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Donnerstag, den 19. Dezember 2019

#682

 

Informationskompetenz – Fachkompetenz – Informationswissenschaft – Bernd Jörs – Information Overload – Archivwesen – Dokumentationswesen – Bibliothekswesen – Findability – Medienkompetenz – Wissenskompetenz – Information Literacy – Kritischer Rationalismus – Universalgelehrter – Internet und digitale Gesellschaft – Reverse Mentoring – Social Media – M. Spitzer – Algorithm Watch – K. Zweig – Recommender – Deep Learning – S. Richter – Methodenkompetenz – Meta-Literacy – Generation Z – Datenschutz – Google Duplex – Fake News – DGI – London Business School – Karsten Schuldt – Fake Akzeptanz – Instagram – Influencer – Wirtschaftswoche – Donald Trump – Data Science – Meinungsfreiheit – Populismus – Springer Nature – The Association of Universities in the Netherlands – Dutch Consortium of University Libraries – National Library – United Nations’ Sustainable Development Goals – Innodata – docAnalytics – Wealth-X – Wolters Kluwer Legal & Regulatory U.S. – Kluwer Arbitration Practice Plus – Verisk – Equifax – Inflection Insurance Score – Elsevier – Contributor Roles Taxonomy – Pressland – Showcase – Audience Engagement Tools – Outsell – FIZ Karlsruhe – zbMATH – Open Access – Gemeinsame Wissenschaftskonferenz – Leibniz-Gemeinschaft – arXiv – EuDML – MathOverflow – SEMANTiCS

 

Informationskompetenz

Förderung auf der Basis
von Fachkompetenz

und im Bewusstsein des eigenen Irrtums


Die überzogenen Ansprüche
der Informationswissenschaft

Von Bernd Jörs

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I.  Was ist Informationskompetenz? Was macht Informationskompetenz ist Kern aus? Wie weit greift sie, wo endet sie? Inwiefern spielt Informationskompetenz mit weiteren Kompetenzen zusammen? _______________________________________________________________________

Der heute ziemlich abgenutzte Begriff „Informationskompetenz“ entstand in den 1970er Jahren aus Furcht vor dem „Information Overload“ und dem „Wissens- und Entwicklungsvorsprung“, der durch die Raumfahrtindustrie bewirkt wurde. Er wurde insbesondere vom amerikanischen und britischen Bibliotheks- und Dokumentationswesen übernommen. Bis heute beansprucht insbesondere das Archiv-, Dokumentations- und Bibliothekswesen unter anderem zur Legitimierung ihrer Daseinsberechtigung diese „Kernkompetenz“ der Informationsbedarfsdeckung und „Findability“ mit Bezug auf das analoge und digitale bibliothekarische Informationsangebot (Kataloge, Datenbanken, E-Journals, E-Books usw.).

Dort kann die „Informationskompetenz“ gern verankert bleiben. Dennoch mutet dieser hoffnungslose „Hase-Igel-Wettlauf“ von Versuchen der Bewältigung der Informationsflut durch eine Pseudo-„Informationskompetenz“ im Zeitalter von Exa-, Zetta- und Yottabyte-basierten Informationsmengen befremdlich an. „Informationskompetenz“ wird deshalb vielerorts außerhalb und innerhalb des bibliothekarischen Einzugsbereichs als Worthülse verstanden und nicht ernst genommen, wie das ähnlich für „Medienkompetenz“ und „Wissensmanagement“ gilt. Das gilt umsomehr, wenn sich hinter diesem Begriff schlichte Rechercheschulungen und Literaturbeschaffungen verbergen.

