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Open Password – Freitag,

den 27. Oktober 2017

#273

Frankfurter Buchmesse – Frankreich – Disruption – Elisabeth Simon – Die Zeit – Donald Trump – Emmanuel Macron – AfD – Pegida – Diogenes-Verlag – Zukunft des Buches – Fachinformation – Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg – Arbeitskreis Informationsvermittlung – Leipziger Buchmesse – Kleine Verlage – Rafael Ball – ETH – Arne Krüger – Birgit Bauer – Silke Bromann – Tim Brouwer – Frankfurt Hbf – PwC Deutschland – Medien- und Unterhaltungsindustrie – Werner Ballhaus – Gaming-Industrie – Online-Werbung – Buchmarkt – Consumer Books – Lehrbücher – Mobiles Internet – Streaming Services – Breitbandausbau

 

Frankfurter Buchmesse – Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg

Die Wiederentdeckung Frankreichs

 

„Disruption“: Nicht auf Positionierung
des Kaninchens vor der Schlange beschränken

 

Wirtschaftlich erfolgreich, indem man
auf Vertrieb und Entlassungen verzichtet

Verlegerin Elisabeth Simon (l.) mit einer Ihrer Autorinnen (Anna Knoll r.)

Von Elisabeth Simon

Die Buchwelt jubilierte, als die Frankfurter Buchmesse von den höchsten politischen Funktionsträgern Deutschlands und Frankreichs eröffnet wurde – dies einmal mehr eine symbolische Bekräftigung, dass die früheren Todfeinde einander in Freundschaft verbunden sind, und zugleich eine tiefe Verneigung vor den historischen Leistungen des Kulturgutes Buch. Und DIE ZEIT feierte, „Frankreich schreibt wieder“. Schreibt Frankreich wieder oder wurde es von Deutschland wiederentdeckt?

Sicher, es gab vieles zu finden, da über hundert Verlage aus Frankreich vertreten waren, auch wenn diese zur Enttäuschung der frankophilen Besucher schon gegen 11 Uhr am Sonntag ihre Stände räumten. Aber die französischen Schätze wollten und sollten entdeckt werden, spiegelten sie doch mögliche tektonische Veränderungen in den Loyalitäten und Orientierungen der Deutschsprechenden wieder, die auf der politischen Ebene durch die Phönomene Brexit und Trump auf der angelsächsischen Seite und durch Präsident Macron auf der europäischen Seite zu kennzeichnen sind. Und ist Macron nicht der perfekte und für Europäer höchst schmeichelhafte Gegenentwurf zu Donald Trump, da sein Leben einem Bildungsroman gleicht und seine Politik Literatur werden könnte? War demnach der Jubel über Frankreich und die Wiederentdeckung französischen Esprits ein Zeichen dafür, dass die höchst einseitige Dominanz amerikanischer und auch britischer kultureller Produkte auf unseren Märkten demnächst relativiert wird und sich Mitteleuropa stärker auf sich rückbesinnt?

Auch war der Jubel willkommen, weil er die Auseinandersetzungen zwischen den AfD-Anhängern und ihren radikalen Gegnern vor allem an den Ständen mit weit rechts anzusiedelnder Literatur übertönten – dies ein Einbruch proletaroiden Pegida-Verhaltens in eine ansonsten smarte, gepflegt und gelegentlich kultiviert formulierende Managementwelt. Solches war gleichfalls eine Folge aktueller politischer Entwicklungen, hier zuletzt des Einzuges der „Alternative für Deutschland“ im Deutschen Bundestag. Andererseits mochte der Jubel auch ungerechtfertigt sein, insoweit er die Funktion hatte, die existenziellen Probleme der Branche zu überkleistern. Während ich die Aussagen des Diogenes-Verlegers zur Kenntnis nahm, dass die Umsätze der Buchverlage und Buchhandlungen in kürzester Zeit halbiert worden sind, und nach meinen Erfahrungen keiner mehr wie noch vor wenigen Jahr selbstgewiss zu behaupten wagt, dass das Buch eine gute Zukunft habe, beschlich mich beim Durchgang der Halle 4.2 leise Langeweile. Wo sind all die Innovationen und spektakulären Ereignisse hin, die Standard waren, als die Fachinformation noch der Entwicklung vorauseilte?

