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Open Password – Montag, den 9. März 2020

 

# 718

Wolfgang G. Stock – Informationswissenschaft – Festschrift – Isabelle Dorsch – Kaja Fietkiewicz – Aylin Ilhan – Christine Meschede – Tobias Siebenlist – Willi Bredemeier – Gerhard Reichmann – Karriereentscheidungen – Budgetentscheidungen – Evaluierung – Universität Graz – Betriebswirtschaftslehre – Ranking – Web of Science – Scopus – Google Scholar – Normal Science – Isabella Peters – Jasmin Schmitz – Katrin Weller – Stefanie Haustein – Violeta Trkulja – Bibliometrie – Mohamed Abdillah – Anneliese Volkmar – Informetrie – Zitationsanalyse – Information Retrieval – Wissensrepräsentation – Infomationswirtschaft – Informationelle Städte – Social Media – Online Marketing – E-Commerce – Gamification – Altmetrics – Cyber Security Cluster Bonn – Cyber Security Tech Summit Europe – Corona Virus – Dirk Backofen – EBSCO – Zepheira

Festschrift für Stock

Transfer informationswissenschaftlicher Thesen
in die Praxis dringender denn je

Selbst Google weit von Stocks Minimalanforderungen
an Retrievalsysteme entfernt

 

Von Willi Bredemeier

Dritter Teil

Open Password berichtete über die Verabschiedung von Wolfgang G. Stock aus aktiven Diensten im Rahmen eines „letzten Abendmahls“, darunter die Übergabe einer Festschrift zu Ehren des Düsseldorfer Informationswissenschaftlers („Die Verbreitung der Düsseldorfer Informationswissenschaft“, 22. Juli, #596 – „Die Düsseldorfer Informationswissenschaft lebt weiter“, 29. Juli, #600). Was noch aussteht, ist eine Rezension darüber, was die Festschrift der Informationswissenschaft und der Praxis gebracht hat. Wenn diese erfolgt, so geschieht dies im Wissen, dass in Festschriften auch andere legitime Ziele verfolgt werden können und die „protestantische Ethik“, nach der die Sache, nicht die Person im Vordergrund stehen sollte, hier weniger greift. Es gibt aber, das sei an dieser Stelle vorausgeschickt, durchaus mehrere wissenschaftliche Highlights mit praktischer Relevanz.

Isabelle Dorsch, Kaja Fietkiewicz, Aylin Ilhan, Christine Meschede, Tobias Siebenlist (Hrsg.), Facets of Wolf Stock – Festschrift zu Ehren von Wolfgang G. Stock, M.S., 2019.

Dirk Lewandowski, Suchmaschinenforschung in Anknüpfung an Wolf Stock: Ein Rückblick auf sieben Artikel aus Password 1999 – 2003

Dirk Lewandowski (Bild) publizierte etwa ein Jahrzehnt lang eine Kolumne über „Suchmaschinen“ in jeder Ausgabe von Password. Heute veröffentlicht er nach wie vor gelegentlich in Open Password. Als er sich von seiner Kolumne in Password verabschiedete, tat er dies mit der Frage, was er alles in Password falsch vorausgesehen hatte. Es war aus seiner Sicht eine Menge. Wenn Lewandowski nun abermals sieben Beiträge von Stock in Password zu Suchmaschinen, davon vier mit der Koautorin Mechtild Stock, liest, begibt er sich damit auf eine ähnliche Fehlersuche? Dazu Lewandowski: „Es zeigt sich, dass viele der damals angesprochenen Themen noch heute relevant sind, sich aber auch Besonderheiten zeigen, die nur aus dem damaligen Kontext erklärbar sind“ (Seite 71). Beispielsweise gab es um die Jahrtausendwende auch bei Stock „keine Hoffnung auf eine grundsätzliche Verbesserung der Suchmaschinen, wie sie ja in der Realität später eingetroffen ist“ (Seite 77).