„Kompetenz“ ist eigentlich angewandtes, kontextabhängiges Wissen. Von „Kompetenz“ zu sprechen, verlangt (Vor-)Wissen und Suchwillen, sonst werden die Informationssuche und der „kompetente“ Umgang mit Informationen zur Farce, zu einem Unwort, das „inhaltsleer“ und schön „gehypet“ im Raum steht. Studierende der Informationswissenschaft (18-25 Jahre) ohne domänenspezifisches Vorwissen qualifizieren zu wollen und ihnen das Label „Informationskompetenz“ anzuhängen, ist selbst ein Fake-Ansatz: Der elitäre Anspruch der „Informationskompetenz“ wird mit folgendem „KÖNNEN“ begründet: „Informationen „suchen“, „ordnen“, „erzeugen“ , „strukturieren“, „aggregieren“ „aufbereiten“, „kontextadäquat bewerten“ „beurteilen“, „interpretieren“, „akquirieren, „organisieren“, „erschließen“, „auffindbar machen“, „speichern“, „klassifizieren“, „semantisch aufbereiten“, „gewinnen“, „extrahieren“, „gestalten“, „entwickeln“, „mehrwertbringend in Forschung und Anwendung einsetzen“, „auf Validität und Relevanz überprüfen“, „auf Güte und Qualität prüfen“, „faktenbasiert identifizieren“, „beschreiben“, „in kundenorientierte Dienstleistungskonzepte zu integrieren“, „vermarkten“, „visualisieren“ und „ergebnisorientiert nutzen“ KÖNNEN.

Die „Informationskompetenz“ ist an die Einschlägigkeit der domänenspezifischen-fachlichen Vorqualifikationen (Fachkompetenz) der Informationssuchenden und den Suchwillen gebunden. An Schüler und Studierende oder andere solche Befähigungen zur Informationskompetenz „vermitteln“ zu wollen, ohne einen ausreichenden fachlichen Background und Willen zur Informationssuche voraussetzen zu können, ist naiv, unverantwortlich und hat selbst Fake-Charakter.

Es gilt: Kompetenzen müssen auf fundiertem (Vor-)Wissen aufgebaut werden, aus pädagogischer Sicht kann Informationskompetenz eigentlich nicht „vermittelt“ werden.

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II. Wie soll man Informationskompetenz vermitteln? Wie soll Informationskompetenz am besten vermittelt werden? Wie werden Menschen am besten zu informationskompetentem Verhalten motiviert und geführt?
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Voraussetzung für das Vermitteln einer irgendwie gearteten „Informationskompetenz“ („Information Literacy“) sind ein ausgeprägter Lesewille, eine erweiterte Aufmerksamkeitsspanne und die persönliche fachlich einschlägige und domänenspezifische Verankerung, dazu der Wunsch nach Wissenszuwachs (was wichtiger als die eigentliche Information ist) und der Wille zur Informationssuche, vor allem aber eine wissenschaftstheoretisch fundierte Qualifikation und Einstellung. Informationen suchen und beschaffen setzt den Willen und die Bereitschaft voraus, dazu angestoßen zu werden, intrinsisch und extrinsisch motiviert zu sein, dies zu wollen, neugierig zu sein und vor allem das kritisch-rationale Wissenschaftsverständnis zu verinnerlichen, d.h. motiviert zu sein, trotz aller damit verbundenen (Recherche-)Anstrengungen, Themen und Problemstellungen aktiv zu hinterfragen und fortlaufend Falsifikationsversuche zu unternehmen. Motivierende Aufforderungen zur ständigen Suche nach Widerlegungen auf der Grundlage eines kritisch-rationalen Verständnis der Begrenztheit unseres Wissens und der Tatsache, nie sicheres Wissen zu „besitzen“, sondern sich durch permanente und unermüdliche Widerlegungsanstrengungen nur der „Wahrheit“ annähern zu können, sind die Basis für ein kompetentes Informationsverhalten.

Schüler und Studierende sowie andere Zielgruppen mit dieser wissenschaftlichen Grundeinstellung auszustatten, ist Voraussetzung für informationskompetentes Verhalten. Das heißt natürlich, dass im Zeitalter des „Information Overload“ quantitatives Wissen und (Wissens-)Autoritätsanspruch auch der (Hochschul)Lehrer nicht mehr angesagt sind. Der Status des Universalgelehrten ist seit langem entschwunden.