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Durch ostasiatische Kampfsportarten zum Information Brokering.
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Aber es gibt die Steilvorlagen. Diese beziehen sich auf eine herbeigesehnte Situation beim Fußball, da sie in vielen Fällen zum entscheidenden, nämlich dem Torerfolg führt. Die Veranstaltung, vom Arbeitskreis für Informationsvermittlung in Kooperation mit der Buchmesse organisiert, gab der reinen Bücherschau eine willkommene Ergänzung. Auch die Leipziger Buchmesse im Frühjahr wurde zu einem Erfolg, nicht nur, weil sie Bücher ausstellte, sondern weil sie unter dem Banner „Leipzig liest“ ein Lesefest wurde. Zusätzlich wird Leipzig mehr und mehr zu einem Playground für kleine Verleger, die sich eine Beteiligung an der Frankfurter Buchmesse mit einem Stand nicht leisten können und dennoch auf einen Austausch mit ihren Partnern und Lesern angewiesen sind.

Information, Gespräche und Networking – das wurde von der „Steilvorlagen“-Veranstaltung für die Zielgruppe der Information Professionals überzeugend geboten. Keynote-Speaker Rafael Ball von der ETH-Bibliothek in Zürich sprach von „Disruption“ und wies lebhaft und eindringlich auf die Unvorhersehbarkeit kommender Veränderungen hin. Seine Grundaussage „Aus der Erfahrung der Vergangenheit lässt sich nicht auf die Zukunft schließen“ möchte ich mir nur bedingt zu eigen machen. Wenn es zwischen Hamburg und Berlin kein Netz gibt, während solches auf dem türkischen Land selbstverständlich ist, wie Arne Krüger, Inhaber eines Startup aus Berlin, anführte, weiß man sehr wohl zweierlei, dass nämlich die Strukturen, die solches verhindern, ihre Bedeutung behalten werden, und zweitens, dass das Netz zwischen Berlin und Hamburg eingerichtet werden muss. Ähnliches könnte man zu der erforderlichen Regulierung der Internet-Konzerne sagen. Auch hilft es nicht viel, sich damit zufriedenzugeben, die Position des Kaninchens vor der Schlange zu beschwören und allenfalls die Bereitschaft zu empfehlen, allgemein für Veränderungen offen zu sein. Die Tatsache, dass Prognosen schwieriger geworden sind, enthebt uns nicht der Verantwortung, uns um konkrete Szenarien, was kommt, zu bemühen und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.

Ein erfolgreiches Geschäftsmodell als Informationsvermittlerin stellte Dipl.Ing. Bauer aus Österreich vor. Ihr Referat wurde in meiner Umgebung sehr freundlich bewertet. Dr. Silke Bromann wurde über ostasiatische Kampfsportarten zur Japan-Expertin und Informationsvermittlerin und hob die Bedeutung sprachlicher und kultureller Kenntnisse für das Brokering hervor. Der exzellente Vortrag von Arne Krüger war zugleich ein Echo auf die Pionierzeiten der Branche, auch wenn sie nicht von einem Information Professional oder einem Informationswissenschaftler, sondern von einem Informatiker kam. Diesmal ging es um organisatorische Innovationen und die hatten es bei dem Startup Krügers in sich. So kennt sein Unternehmen keine Entlassungen und es gibt auch keinen Vertrieb. Wirtschaftlich erfolgreich sein, indem man nur Gutes tut und die Wahrheit nicht in Verkaufsgesprächen dehnt? Das ist beinahe zu schön, um wahr zu sein, und scheint bei diesem Startup doch die Regel.

Krüger schilderte, wie ein sehr wichtiger Kunde die von Krügers Unternehmen erbrachten Leistungen auf einmal allgemein ausschrieb. Im Wettbewerb David gegen Goliath zog Krügers Unternehmen gegen den Marktführer den Kürzeren. Gegen großen bedeutenden Widerstand setzte Krüger durch, dass dem Marktführer alle Informationen gegeben hatte, die dieser für die Erfüllung seines neuen Auftrages gebrauchen konnte. Die Folge war, dass der Marktführer Kunde von Krügers Startup wurde. Mittlerweile ist auch der frühere Kunde mit anderen Aufträgen zu dem Startup zurückgekehrt.

