Open Password – Montag, den 11. Januar 2021
# 870
Neujahrswünsche – St. Lamberti – Münster – Open Password – Über den Tellerrand – Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg – Keynote – Library Essentials – Willi Bredemeier – Volker Stollorz – Bundesgesundheitsblatt – Science Media Center Germany – Wissenschaftsjournalismus – Systemrelevanz – Soziale Medien – Desinformationen -Expertenauswahl – Preprint – Erosion der freien Presse Forrester Research – BIIA – George Colony – Technological Push – Corona – Buyers – Sellers – CEOs – Markets – Rerouted Trust – Value Reset – Pressetext – Technological Push – Pandemie – Biometrie – Drohnen – 3D-Druck – Gesundheitstools – Oura-Ring – Roboter – Krankenhaus-Virenbefall – C-Mobilität – Autonome Autos – Komfortabilität
Gute Wünsche zum Neuen Jahr
von St. Lamberti in Münster
Lieber Gott und Herr!
Setze dem Überfluss Grenzen und lass die Grenzen überflüssig werden.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort und erinnere die Ehemänner an ihr Erstes.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung.
Schenke uns und unseren Freunden mehr Wahrheit und der Wahrheit mehr Freunde
.
Bessere solche Beamte, die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind, und lasse die, die rechtschaffen sind, auch recht schaffen.
Sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen, aber wenn Du es willst, noch nicht gleich.
Amen.
Neujahrsgebet des Pfarrers von St. Lamberti zu Münster (1864)
Neue Open-Password-Rubrik:
Über den Tellerrand
Lieber Password-Leser,
mit dieser Ausgabe beginnt eine neue Rubrik in Open Password. Sie trägt den Titel „Über den Tellerrand“ und verdankt der von mir miterfundenen Veranstaltungsreihe „Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg“ einiges. Als seinerzeit erstmalig die noch heute gültige Struktur dieser Veranstaltung skizziert wurde, führten wir einen Keynote-Speaker ein, der möglichst über den Tellerrand hochgradigen Spezialistentums hinausschauen und die Perspektive der Teilnehmer erweitern sollte. Damit sollte der Tendenz bei Fachzeitschriften ebenso wie bei Lesern entgegengewirkt werden, sich angesichts der über uns gekommenen Informationsflut auf immer enger definierte Fachfragen zu beschränken. Die in allen „Steilvorlagen“-Veranstaltungen durchgeführten Teilnehmerumfragen bestätigten ausnahmslos, dass auch diese Festlegung hochgradig akzeptiert wurde.
Die neue Rubrik ist eine kleine „Metazeitschrift“, da sie zentrale Thesen von Veröffentlichungen in anderen Publikationen wiedergibt und sich falls nötig publizistisch mit ihnen auseinandersetzt. Insoweit ist sie eine kleine Schwester etwa von „Library Essentials“. Der Bezug zur Informationsbranche ist gegeben, wird aber nicht als Korsett aufgefasst. Die Auswahl der Veröffentlichungen hängt weniger von ihrer Aktualität als von ihrer Originalität und ihrer Relevanz ab. Sie muss etwas enthalten, was ich so in einer anderen Veröffentlichung bislang nicht gefunden habe.
Ich empfehle Ihnen die gewählten Veröffentlichungen zur Lektüre, mindestens aber zur Kenntnisnahme. Womöglich sehen Sie meine Auswahl als hochgradig subjektiv an. Dafür dürfen Sie mir auch vorschlagen, was ich lesen soll.
Herzliche Grüße Ihr Willi Bredemeier
Über den Tellerrand (1)
Systemrelevanz für Journalisten!
Volker Stollorz, Herausforderungen für den Journalismus über Wissenschaft in der Coronaepidemie – Erste Beobachtungen zu einem Weltereignis, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, Volume 64, S. 70-76 (2021).
