Open Password: Nachrichten, Analysen, Kommentare – Donnerstag, den 17. März 2016
Jürgen Krause – Informationswissenschaft – Azriel Morag Award – Ex Libris – APE – Elisabeth Simon – Klaus G. Saur – Verlagswesen – Geschichte des wissenschaftlichen Publizierens
Informationswissenschaft
Jürgen Krause gestorben
Prof. Dr. Jürgen Krause, ehemals Direktor des Informationszentrums Sozialwissenschaften, ist gestorben. Nach dem Tod von Prof. Dr. Hammwöhner verliert die Informationswissenschaft binnen kürzester Zeit damit einen zweiten ihrer führenden Wissenschaftler. Wir geben im Folgenden einen Rundbrief des Hochschulverbands Informationswissenschaft wieder.
Liebe Mitglieder des Hochschulverbands Informationswissenschaft,
in Trauer und tief bewegt müssen wir Ihnen / Euch mitteilen, dass am Sonntag, den 6. März 2016, Professor Dr. Jürgen Krause überraschend im Alter von 72 Jahren verstorben ist.
Jürgen Krause, bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2009 wissenschaftlicher Direktor des Informationszentrums Sozialwissenschaften in Bonn (dann Mitglied des Direktoriums der GESIS) und Professor für Informatik an der Universität Koblenz-Landau, war eine der prägenden Persönlichkeiten der deutschen Informationswissenschaft.
Er war bis 1994 Professor für Linguistische Informationswissenschaft an der Universität Regensburg, wo er den informationswissenschaftlichen Studiengang begründet und mit zahlreichen Forschungsprojekten als Pionier auf den Gebieten des Information Retrieval, der Software-Ergonomie und der anwendungsorientierten Computerlinguistik gewirkt hat. Dort leitete er von 1993 bis 1995 die Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften als Dekan.
Er war einer der Gründer des Hochschulverbands Informationswissenschaft und von 1994 bis 1998 dessen Vorsitzender. Zusammen mit Rainer Kuhlen und anderen hat er das Internationale Symposium für Informationswissenschaft ins Leben gerufen. In der Gesellschaft für Linguistische Datenverarbeitung (heute: Gesellschaft für Sprachtechnologie und Computerlinguistik) hatte er von 1980 – 1985 den Vorsitz inne. Im Jahr 2000 gehörte er zu den Initiatoren der Tagungsreihe „Mensch und Computer“, heute eine der größten Informatiktagungen im deutschsprachigen Raum.
Die große Schar seiner Schüler, Mitarbeiter und Kollegen verdankt Jürgen Krause vieles. Sie verlieren mit ihm einen warmherzigen Freund und Mentor, einen offenen und kritischen Denker, der vorgelebt hat, außerhalb ausgetretener Pfade zu forschen, eine starke, faszinierende Persönlichkeit. Seinen Kollegen stand er immer mit Rat und Tat zur Seite.
Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten seiner Frau Ingrid und seinen Kindern und Enkeln.
Für den Hochschulverband Informationswissenschaft
Christian Wolff und Christa Womser-Hacker
P.S. Liebe Kolleginnen und Kollegen, innerhalb nur weniger Tage mit Rainer Hammwöhner einen engen Kollegen und mit Jürgen Krause unseren Doktorvater und Freund zu verlieren, macht uns fassungslos.
Briefe
Preisträger gesucht, der außergewöhnliche
Innovationen angestoßen hat
Ex Libris, A ProQuest Company, gibt bekannt, dass ab jetzt Nominierungen für den Azriel Morag Award for Innovation entgegen genommen werden. Azriel Morag, der Gründer und erste Geschäftsführer von Ex Libris, glaubte an Experimentierfreude, Wagemut und die Macht des Einzelnen, etwas Großes zu bewirken. Mit dieser Auszeichnung lebt sein Erbe fort. Der Azriel Morag Award for Innovation wird an eine Person verliehen, die innerhalb der zwei Jahre vor dem Nominierungszeitpunkt außergewöhnliche Innovationen angestoßen hat. Die Leistungen des Gewinners und der jeweiligen Institution werden weltweit veröffentlicht.
Ex Libris lädt alle Einzelpersonen und Institutionen der internationalen Ex Libris-Gemeinschaft dazu ein, bis zum 31. Mai 2016 ihre Nominierungen einzureichen. Die Jury setzt sich aus Vertretern von Ex Libris und der internationalen Benutzergruppe (IGeLU) zusammen. …
Nominierungen senden Sie bitte an azrielmoragaward@exlibrisgroup.com. Weitere Informationen zur Auszeichnung und den Nominierungskriterien finden Sie unter http://www.exlibrisgroup.com/category/AzrielMoragAward.