Das Heranführen an die Kompetenz des Informationsverhaltens – in Bezug auf Kinder und Jugendliche – darf nicht unter Missachtung pädagogisch-didaktischer Realitäten und Sinnhaftigkeiten erfolgen. Die realitätsferne Annahme einiger informationswissenschaftlicher Fachvertreter und Medienpädagogen, schon Kinder im vorschulischen Alter „Informations- und Medienkompetenz“ abzuverlangen, um „kritisch zu hinterfragen, welche Auswirkungen dies auf die eigene Persönlichkeit haben kann“ (Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Drucksache 17/7286, 2011, Kapitel 4.1.) oder Schüler im Zeitalter des „Reverse Mentoring“ mit Social-Media-Informationskompetenz auszustatten, sind geradezu lächerlich. Zur Realitätsferne gehört auch die ungeprüfte Erwartung, dass Menschen, ob jung oder alt, durch Digitalisierungstechnologien informationskompetenter werden: „Das Nutzerverhalten von Schülern ist erschreckend naiv: Beim Umgang mit zwei sich widersprechenden Informationen wird meist versucht, durch Befragung kompetenter Personen oder die Suche nach einer weiteren Quelle eine der Quellen zu bestätigen. Dabei werden Fachbücher eher selten herangezogen. Projektteilnehmer gaben signifikant häufiger an, einfach die verständlichere Quelle zu nutzen, und versuchten seltener, eine Quelle zu widerlegen. […] Außerdem zeigte sich, dass Schüler dazu tendieren, einfach zugängliche Quellen unabhängig von ihrer Glaubwürdigkeit zu bevorzugen“ (M. Spitzer 4/2017, NHK, Seiten 205-212).

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III. Welches sind die zentralen Entwicklungen im Bereich der Informationskompetenz und Informationskompetenzvermittlung?  Wie entwickelt sich Informationskompetenz? Welche Bereiche werden künftig wichtiger?

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Dazu fünf Punkte:

  1. Um der blindgläubigen Akzeptanz und Anwendung von Daten, Informationen, Informationskompetenzfähigkeiten und digitalen Tools und Algorithmen entgegenzuwirken, muss das kritisch-rationale Hinterfragen von Methoden und Verfahrenstechniken zur Hauptaufgabe werden (siehe z.B. die Initiative Algorithm Watch von Prof. Dr. K. Zweig).
  2. Gerade der Gebrauch von Analyse-Algorithmen setzt intensive Methodenkenntnisse voraus, gerade was die (subjektiven) Gewichtungen, Methodenvielfalt und die Ceteris-Paribus-Prämissen betrifft. Das Beurteilen von Such- und Empfehlungs-Algorithmen oder algorithmisch determinierten Daten-, Text- und Web Mining-Verfahren sowie Social-Media-Monitoring-Aktivitäten und deren nutzerrelevante Wirkungseffekte (z.B. YouTube-Recommandation-Algorithmus) sind aus methodischer und auch informationsverhaltenswissenschaftlicher Sicht zu schulen – nicht zuletzt, um die wissenschaftlichen Grenzen dieser Analysemethoden und deren begrenzte Aussagekraft kritisch zu hinterfragen. NLP- und Deep-Learning-Verfahren sind gut darin, Worthäufigkeiten in Texten zu ermitteln und zu prognostizieren und Prozesse der Bild- und Spracherkennung zu automatisieren. Aber Textdeutungen, Interpretationen, Sinnfindungen und historisch informierte Textdeutungen und Beurteilungen „auf Knopfdruck“ sind, wie S. Richter (Süddeutsche Zeitung, 23. April 2019) richtig feststellt, nicht machbar und sie können diese „ebenso wenig maschinell erzeugen wie zwischenmenschliche Erfahrungen und ausgewogene Urteile. Algorithmen für Einordnungsvermögen, ästhetischen Sinn und textsensible Deutung sind nicht in Aussicht.“
  3. Kritische Methodenkompetenz ist die wichtigste Voraussetzung, um das evidenzbasierte kritische Prüfen von Analyseverfahren zu ermöglichen und deren Schwächen offenzulegen. Dazu ist ein kritisches Beurteilen der mathematisch-statistischen und heuristischen Verfahrenstechniken geboten, um überhaupt evidenzbasierte Evaluationen von Informationen zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Qualifizierung im Umgang mit Risiken.
  4. Es gilt, an sauberes professionelles wissenschaftliches Arbeiten als Instrument eines kritisch-rationalen Wissenschaftsverständnis und an eine erweiterte „Information Literacy“ (nicht als Kompetenz zu verstehen, sondern als Teilelement einer Meta-Literacy: Information-, Media-, Digital-, Visual-, Computer-Literacy usw. – siehe Mozilla Foundation) heranzuführen. Der Influencer und YouTuber Rezo, der ein intensives Informations- und Belegverhalten vorführte, kann hier für die Zielgruppe der Generation Z mehr bewirken als jede bibliothekarische Rechercheschulung zum Thema „Informationskompetenz“.
  5. Informationskompetenz im Zeitalter des Cyberspace sollte zudem auf das Wissen um persönliche Datenschutz- und IT-Sicherheitsmaßnahmen und die Aufdeckung von Manipulationen bei Chatbots, Bildmanipulationen und Sprachassistenten-Software ausgerichtet sein, gut dargestellt am Beispiel von Google Duplex (https://www.youtube.com/watch?v=D5VN56jQMWM) und bei der Bildbearbeitung (https://www.youtube.com/watch?v=8flh3qMOgwY) zu Werbe- und politischen Zwecken.