Der Redaktionsleiter des gemeinnützigen Science Media Center Germany folgt der Meinung, dass die Massenmedien die Corona-Krise mit einer ausschließlichen Orientierung an diesem Thema „zum konzentriertesten Weltereignis aller Zeiten“ gemacht haben. Dies geschah angesichts eines international historisch einmalig hohes Publikumsinteresse seitens der breiten Bevölkerung. Der Verfasser fordert: „Guter Journalismus über Wissenschaft und eine professionellere Beobachtung der Wissenschaften müssen künftig gestärkt werden, weil immer häufiger kollektive bindende Entscheidungen auf der Grundlage von Problembeschreibungen und Handlungsoptionen der Wissenschaft zu fällen sind.“ Damit kommt dem Wissenschaftsjournalisten angesichts seiner Vermittlungsfunktion zu Politik und Bürgern Systemrelevanz zu.
Zu Beginn der Pandemie war „in Deutschland der seriöse Journalismus … für viele Menschen in Angst zu einer Art Anker für die Informationssuche“ geworden. In den folgenden Phasen spielten jedoch „auch das Internet und soziale Medien eine wachsende Rolle (und zwar) bei der Verstärkung der Wahrnehmung von psychologischen Unsicherheiten… Soziale Medien sind letztlich deshalb so verlockend bei der Informationssuche, weil sie scheinbar bequemen und kostenlosen Zugang zu Informationen herstellen, während die indirekten „Kosten“ der Verwirrung durch die dort konsumierten Desinformationen von den Nutzern aber systematisch unterschätzt werden.“
Besondere Probleme ergeben sich für die Redaktionen bei der Auswahl wissenschaftlicher Experten, weil es ihnen schwerfällt, den bestmöglichen Forscher für eine Fragestellung zu identifizieren, weil sie die Eigeninteressen der Forscher beispielsweise auf Weiterförderung unterschätzen oder weil sie selbst um der „guten Story“ willen eine „instrumentelle Inszenierung“ von Experten betreiben, in der die wissenschaftliche Reputation von Experten allenfalls ein Faktor unter anderen ist.
Diese Probleme verschärfen sich noch, wenn Journalisten Preprints heranziehen. Stollorz bedauert, „dass die Coronaepidemie den Erosionsprozess der privatwirtschaftlich organisierten freien Presse beschleunigen dürfte.“
Forrester Research
„Digital or Die“ Time for Companies
After Corona Ushering in the Roaring Twenties
(BIIA) George Colony, CEO of Forrester Research and Member of BIIA, predicts that the coronavirus pandemic begins to lift in 2021. He comments that several factors are going to speed up:
- There will be more tech —a lot more. More digital experiences; more virtual experiences; more social networks; more apps. From now on, tech will pervade our schools, our social lives, our family lives, our civic lives, and, of course, our business lives. Forty percent of large US companies will increase tech spending in 2021, with only 20% decreasing spending.
- Changed buyers.Three years of consumer behavior change has been squeezed into one year. Consumers are now: demanding online experiences; happily,virtual; wanting digital financial services; wanting digital healthcare; wanting seamless easy retail; wanting everything at the click of a button. What about B2B buyers? Same goes. The delta between B2C buyers and B2B buyers has collapsed during the pandemic. It’s all about speed, convenience, and remote, whether the buyer is acquiring a Peloton or a rail car of paint.
- Changed sellers. I have a simple definition of digital: “If a customer can do significant work with you without talking to a human being, you are digital.” Have you ever talked to someone from Amazon? How about Tripadvisor? It’s “digital or die” time for companies.
- Changed leaders.The pandemic forced CEOs into a “digital woke” posture —and the smart ones have moved tech projects from back to front burner. The chief information officer ranks still hold many security/cost/control-centered executives who think internal and not about the ultimate customer. The pandemic will usher a number of them into retirement, to be replaced by tech executives who talk and walk customer obsession.
- Changed markets. The pandemic has made the tech ogres —Amazon, Apple, Facebook, Google, and Microsoft —more powerful. But two factors threaten them post-pandemic. The first will be serious antitrust challenges coming from a Biden Justice Department that will focus on market structure (preventing the squashing and acquisition of competitors), not price, as the primary monopoly gauge. The second challenge will come from companies that want to sell direct to their customers (bypassing Amazon), take back control of their advertising budgets (bypassing Google and Facebook),and become digital ogres unto themselves. So new players approach.
- Rerouted trust.The conventional wisdom says that customer trust is dropping. Not true —it’s not dissipating; it is being rechanneled away from big, traditional institutions toward smaller companies, startups, peers, and friends. Check out thisblog postandForrester reporton trust for more (precis if you are not a client).