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Die Vermittlungsleistungen der Stocks.
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Ein uneingeschränktes zeitloses Lob haben sich die Stocks allerdings mit ihren Vermittlungsleistungen beispielsweise durch die Verwendung vieler Screenshots verdient: „Die sieben Aufsätze sind allesamt in der Zeitschrift Password erschienen, einem Praktiker-Newsletter. Dies mag zuerst einmal ungewöhnlich erscheinen, wo doch Wissenschaftler ihre Aufsätze zuvörderst in wissenschaftlichen Zeitschriften publizieren sollen. Die Informationswissenschaft ist häufig dafür kritisiert worden, dass sie in ihrer Forschung zu wenig Bezug auf Praktikerfragen wirft und ihre Ergebnisse, so sie denn für die Praxis relevant sind, zu wenig an die Praktiker vermittelt (s. dazu beispielsweise die Kritik von Bredemeier (2010). Auf der anderen Seite wird von der Wissenschaft unter dem Schlagwort Third Mission immer stärker gefordert, ihren Nutzen über den direkten Bezug der Wissenschaft hinaus zu zeigen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Password-Serie geradezu vorbildlich: Sie vermittelt auf wissenschaftlichem Niveau und gleichzeitig für Nicht-Wissenschaftler verständlich, wie die damals noch relativ neuen Suchmaschinen funktionieren und zeigt, welche Stärken und Schwächen diese Suchwerkzeuge haben. Dies alles geschieht immer unter Rückgriff auf die klassischen Themen der Informationswissenschaft, so dass der fachliche Fokus stets gewahrt bleibt“ (Seite 71f.).

Der Autor kehrte auch in seinem Fazit noch einmal zu den Vermittlungsleistungen der Stocks zurück: „Die Password-Artikel zeigen neben allen inhaltlichen Aspekten aber noch eine weitere große Stärke: Sie bieten fundierte Analysen zu den damals aktuellen Themen und stellen damit eine große Vermittlungsleistung in die Praxis dar. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn sich auch heute Autoren finden ließen, die in dieser Tiefe aktuelle Trends aufgreifen und für die Zielgruppen der Informationspraktiker aufbereiten würden“ (Seite 83). Dem kann ich, der ich systematische Begründungen auch im außerwissenschaftlichen Bereich vorziehe und eine der wichtigsten Aufgaben von Open Password darin sehe, relevante Thesen, wo immer sie herkommen, in die Praxis zu transferieren, nur zustimmen.
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Eine historische Perspektive…

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Lewandowski bedauert, dass die Geschichte der Suchmaschinen bislang nicht geschrieben wurde, liefert aber in seinem Rückblick für alle, die die damaligen rapiden Entwicklungen mit ihren radikalen Konsequenzen miterlebt haben, einen faszinierenden historischen Beitrag. Das gilt umso mehr, als er auch die Wirkungen der Stockschen Beiträge auf spätere Arbeiten anderer Forscher, unter anderem auf die eigene Doktorarbeit, referiert. Längst hat sich Lewandowski seitdem als würdiger Nachfolger von Stock erwiesen, auch weil beide der Meinung sind, dass Forschung praxisrelevant sein sollte und beide Forscher in ihren politischen Forderungen anspruchsvoll blieben, Stock beispielsweise mit seinen Minimalanforderungen an Retrievalsysteme, Lewandowski mit seiner Forderung nach einer öffentlichen Finanzierung eines Offenen Web-Indexes. Zudem fällt es beiden Forschern leicht, Irrtümer im argumentativen Austausch einzuräumen.

Um die Jahrtausendwende gab es weder Wikipedia (gestartet 2011) noch Facebook (2004) noch Twitter (2006), weder den Universal Search noch den Knowledge Graphen. Dafür gab es eine große Anzahl von Suchmaschinen, die sich einen Wettbewerb besonders über die Zahl der gespeicherten Dokumente lieferten. Die Stocks testeten in ihren Beiträgen für Password eine Reihe von ihnen. Dabei scheuten sie sich nicht, deutliche Kritik anzubringen (zum Beispiel bei Yahoo: „Wo ist der rote Faden?“, Seite 78). Die Stocks waren auch mit die ersten Autoren, die die Überlegenheit von Google über andere Suchmaschinen ermittelten und thematisierten (Red.). Damals schrieben sie unter anderem: „Google besticht durch das Angebot intuitiv verstehbarer Suchbildschirme“ (Seite 80).

Damals zeichnete sich die Situation bei den Suchmaschinen durch viel Ausprobieren von neuen Funktionen aus: „Auch wenn die Auswahl der Suchmaschinen um die Jahrtausendwende erst einmal sehr groß war, so darf das nicht über die aus heutiger Sicht größtenteils katastrophal schlechten Suchergebnisse hinwegtäuschen. … Dass die Ergebnisse der Suchmaschinen damals von den Nutzern überhaupt akzeptiert wurden, lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass man immer noch fasziniert davon war, was überhaupt alles mit einer einfachen und kostenlosen Suche zu finden war. Es war damals keineswegs selbstverständlich, zu allen möglichen Themen etwas Relevantes finden zu können“ (Seite 73).