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IV. Welche weiteren Aspekte des Themas? Warum diese? Was folgert daraus?
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Und noch einmal sechs Punkte:

  1. DIE Informationswissenschaft als „Ethik-Kommission“ für das Clustering von wahren und nicht wahren Informationen (Fake News) unter Verwendung eines generalistischen Begriffs der Informationskompetenz in Wissenschaftslandschaft und Gesellschaft zu positionieren, wäre unverantwortlich, arrogant, anmaßend und ein Fake. Vielleicht bringt die DGI noch ein Lügen- oder Fake-News-Barometer auf den Markt. Studien zum Nutzerverhalten zeigen: Fake-News sind immer ein Instrument und mit Doppelmoral verbunden (Effron-Studie 2017, London Business School). Überall.
  2. DIE Informationswissenschaft reklamiert für sich, die Informationsqualität – anscheinend für alle Informationsressourcen kontextfrei und fachlich unabhängig – bewerten zu können. So schreiben Sühl-Strohmenger und J.P. Barbian noch 2017 in ihrem Fachbuch „Informationskompetenz“ unter der Rubrik „Phänomenologie der Informationskompetenz (Wiesbaden 2017), was diese spezielle Kompetenz mit Anspruch auf Alleinstellung kennzeichnet: „(1) Seriosität von Quellen kennen; (2) Inhaltliche Relevanz, Zuverlässigkeit von Informationsressourcen erkennen; (3) Informationen systematisch festhalten können… ohne subjektive Wertung; (4) Glaubwürdigkeit der Information prüfen, bewerten, kritisch einordnen, die eigene Meinung deutlich kennzeichnen können; (5) Prüfung auf Schlüssigkeit und gesichertes Wissen sowie Vertrauenswürdigkeit der Fakten herstellen können; (6) Aufgeschlossenheit und Aufnahmebereitschaft von Expertenwissen beherrschen; (7) Informationen nach der Suche (Suche ohne Vorwissen?) strukturieren und in eine Wissensordnung bringen (Gliederung) können.“.

