ (III, 513).

Allerdings erscheint mir eine Polarisierung der Gesellschaft zwischen wenigen Übermenschen und einer Masse „nutzloser“ Menschen als unerträglich. Das gilt auch dann, wenn die „nutzlose Masse“ mit ihrem Schicksal vollauf zufrieden wäre, ohne dass die Übermenschen ein „Downgrading“ der Massen vorgenommen, die „kognitive Revolution“ also tendenziell rückgängig gemacht hätte, um das Gesamtsystem effizienter zu machen. Ausschließen lässt sich diese schwärzeste Vision, die Harari eingefallen ist, aber im Falle der von ihm vorausgesehenen Polarisierung nicht.

Zudem lassen sich mögliche Systeme der Zukunft schon jetzt auch aus anderen Gründen kritisch bewerten, beispielsweise wenn die materielle Grundversorgung der Menschen nicht gewährleistet wird. Zudem halte ich es für möglich, einen nahezu universalen Grundkonsens darüber herzustellen, dass dem Streben nach Gleichheit ein überzeitlicher Wert beigemessen wird – dies als Gegengewicht zu den immer wieder spontan aufbrechenden Ungleichheiten.

Steht der Humanismus auch in der Unterform des „aufgeklärten Liberalismus“ vor der Abdankung und wird er von der neuen Religion des „Dataismus“ abgelöst? Hier sind die spekulativen Elemente in Hararis Überlegungen am größten.

Fraglos ist das Potenzial, mit dem sich gerade entwickelnden Datenwissenschaften zu neuen Erkenntnissen kommen, sehr groß. Bernd Jörs hat in „Zukunft der Informationswissenschaft“ die Übergabe der Informationswissenschaft an die Datenwissenschaft empfohlen, wenngleich dies wohl auch als ein Weckruf an die Informationswissenschaft zu verstehen ist. Zudem dürften die Wissenschaftler der Entwicklung zu einer „Universaltheorie“, wenn sie denn möglich erschiene, aufgeschlossen gegenüberstehen. Allerdings ist anstelle einer Übernahme der Disziplinen durch die Datenwissenschaft ebenso eine künftige Koexistenz zwischen Datenwissenschaft und Disziplinen in der Weise denkbar, dass die Datenwissenschaft als eine Verfahrenswissenschaft eine Plattform verfügbar macht, auf der sich die einzelnen Disziplinen mit ihren Ergebnissen, Interpretationen, Philosophien und Widersprüchen tummeln. Richtig ist auch, dass die Wissenschaften die Treiber gesellschaftlicher Entwicklungen über Technologien und Denkansätze sind, auch wenn Wirtschaft, Politik und Kultur diese Inputs für ihre Bedürfnisse abwandeln und zum Teil verballhornen.

Andererseits hat der Liberalismus und seine aufgeklärte Variante schon immer unter Beschuss gestanden, weil die etablierten Glaubenssysteme Widerstand leisteten und ihre Attraktivität wenngleich in sinkendem Maße beibehielten. Zudem streben die Menschen nach Sinn und absoluten Wahrheiten, und hier hat ihnen der Liberalismus wenig zu bieten. Somit dürfte der Liberalismus in Zukunft belagert bleiben, wenngleich Francis Fukuyama nach dem Fall des sowjetischen Imperiums von einem „Ende der Geschichte“ sprach. Allerdings hat sich der Liberalismus trotz all seiner Krisen als „Überlebenskünstler“ erwiesen – dies vor allem wegen seiner Leistungen, die zu den Erfolgen gegen Hunger, Krankheit und Krieg geführt haben. Diese wurden erst möglich, weil sich der Liberalismus und die von ihm generierte Wissenschaft nicht um absolute Wahrheiten schert.

Ich vermute, dass der aufgeklärte Liberalismus in Zukunft auch im eventuellen Konflikt mit dem Dataismus überleben wird, sofern er sich an neue Entwicklungen in geeigneter Weise anpasst. Das könnte geschehen, indem er den Transfer zu einem neuen Tätigkeitssystem steuert, wo die Gegensätze zwischen Arbeit und Freizeit aufgehoben sind, indem er die „Freiheit“ im Zeitalter der Herrschaft der Algorithmen neu interpretiert und indem er dem Wert der „Gleichheit“ einen höheren Wert zuschreibt, um so den von Harari beschriebenen Tendenzen zur Ungleichheit zu wehren.

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  1. Anwendungen der Überlegungen Hararis: Die Beispiele „Terrorismus“ und „Nationalismus“.