Auch war unklar, ob man mit Suchmaschinen aus einer ethischen Sicht Geld verdienen dürfe (hier kam von Stock ein eindeutiges „Ja“) und wie gegebenenfalls Einnahmen sicherzustellen seien. Diese Frage sollte bekanntlich gelöst werden (im Sinne von Stock) ebenso wie die Frage, ob sich die Fachinformationsanbieter für die kostenfreien Suchmaschinen öffnen sollten. Heute bringt Google den (Fachinformations-)Anbietern einen bedeutenden Teil ihres Traffics und verbringen viele Leute ihre Zeit mit Überlegungen, wie man die eigene Einrichtung im Ranking von Google besser positioniert (Suchmaschinenoptimierung).

Zudem griff Stock die Frage auf, warum die Suchmaschinen auf bibliothekarische und informationswissenschaftliche Traditionen und Erkenntnisse nicht zurückgriffen und stattdessen das Rad noch einmal erfanden. Also noch eine verpasste Chance für die Information Professionals?

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… und eine politische.
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Lewandowskis Artikel ist zugleich ein politischer, indem er immer wieder fragt, was die damaligen Erörterungen für die aktuellen Suchmaschinenlandschaft bedeuten und was in der Forschung und in der Praxis wünschenswert und notwendig wäre. Zum Beispiel: „Wir fragen gar nicht mehr, wie die Suchwerkzeuge eigentlich sein könnten, sondern sind fixiert auf Google und nehmen an, dass Google hinsichtlich der Suche alles kann“ (Seite 72).

Zu Stocks Minimalanforderungen an Retrievalsysteme merkt Lewandowski an: „Betrachtet man heutige Suchmaschinen…, zeigt sich, dass diese von den Stockschen Minimalanforderungen weit entfernt sind. Insbesondere Google ist seit langem für eine nur beschränkte Menge von erweiterten Suchfunktionen, die sich je nach Spezialsuche erheblich unterscheiden können, bekannt. Erschwerend kommt hinzu, dass einige dieser erweiterten Suchfunktionen in der Praxis nur eingeschränkt funktionieren. … (Stocks Liste) bietet einen klaren Anhaltspunkt dafür, was eine gute Suchfunktionalität wäre, während die Literatur in aller Regel Suchfunktionen aufzählt und beschreibt, ohne sie in den Kontext des eigentlich Wünschenswerten bzw. Erforderlichen zu stellen. Insofern ist Stocks Liste auch ein Beitrag zur umfassenden Qualitätsbewertung von Suchmaschinen …

Ein erneutes Lesen der Checkliste zeigt allerdings auch, welche Möglichkeiten zur differenzierten Recherche es eigentlich gibt, und wie wenig davon in den heutigen Suchmaschinen umgesetzt ist. Natürlich sind die Suchmaschinen einen anderen Weg gegangen, nämlich den, das Interesse der Nutzer aus sehr kurzen Suchanfragen durch die Anreicherung mit Kontextinformationen zu antizipieren. Während also der Aufwand auf der Seite der Nutzer erheblich reduziert wurde, geht dies zu Lasten der Kontrolle durch den Nutzer“ (Seite 76).

Lewandowski schreibt in seinem Fazit:

„Die in diesem Aufsatz beschriebenen Artikel zeigen für den Bereich der Suchmaschinen, was damals war und was hätte sein können – oder sogar, was heute noch oder heute wieder gute Ideen wären. Ich möchte hier nur zwei Beispiele nennen:

  • Die Verbindung von Web-Inhalten mit kostenpflichtigen Inhalten. Diese wird zugebenermaßen durch die immer größeren Datenmengen immer schwieriger, auch wenn es mit dem Aufbau eines Offenen Web Index … m.E. eine naheliegende Basis für Lösungen gäbe.
  • Die klassifikatorische Erschließung von Web-Inhalten, wofür heute ungleich bessere (automatisierte) Mittel zur Verfügung stehen als um die Jahrtausendwende“ (Seite 83).


Katrin Scheibe und Franziska Zimmer, „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ – Inhaltsanalyse der Social Media-Bilder von Professor Wolfgang G. Stock.
„Diese Studie ist die erste, die sich mit den Inhalten der Bilder von Wolfgang G. Stock beschäftigt“ (Seite 95). Die Ergebnisse sind wohl vor allem für Stock in seiner Rolle als Privatmann interessant.


Milos Jovanovic, Von Kartoo zu Fraunhofer – Meine kleine Reise mit und ohne Prof. Wolfgang G. Stock.
Der Beitrag hält das, was der Titel verspricht. Die sehr persönlichen und saloppen Anmerkungen von Jovanovic sind wohl zum Vergnügen des Autors und von Wolfgang G. Stock gedacht. Seine jetzige Arbeit an einem Fraunhofer-Institut nimmt der Verfasser „mit Spaß und Begeisterung“ wahr (Seite 99). Congratulations!

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