Open Password – Mittwoch, den 14. Dezember 2016
#139
London Info International – Anna Knoll – Information Professionals – Philip Ditchfield – Kate Worlock – Outsell – Millenials – Dion Lindsay – ROI – Storytelling – Andrew Clark – Oliver Renn – ETH Zürich
London Info International 2016
Historische Momente und
ganz viel Networking
Eine sehr gelungene Konferenz
Die Information Professionals
in einer schwierigen Lage
und einer unverzichtbaren Position
Von Anna Knoll
Am 6. und 7. Dezember 2016 trafen sich aus ganz Europa etwa 400 Information Professionals (nach der Internetliste – nach meinen Eindrücken waren es eher weniger), um über relevante Themen der Informationsbranche zu diskutieren, sich zu vernetzen und neue Ideen für die Zukunft zu erhalten. Die LII 2017 findet am 5. und 6. Dezember statt.
Die Konferenz London Info International (LII) war mit 30 Referenten und knapp 50 Ausstellern zwar nicht so groß wie die einstige Londoner Online Information, brauchte sich aber inhaltlich und organisatorisch nicht zu verstecken. Philip Ditchfield und sein 18-köpfiges Team stellten einen interessanten Mix aus Produktvorstellungen, theoretischen und praktischen Vorträgen sowie kurzen Impulsreferaten in den „Disrupter Zones“ zusammen. In der Schlussbemerkung der Organisatoren wurde gar von „historischen Momenten“ (in den Keynotes von David Worlock und Tracey Armstrong) gesprochen. Es gab viel Zeit und Raum für Networking und für das leibliche Wohl wurde ebenfalls bestens gesorgt. Alles in allem eine sehr gelungene Konferenz, die sowohl in den Vorträgen als auch in der Firmenausstellung ein leichtes Übergewicht im STM-Sektor hatte (was auch von den Organisatoren explizit erwähnt wurde) und hoffentlich nächstes Jahr ausgewogener wird.
Die Teilnehmer kamen überwiegend aus Großbritannien. Deutschland war die zweitstärkste Gruppe im Publikum. Die Vortragenden kamen natürlich vor allem aus Großbritannien, dann aber auch aus der Türkei, Frankreich, Deutschland, Schweiz und den USA. Zwei Information Professionals eines großen Pharma-Unternehmens in Deutschland besuchten die LII, um Networking zu betreiben und wegen des viel versprechenden Programms. Die LII sei angenehm klein und „nicht so überlaufen und durchgetaktet wie die Buchmesse“. Hier kenne man sich und habe Zeit zum Reden. Das Programm habe ihnen bereits am ersten Vormittag etwas Neues geboten, obwohl sie schon jahrelang im Geschäft seien und „eigentlich schon alles kennen“.
Die Aussteller waren natürlich vor allem zum Knüpfen von neuen Geschäftsbeziehungen da, aber auch um neue Trends aufzuspüren. Und vor allem die Startups erhofften sich mehr „Brand Recognition“. Insgesamt wünschten sich die Aussteller eine größere Teilnehmerzahl, aber die Inhalte und das Programm fanden sie hervorragend.
Das Programm bot mit zwei parallel stattfindenden Session in den „Bubbles“ (großen weißen aufblasbaren Räumen, die an Iglus erinnern) und durchgehend stattfindenden Kurzreferaten von Firmen in den zwei „Disrupter Zones“ in der Halle für jeden etwas. Trotzdem waren viele Vorträge nicht gut besucht, in der Kaffeeecke im Ausstellungsraum war immer mehr los. Die Konferenz wurde eher zum Netzwerken besucht anstatt möglichst viel Input in den Sitzungen aufzusaugen.
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Nehmen Unternehmen Informationen wichtiger, wenn sie von Externen gekauft werden?
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Im Folgenden werden die interessantesten Vorträge ausführlicher besprochen.
Kate Worlock (VP & Lead Analyst bei Outsell) sprach über das geänderte Nutzerverhalten der „Millenials“ (18-35 Jahre, Vollzeitangestellte). In einer Umfrage von Outsell hatte sich herausgestellt, dass Print noch längst nicht tot ist, da es das am zweithäufigsten genutzte Transportmittel von Informationen nach dem PC und Laptop geblieben ist. Auch ist die Zahl derer, die Digital vor Print bevorzugen, von 2013 bis 2016 nur um 2%, nämlich von 38% auf 40%, gestiegen. Dieser sehr jungen Nutzergruppe ist vor allem das Netzwerken und das Teilen („Sharing“) wichtig. Alles muss möglichst bruchlos und per Single-sign on zugänglich sein. Wo sind die Millenials zu finden? Vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram usw. Bild- und videobasierte Netzwerke erleben gerade einen Boom und es ist davon auszugehen, dass sie in Zukunft wichtiger als Text werden.