Was für hehre anscheinend domänenunabhängige und omnipotente Qualifikationsansprüche (an die Bachelor- und Masterstudierenden der Fachrichtung Informationswissenschaft/Bibliothekswissenschaft) kommen da zum Vorschein? Wenn dazu noch die gesamte „Recherchekompetenz plus Bewertungskompetenz plus Analysekompetenz plus Darstellungskompetenz“ samt Verifikationsfähigkeiten hinzukommen soll, dann hat dieses informationswissenschaftlich-bibliothekarische „Informationskompetenz“-Bündel nahezu galaktische Anforderungsdimensionen. Die hier versprochene Erwartung an die „Informationskompetenz“ als (Such-)Kompetenz, qualitativ adäquate Informationen und damit „Wissen“ zu finden und auch noch bewerten zu können, ohne entsprechendes (Vor-)Wissen zu haben und damit adäquate Suchanfragen zu formulieren, ist Unsinn.

  1. DIE Informationswissenschaft muss verkraften, dass ihre groß geredeten Bemühungen um Informationskompetenz mittlerweile leicht belächelt und als realitätsfern angesehen werden. Karsten Schuldt hat es schon vor einigen Jahren in seinem Blog auf den Punkt gebracht: „Die vorhandene Informationskompetenz bei den Studierenden und Lehrenden steigt gar nicht so sehr, wie man sich das erhoffte. Gleichzeitig ahnt man, dass sie vielleicht auch gar nicht so wichtig war, wie man sich als Bibliothekswesen das selber eingeredet hatte. Alle sagen was Nettes über die Bibliothek und deren Anstrengungen, alle rollen die Augen, wenn sie davon berichten, dass Studierende (oder zumindest die anderen Studierenden) „nur noch Google benutzen“ würden; aber so Recht scheint sich das auf die Noten der Studierenden oder auch die wissenschaftlichen Arbeiten nicht niederzuschlagen.“

Bringt es etwas, „Informationskompetenz“ zu besitzen? Dazu Schuldt: „Die Suchwerkzeuge sind heute gut genug, um sogar mit weniger Aufwand passende Informationen zu finden. Besser recherchieren zu können oder gar kritischer ist eine nicht notwendige Fähigkeit für das Bestehen des Studiums. Nicht, dass sie etwas schadet, aber sie bringt auch nichts für das Studium selber. (Warum? Höchstwahrscheinlich auch, weil es im Studium um etwas anderes geht als das richtige Recherchieren).“ Und weiter: „Solche Untersuchungen über die tatsächlich erfolgreich genutzten Informationen und Informationsstrategien von Studierenden und Forschenden (gerade auch erfolgreichen) fehlen einfach; dabei sollten sie die Basis von Debatten über Informationskompetenz sein, auch wenn das Ergebnis sein könnte, dass diese Formen der Informationsnutzung nichts mit Bibliotheken zu tun haben.“

  1. Der Wissenschaftswettbewerb als Publikationswettkampf zeigt zudem, dass es auf die vielbeschworene Informationskompetenz wohl nicht ankommt. Wechselseitiges kontextangepasstes Zitieren, der Nachweis vertrauenswürdiger Quellen statt das Finden der optimalen Informationen sind wichtiger (J. Lingel, D. Boyd 2013). Bei der Diskussion der „Informationskompetenz“ zeigt sich das ebenso: „Da immer wieder in Texten zur Informationskompetenz auf diese Grundthese – mehr Informationskompetenz ist notwendig – verwiesen wird und sich diese Texte gegenseitig zitieren, erscheint dies mehr und mehr als bewiesene oder zumindest selbsterklärende Aussage. Nur ist sie weder selbsterklärend noch bewiesen“ (K. Schuldt).
  2. Völlig verkümmert zeigt sich die deutschsprachige Forschung zum Informationsverhalten, was die fachübergreifende Befassung mit dem Nutzerverhalten und Umgang mit Informationen aus intentionaler Sicht angeht: Fake-News verbreiten sich 1000- bis 100.000-mal schneller und breiter als „wahre“ Informationen, sind also ansteckend (Contagion). Nutzer „lieben“ Fake News als persönliche Aufmerksamkeits- und Reichweitensteigerung und als Mittel der sozialen Integration und zum zwischenmenschlichen Zusammenhalt (Science 2018, 359, Seiten 1146-1151; PNAS 2014, 111, Seiten 8788-8790 etc.). Fake News sind für viele wie bei beruflichen Bewerbungen ein erlaubtes Instrument: „74% fanden Schummeleien zur Beförderung persönlicher Interessen harmlos“ (YouGov Juli2017, n=1000).