Das besondere Thema
auf der APE (2)
Academic Publishing seit der Antike:
Als sich die Macht in die Dienste des Fortschritts begab
und Deutschland an der Front
der Entwicklung stand …
Von Elisabeth Simon
Wissen und Herrschaft (wissenundherrschaft.wordpress.com) nennt der Simon-Verlag seinen Blog. Dabei stehen die Zusammenhänge zwischen der Herrschaft und dem Wissen in Universitäten, Akademien und Bibliotheken häufig im Zentrum der Erörterungen.
Darum ging es auch am ersten Tag der APE Konferenz – The Digital Agenda – the Road Ahead for Scholarly Communication, der internationalen Konferenz in Berlin, die Jahr für Jahr unerschrocken Themen zur Diskussion stellt, die in den nächsten Jahren den Transfer von Wissen bewegen. Die APE-Lecture am Abend des ersten Tages – The History of Academic Publishing since 1500 up Today – kam von dem allen bekannten und bisweilen schmerzlich vermissten Verleger Klaus G. Saur.
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Deutsches Verlagswesen: Von der Zerstörungswut der Nazis nie wieder völlig erholt..
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Cicero, der erste Verleger der Antike ließ seine Werke mit Hilfe seiner Schüler, die dafür bezahlen mussten, veröffentlichen. Antike Autoren publizierten häufig nicht aus Altruismus, sondern aus wirtschaftlichen Gründen und um ihre Reputation zu steigern, wie Prof. Dr. Nicholas hervorhob. Der Buchdruck führte zu einem blühenden Verlagswesen in Deutschland, das die Fortschritte der Wissenschaften bis zum Ersten Weltkrieg förderte. Deutsch war die Wissenschaftssprache Nr. 1 und legte nicht nur den Grundstein zur Gründung zahlreicher Akademien im Ausland, unter anderem in Russland, sondern auch zu Aufenthalten internationaler Wissenschaftler und Dichter wie des oft zitierten Mark Twain. Wie Saur zeigte, gehörte das deutsche Verlagswesen zu dem besten der Welt. Ähnliches galt für den Buchhandel, der gemeinsam mit den Verlegern durch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels zusammengehalten wurde. Mit der Gründung einer Nationalbibliothek in Leipzig hinkte Deutschland zwar den Gründungen anderer Länder hinterher, aber von Anfang an war diese Nationalbibliothek mehr mit dem Buch- und Verlagswesen verbunden. Im Gegensatz dazu war die Nationalbibliothek in Frankreich in erster Linie eine Gründung der Herrscher und widmet sich die französische Nationalbibliothek noch beute stärker als die unsrige der Bewahrung des kulturellen Erbes.
Diesen positiven Entwicklungen in Deutschland setzte der Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren ein Ende. Die Zahl der Verlage verringerte sich um die Hälfte. Die Namen der Verleger, die auswanderten oder sich vom Geschäft zurückzogen, machen deutlich, was für ein Schaden entstand. Es sind eben nicht nur die Renaissance-Forschung, die Musikwissenschaft sowie die Psychologie und Psychoanalyse in Deutschland, die ihre besten Vertreter verloren und sich davon nie erholt haben, es waren auch die berühmten Verleger Springer und Teubner und andere. Einige von ihnen wirkten bei der Gründung angelsächsischer Verlage wie der Academic Press mit. Prof . Saur zeigte besonders der jüngeren Generation, der diese Zusammenhänge weniger präsent sind, wie schnell und wie gründlich Herrschaft Wissen zerstört, wenn sich die Herrschenden von der Aufklärung abwenden, als Wissen auch nach dem Willen der Fürsten zur Entwicklung der Menschen eingesetzt werden sollte.
Wie in Forschung und Lehre, Heft 5, 2015, unter dem Titel Sammeln für dieForschung von morgen konstatiert wurde, haben Fragen der Infrastruktur für die Forschung nichts von ihrer Brisanz und der dringenden Notwendigkeit des Findens von Lösungen verloren. Der Organisator und Gestalter der Konferenz hatte daher den sozialen Fragen gegenüber den technischen den Vorrang gegeben, so sehr auch das Handling von Big Data die Teilnehmer interessierte. Wenn heute eine der dringendsten politischen Forderungen in der Flüchtlingspolitik der Schul- und Kitabesuch ist, dient Macht abermals den Zielen der Aufklärung.
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