Unternehmen haben immer noch große Probleme, Informationen zu finden, vor allem wenn es um die Konkurrenz und öffentliche Informationen geht. Vertraut wird erschreckenderweise zu 66% den Suchmaschinen, dann erst der eigenen Firmenwebseite und diversen Portalen. Insgesamt ist die Zeit, die mit der Suche nach externen Informationen verbracht wird, stark gesunken, nämlich um 13% gegenüber der Umfrage 2013. 25% sagten, dass sie in ihrem Unternehmen keine Hilfestellung bei der Suche bekommen. Diese Umfrage von Outsell bestätigt, dass Information Professionals weiter gebraucht werden.
Dion Lindsay (Managing Director bei Real Knowledge Management DLC Ltd) stellte seine Erkenntnisse über die Kalkulation eines Return of Investment (ROI) in Wissens- und Informationsservices vor. Momentan bewerten Information Professionals ihren ROI meist nach den folgenden Kriterien:
- nach ihrer Effizienz unter besonderer Berücksichtigung von Kostengesichtspunkten. Ihre zentrale Frage lautet hier: Können wir mehr in der gleichen Qualität billiger machen?
- nach ihrem Beitrag zu den Unternehmenszielen. Dabei lautet ihr Argument gegenüber den Managern: Mitarbeiter können effektiver arbeiten, wenn es einen zentralisierten Informationssupport gibt.
- nach ihrem Beitrag zu Prozess- und Produktinnovationen.
Lindsay stellte eine Studie vor, in der der Zukauf und die Nutzung externer Informationen größere positive Auswirkungen auf den Innovationsprozess hatte als das Teilen interner Informationen. Werden Informationen in den Unternehmen ernster genommen, wenn sie von Externen geliefert werden?
Seine Tipps für das Präsentieren von ROIs lauteten: Verbinde vorhandene Informationen mit anderen externen Ressourcen. Finde Metriken, die die ultimative Wirkung erzielen. Und ganz wichtig: Orientiere dich immer an den Standards deines eigenen Unternehmens für den ROI. Manchmal erwarteten die Vorgesetzten weniger als man selbst zunächst angenommen habe.
Auch Andrew Clark (Director of Scientific Information Services bei UCB) betonte, dass das Messen der eigenen Leistungen für Information Professional (und die angemessene Präsentation dieser Leistungen) wichtig sei, vor allem, wenn man mit mehreren Stakeholdern kooperiere. Er stellte drei Fallbeispiele vor, die mit unterschiedlichen Mitteln den Impact maßen. Eine Methode stach besonders hervor: Storytelling. Daten und Analysen sind hier immer in ihrem Kontext darzustellen und zu „erzählen“. Wenn man sein Publikum verstehe und die Daten daran anpasse, werde der Mehrwert glaubwürdig, den man erzielt habe. Eine gute Möglichkeit der Präsentationen seien Dashboards, die unterschiedliche Quellen anzapfen und genau die Informationen anzeigen, die der Nutzer braucht.
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Es wird so viel Geld für lizenzierte Datenbanken verschwendet. Wie schafft man es, Bewusstsein für sie zu generieren?
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Oliver Renn (Head of Chemistry and Biology, Pharmacy Information Centre an der ETH Zürich) berichtete über die „Face-to-Face“-Schulungskonzepte der Universitätsbibliothek der ETH. Information Professionals sind oft sehr erfreut und glücklich über die Tools und Neuerungen, die die Bibliothek verfügbar gemacht habe – doch der Endnutzer teile diesen Enthusiasmus nicht. Obgleich über tausend Programme für Forscher und Studenten existierten, gäbe es letztendlich nur drei, die sie regelmäßig nutzten: MS Office, Adobe PDF und Google. Renn verwies auf eine Umfrage, in der über zweitausend Forscher gefragt worden waren, welche Tools sie kennen und nutzen. Außer Google Scholar und ResearchGate waren ihnen die meisten anderen Angebote völlig unbekannt.
Lesen Sie in der nächsten Folge: Was Google alles noch kann – Die Alterntiven zu Google – Die parmazeutische Industrie vor einer „Major Disruption“
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