Es geht hier nicht um die Ethik von Falschinformationen, sondern welchen (wechselseitigen) Nutzen die Produzenten und Nutzer von solchen Fake News haben. „Fake Akzeptanz“ zur Selbstoptimierung und Beseitigung von physischen Defiziten und Unsicherheiten ist die alltägliche Erfahrung der Generation Z auf Instagram (Bildbearbeitung mit Photoshop) und damit etwas „Selbstverständliches“. Influencer faken wie verrückt und sind heute schon die neuen Informationsintermediäre.

Studien zeigen: Die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts ist für Ehrlichkeit, Anständigkeit und Offenheit nicht gemacht. Wer nie lügt, schadet sich selbst, seinen Kollegen – und seiner Karriere (Wirtschaftswoche, 7. Juni 2019, Seite 18). Ehrlichkeit zahlt sich nicht oft aus, ist eine verbreitete Ansicht (Dieselskandal VW; Facebook/Sandberg; Wissenschaftsbetrug: Jan Hendrik Schön, Hwang Woo-suk; Diederik Stapel usw.). Zu Fake News als Karriereinstrument und Geschäftsmodell heißt es: „Für unseren Beruf ist es entscheidend, die Kunst der Täuschung zu beherrschen“ (Wirtschaftswoche, 7. Juni 2019, Seite 24). Und weiter: „Die Washington Post unterzieht sich der Mühe, alle falschen oder irreführenden Behauptungen von Donald Trump seit Beginn seiner US-Präsidentschaft zu zählen. Ende April 2019 stand der Ticker bei 10.111 Falschaussagen – etwa zwölf pro Tag“ (Wirtschaftswoche, 7. Juni 2019, Seite 21).

Demokratie benötigt aufgeklärte und mündige Menschen, also kritisch-rational geschulte. Gäbe es sie, wäre dies das Ende überlegenen Expertentums und Anspruchs der Experten auf Wissens- und Wahrheitsautorität – auch in der Wissenschaft. Das ist die eigentliche Grundlage für die hier diskutierte Thematik der „Informationskompetenz“ im Zeitalter von Fake News. Nur ist diese dauerhafte Unsicherheit mit unsicherem Wissen für die meisten eine unerfreuliche Belastung und unerwünscht. Außerdem geht es um viel Geld etwa in der Forschung, wie das „Elisabeth Holmes“-Phänomen und die ständige Senkung von medizinischen Krankheitsgrenzwerten ohne evidenzbasierte Nachweisführung dramatisch vor Augen führen. Alles Fake.

  1. „Datenkompetenz“ hat der „Informationskompetenz“ in vielen Bereichen den Relevanzrang abgelaufen. Data Science ist angesagt und der MINT-Welt zugeordnet.
  2. Die strafrechtlichen Regelungen zur Verfolgung von Fake News bei Volksverhetzung, Beleidigung, übler Nachrede, Nötigung, Bedrohung, Falschaussagen und der Verwendung von Zeichen verfassungswidriger Organisationen sind ausreichend gesetzlich verankert. Ob sie immer angewandt werden oder wirksam werden (Netzwerkdurchsetzungsgesetz), ist eine andere Frage. Mit diesem Aspekt muss sich DIE Informationswissenschaft nicht beschäftigen. Ob allerdings automatisierte, computerlinguistisch ausgerichtete Algorithmen, wie häufig vollmundig versprochen, helfen, Fake News und Hasskommentare jederzeit zu erkennen, bleibt beim aktuellen Analyse- und Methodenstand zweifelhaft. Der eher pseudo-autoritäre Anspruch, Fake News mit Wortlisten und -häufigkeiten entlarven und Satire und justiziable Beleidigungen immer eindeutig differenzieren zu können, lässt die Gefahr aufkommen, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Die Folgen für die politische Willensbildung und Demokratie wären verheerend und kontraproduktiv. Es wäre ein Geschenk für die populistischen Organisationen („Man darf nicht mehr sagen, was man denkt“). DIE Informationswissenschaft mit ihrem linguistischen Kompetenzanspruch muss hier sehr aufpassen.