Glücklicherweise wurden alle Vorträge von dem überaus geschickten Tim Brower in der Podiumsdiskussion zusammengeführt und, soweit nötig, auf eine praktische Ebene gehoben. Mein Fazit: Die „Steilvorlagen“ sind sehr notwendig. Mögen sie auf Dauer erhalten bleiben.

Eine Messe mit schönem Wetter und der Hof des Messezentrums füllte sich mit den Besuchern. Wir kennen ja die Preise fürs Messe-Catering, und noch ist unsere Branche nicht so weit, dass wir auf den Frankfurter Hauptbahnhof ausweichen müssten. Aber immerhin ist er ja ganz in der Nähe.

Entwicklung der deutschen
Medien- und Unterhaltungsindustrie

Zeitungen und Zeitschriften verlieren analog mehr als sie gewinnen

und werden bald

von der Gaming-Industrie überholt

Die digitalen Erträge der deutschen Medien- und Unterhaltungsindustrie könnten bis 2021 um jährlich 5,8 Prozent auf dann 36,7 Milliarden Euro steigen, wie der seit 2003 erscheinende „German Entertainment & Media Outlook“ von Price Waterhouse Coopers zeigt. (Password berichtet alljährlich darüber.) Dagegen stagnieren die analogen Erlöse. Dank des Booms bei App-basierten Spielen wird die Gaming-Industrie bald mehr Geld umsetzen als die Zeitschriftenbranche.  Damit würde der digitale Anteil an den Erlösen von 29% im Jahre 2012 auf 43 % im Jahr 2021 steigen. PwC-Experte Ballhaus sieht voraus: „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die digitalen Erlöse in der deutschen Medienbranche die analogen überholen.“

Sieht man vom Fernsehen und einigen Nischensegmenten ab, „ist kräftiges Wachstum in der deutschen Medien- und Unterhaltungsbranche fast nur noch digital möglich ist“, sagt Ballhaus. Zu den größten Gewinnern in den kommenden Jahren dürfte der Markt für Onlinewerbung zählen, für den PwC bis 2021 mit Erlösen von 8,7 Milliarden Euro rechnet – was einem jährlichen Plus von 5,6 Prozent entspricht. Onlinewerbung löst aller Voraussicht bald die Zeitungen (hinter Internetzugang, TV-Werbung und Büchern) als viertgrößtes Segment bezogen auf Werbe- und Kosumentenausgaben ab.

Auch innerhalb einzelner Segmente schreitet die Digitalisierung voran. So dürfte es sich in fünf Jahren bei gut jedem fünften (21,5 Prozent) in Deutschland verkauften Buch um ein E-Book handeln. Bei den Consumer Books wird der deutsche Markt dennoch weiterhin deutlich hinter dem globalen Markt zurückliegen. Stärkeres Wachstum zeigt sich im Schul- und Lehrbuch-Segment: Ausgehend von einem derzeit noch sehr geringen E-Book Anteil ist die breite Einführung von E-Books in den deutschen Schulen ab 2019 zu erwarten. Der Anteil des digitalen Absatzes im Schul- und Lehrbuchbereich von 4,3% (2016) wird bis 2021 bei rund 40% liegen.

Anders als bei Musik und Büchern könnten die Gewinne bei digitalen Zeitungen und Zeitschriften die Verluste im analogen Bereich nicht kompensieren.

Derzeit macht mobiles Internet gut zwei Drittel (67,6 Prozent) des gesamten Datenkonsums aus – bis 2021 könnte dieser Anteil auf 77 Prozent steigen. „Im Zuge dieser Entwicklung wird sich allerdings bald die Frage stellen, inwieweit die digitale Infrastruktur mit dem steigenden Datenverbrauch schritthalten kann“, warnt Ballhaus. So entfällt schon jetzt der größte Teil des Datenkonsums auf das – nicht nur mobile, sondern auch stationäre – Herunterladen und Streamen von Videos. „Bis 2021 könnte sich dieses Volumen nochmals fast verdreifachen“, sagt Ballhaus. „Entsprechend gilt es, den Breitbandausbau und darüber hinaus vor allem auch den Ausbau der neuen Mobilfunkgeneration 5G entschieden voranzutreiben.“

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