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Was sollen wir zu Beginn des 21. Jahrhunderts tun? Die Gegenwart mit ihren in die Zukunft weisenden Tendenzen wird von Harari zu differenziert gesehen, als dass er mit einem Ranking politischer Prioritäten oder mit einer umfassenden Strategie aufwarten möchte. Dafür geht Harari in „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ innerhalb seines Bezugsrahmens und auf der Basis seiner Thesen, aber auch mit viel Common Sense auf diverse politische und gesellschaftliche Problembereiche ein und kommt zu nachvollziehbaren, plausiblen und teils praktikablen Handlungsempfehlungen.

Ich begrüße sein Kapitel zum „Terrorismus“, in dem er darlegt, dass Terroristen in entwickelten Ländern nur dann zu Siegen kommen können, wenn ihre Feinde überreagieren, was die Politiker mit ihren unbedingten Reflexen nach terroristischen Vorfällen und die Medien mit ihrer obsessiven Berichterstattung regelmäßig tun. Diese Bewertung mag für Terrorismus in manchen Schwellen- und Entwicklungsländern eine andere sein und sofern die Terroristen über die Bombe verfügen würden, für entwickelte Länder eine andere werden.

Und um ein weiteres Beispiel diesmal aus Hararis Kapitel „Nationalismus“ zu nehmen: Der Autor definiert „Nationalisten“ als Menschen, die sich ausschließlich um die Wohlfahrt ihrer Nation kümmern wollen. So gesehen, müssen wir uns damit abfinden, dass „Nationalismus“ auf Dauer ein mächtiges politisches Phänomen bleiben wird, da die Menschen bereits in der Steinzeit die Interessen ihres Stammes und nur diese vertraten. Zusätzlich fragt Harari nach den Erfolgsbedingungen des Nationalismus und gibt damit verbunden den Nationalisten eine leichte Aufgabe (nämlich das zu tun, was sie immer schon getan haben) und eine schwere: Da zur Umsetzung von Lösungen im Interesse des eigenen Stammes neuerdings globale Lösungen erforderlich sind, müssen die Nationalisten lernen, mit den „Fernen“ und „Fremden“ zu kooperieren und sich so in ihrer Praxis wenngleich nicht in ihrer Propaganda den Weltbürgern anzunähern.

Internationale Nachrichten

 

Royal Society of Chemistry’s Journal Archives Now Available to Companies for Text and Data Mining

The Royal Society of Chemistry has launched its new Text and Data Mining solution, making its full collection of research journals available to companies for AI and machine learning applications. Access to the RSC’s collection in machine-readable format offers companies the opportunity to extract, pinpoint and apply insights from research that stretches across 160 years.

Copyright Clearance Center Launches Open Access Workflow Services

Copyright Clearance Center, Inc. (CCC) announces Open Access Workflow Services, a comprehensive consulting practice providing strategic Open Access (OA) and Transformative Agreement workflow support to publishers, funders, institutions and other key stakeholders in the scholarly communications ecosystem.

S&P Global Market Intelligence Expands SME Data Coverage with 10 Million European Private Companies

S&P Global Market Intelligence announced today that it has added over 10 million European private company profiles with standardized financials on to the Market Intelligence Platform. The new coverage includes data from major European markets such as Germany, France and the United Kingdom.

Quelle: Outsell

Experian Global Insights Report

Seismic Shifts in Consumer Behavior

and Business Strategies
During Times of Uncertainty

 

The global pandemic created a seismic shift in volume of online activity and experiences in the past four to five months. Not only are people relying on mobile and digital channels to bank, shop, work and socialize— and anticipating more of the same in the coming months—they’re closely watching how businesses respond to their needs. Between late June and early July this year, Experian surveyed 3,000 consumers and 900 businesses in 10 countries, including: Australia, Brazil, France, Germany, India, Japan, Singapore, Spain, the United Kingdom and the United States.

This report is the first of three in a longitudinal study exploring the major shifts in consumer behavior and business strategy pre-and post-Covid-19, with economic perception at the epicenter. There exists equal amounts of optimism and pessimism for how economies are perceived to be recovering. According to our research, some businesses and industries are feeling more bullish than others, and consumers, many already feeling depleted, are bracing for an expected second wave of Covid-19. Beyond their intense focus on the safety and security of their employees and customers, our research shows that businesses are making strategic investments to give consumers greater access to goods and services and manage customer relationships. They are also exploring automation and cloud technology to relieve operational constraints. Consumers, however, are seeking reassurance and looking for a sense of security throughout their online experiences. In fact, perhaps more significant, people are making a trade-off between physical risk and online risk—despite lingering doubts about security, it’s still safer online than engaging with people physically.

Experian Decision Analytics helps clients around the world to seamlessly integrate data, analytics and technology so that they can quickly adapt decisioning strategies to minimize risk, preserve valuable relationships and remain fair and compliant. From consumers needing short-term support like payment holidays to those facing longer-term challenges like unemployment, businesses are accelerating their digital transformation initiatives to address individual customer needs safely, conveniently and at scale.

Quelle: BIIA

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