Überarbeitete Fassung eines Beitrages, der für das Projekt „Informationskompetenz und Demokratie“ erstellt wurde (Daphné Çetta, Joachim Griesbaum, Thomas Mandl, Elke Montanari). Die ursprüngliche Fassung ist enthalten in: Çetta, D., Griesbaum, J., Mandl, T., Montanari, E. (Hg). (2019). Positionspapiere: Informationskompetenz und Informationskompetenzvermittlung: Aktueller Stand und Perspektiven. Projekt: Zukunftsdiskurse : Informationskompetenz und Demokratie (IDE):  Bürger, Suchverfahren und Analyse-Algorithmen  in der politischen Meinungsbildung, Universität Hildesheim, http://informationskompetenz.blog.uni-hildesheim.de/files/2019/10/Projekt_Informationskompetenz_und_DemokratieKompilation_aller_Positionspapiere.pdf. Die Fragen, die den Beitrag strukturieren und entsprechend hervorgehoben werden, wurden von den Hildesheimer Forschern gestellt.

Internationale Nachrichten 

Springer pro nachhaltige
weltweite Entwicklung

A partnership between Springer Nature and The Association of Universities in the Netherlands and the Dutch Consortium of University Libraries and the National Library will provide data, insights and tools to advance knowledge about how academic research and open research is having a societal impact and accelerating the delivery of the United Nations’ Sustainable Development Goals. The first phase of data from this project is released.

Analyse komplexer Dokumente durch Maschinen. Innodata Inc. announced the launch of docAnalytics, a web-based document analytics platform that enables companies to seamlessly analyze and manage complex documents without the drudgery and expense of traditional human review. docAnalytics is built to work across multiple industries, including financial services, where complex, lengthy documents often require expensive and exhaustive expert review.

Mehr Supperreiche in Europa identifiziert.  Wealth-X announced another significant expansion of the company’s proprietary global database, identifying nearly 130,000 wealthy individuals in Europe, increasing coverage in that region by 350%. In an effort led by Wealth-X’s Data Strategy team, these new data assets include records on both very high net worth individuals, those with a net worth of between $5 and $30 million, and ultra high net worth individuals, those with a net worth of $30 million or more.

Für alle Stufen internationaler Schlichtung. Wolters Kluwer Legal & Regulatory U.S. announced the launch of Kluwer Arbitration Practice Plus (KAPP), a new module for Kluwer Arbitration that provides support throughout the different stages of the arbitration process. KAPP is an add-on module to Kluwer Arbitration, the research solution for international arbitration. Based on the most pressing and challenging issues in international arbitration, KAPP provides practical tools and actionable guidance for legal professionals.

Integration von Bonitäts- und Versicherungsdaten. Verisk, a data analytics provider, and Equifax Inc., a data, analytics, and technology provider, have entered into a strategic agreement to jointly develop the Inflection Insurance Score. Inflection is a new credit-based scoring solution that combines the robust credit data of Equifax with the insurance expertise and analytics of Verisk to help personal auto and property insurers enhance underwriting and improve growth and profitability.

Gewichtung der Autoren in einem Beitrag. Elsevier announced that it has expanded the „Contributor Roles Taxonomy“ (CRediT) approach to describing authorship. In a landscape of increasingly collaborative research and multi-authorship, standard author lists at the top of a paper don’t always adequately convey the diverse contributions of different individuals. Now when lead authors submit to a journal offering CRediT, they are asked to provide an accurate summary of the roles contributed by each author.

Vernetzung der Promis in ihren Communities.  Pressland announced a partnership with Showcase a new digital platform that helps brands, celebrities, artists, creators and producers connect more meaningfully with their communities. The companies will work together to build audience-engagement tools for news organizations, independent media and freelance journalists.

Quelle: Outsell

FIZ Karlsruhe  

zbMATH geht Open Access

zbMATH (Zentralblatt für Mathematik), der bislang entgeltpflichtige Informationsservice für die Mathematik, soll in eine Open-Access-Plattform umgewandelt werden. Deren Finanzierung hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) jetzt auf Basis einer Evaluation durch die Leibniz-Gemeinschaft beschlossen. 

Die Vision einer Global Digital Mathematics Library hatte die International Mathematical Union bereits 2014 formuliert: Eine kohärente und nachhaltige, offene Plattform, in der alle mathematikrelevanten Informationen und Daten zusammengeführt, umfassend erschlossen und unter einer einheitlichen Oberfläche entgeltfrei genutzt werden können. zbMATH Open soll nun der Nukleus dieser neuen Welt der Mathematik-Informationen werden. In mehreren Ausbaustufen werden künftig alle mathematikrelevanten Informationen und Informationsservices aus unterschiedlichsten Quellen eingebracht und erschlossen.

Ein wachsender Anteil mathematischer Publikationen ist heute Open Access verfügbar, beispielsweise über digitale Bibliotheken wie arXiv und EuDML. Auch Community-Plattformen wie MathOverflow spielen für die Erstellung und den Austausch wissenschaftlicher Informationen eine zunehmende Rolle. Mit ihnen hat sich zbMATH zuletzt sukzessive vernetzt.

zbMATH ist ein Informationsservice für Mathematiker aus Forschung und Lehre mit vernetzten Informationen zu mathematischen Themen, Autoren, Publikationen, Referenzen und Software. Er weist mathematische Publikationen seit dem Jahr 1868 in detaillierter Form nach und bietet Zugang zu mehr als 3,7 Millionen bibliografischen Referenzen aus der weltweiten Fachliteratur sowie zu mathematischer Software. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die mathematische Formelsuche. Autorenprofile bieten gesammelte Informationen zu Autoren und ihren Netzwerken sowie zu Journalen. Nutzer von zbMATH können damit Forschungstrends identifizieren und mathematische Forschung evaluieren.

Zusammengefasst und bewertet durch ein internationales Netzwerk von mehr als 7.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wird die wissenschaftliche Qualität der Artikel öffentlich transparent.  Weitere Informationen unter www.zbmath.org und www.fiz-karlsruhe.de.

6th International Conference
on Semantic Systems 

SEMANTiCS  

7.- 10. September 2020, SEMANTiCS – 6th International Conference on Semantic Systems, in Amsterdam. https://2020-eu.semantics.cc/ – Call für Papers: https://2020-eu.semantics.cc/calls – Key Topics:   

* Web Semantics & Linked (Open) Data

* Enterprise Knowledge Graphs, Graph Data Management and Deep Semantics

* Machine Learning & Deep Learning Techniques

* Semantic Information Management & Knowledge Integration

* Terminology, Thesaurus & Ontology Management

* Data Mining and Knowledge Discovery

* Reasoning, Rules and Policies

* Natural Language Processing

* Data Quality Management and Assurance

* Explainable Artificial Intelligence

* Semantics in Data Science

* Trust, Data Privacy, and Security with Semantic Technologies

* Economics of Data, Data Services and Data Ecosystems

-* Special Sub-Topic: Digital Humanities and Cultural Heritage

* Special Sub-Topic: LegalTech

* Special Sub-Topic: Blockchain and Semantics

With Research and Innovation Track – Posters and Demos Track – Industry and Use Case Track – Workshops and Tutorials.

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