- A values reset.There will be a renewed focus on families, relationships, and community. This will have two impacts: 1) Employees will focus more on work/life balance and less on careers and 2) people will shift from buying things to buying experiences. The former will move companies to change how they find and build talent. The latter will stimulate the travel business and potentially suppress retail sales.The Roaring ’20s followed the pandemic of 1918/1919. The Big Acceleration, shifting society to digital, virtual, and experiences, could usher in the Roaring 2020s, a period of fast growth and dynamism.
Rückblick 2020
Mit KI gegen die Pandemie
Künstlicher Denker – hilfreich auch in COVID-Tagen
(Pressetext) Biometrie, Künstliche Intelligenz (KI), Drohnen und 3D-Druck: Die COVID-19-Pandemie hat 2020 auch die Hightech-Welt auf vielfältige Art erfasst. Denn wie Forscher und Unternehmen gezeigt haben, können clevere Lösungen auf Basis dieser und anderer Technologien helfen, die aktuelle Krise zu bewältigen. Leider hat die Seuche aber auch unterstrichen, wie unsicher gerade Kommunikations-Tools oft sind. Trotz Lockdown-Stillstand hat sich gerade die Mobilität weiter in Richtung elektrischer und autonomer Fahrzeuge bewegt.
Gesundheit im Fokus. Anfang des Jahres war die Welt noch in Ordnung, als auf der CES Neuheiten wie E-Bikes von Segway, Robo-Katzen für daheim und Restaurants oder leistungsfähige Kameradrohnen sowie Konzepte wie Dells Gaming-Portable „Concept UFO“ präsentiert wurden. Das Thema Gesundheit fand am ehesten in Form von Fitnesstrackern, cleveren Hilfsmitteln wie der lippenlesenden Hörhilfe „Orcam Hear“ oder Vitaldaten sammelnden Wearables wie dem Oura Ring Beachtung – doch dann kam die Pandemie.
Der Oura Ring selbst erhielt daher neue Aufmerksamkeit, da verschiedene Wissenschaftler die Idee hatten, eine Analyse der Daten zur Früherkennung von Coronavirus-Infektionen vor dem Auftreten von Symptomen zu nutzen. Generell befassten sich Forscher damit, wie KI anhand welcher Daten mögliche Erkrankungen erkennen können. Neben Wärmebildern, die eine erhöhte Temperatur verraten können, steht dabei auch der charakteristische Klang einer Erkrankung im Blickpunkt, beispielsweise bei einer „Hustenkamera“ des südkoreanischen KAIST.
Roboter im COVID-Kampf. Das kanadische Unternehmen Draganfly verfolgte gar die Idee, mittels Pandemie-Drohne an öffentlichen Orten nach potenziell Infizierten Ausschau zu halten. In einer Reihe von Ländern kamen indes Sprühdrohnen zur Desinfektion im Freien zum Einsatz, während die Neuentwicklung „Aertos 120-UVC“ mittels UV-Licht für Hygiene in Innenräumen sorgen soll. Auch nicht-fliegende Roboter kamen zum Einsatz, unter anderem für kontaktlose Diagnostik, wie bei einem Nasenabstrich-Roboter des Korea Institute of Machinery & Materials oder einem System des Massachusetts Institute of Technology.
Weitere Ansätze, mit modernster Technologie gegen die Pandemie vorzugehen, umfassten einen Graphen-basierten COVID-Schnelltest des California Institute of Technology; ein KI-System des Drohnen-Spezialisten Aerialtronics, das anhand der Bilder existierender IP-Kameras erkennen kann, ob Menschen auch wirklich Masken tragen, und einen Plasmastrahl-Stab, um speziell Textilien wie Kleidung oder Sitzbezüge trocken zu desinfizieren. Britische Forscher wiederum betonten, wie wertvoll quelloffene Hardware ist, da das Ersatzteile für kritische medizinische Ausrüstung wie Beatmungsgeräte aus dem 3D-Drucker ermöglicht.
Krankenhaus-Virenbefall. Das neuartige Coronavirus ist auch am Cyber-Untergrund nicht spurlos vorübergegangen. Immerhin ist die Pandemie als das Thema des Jahres auch ein blendender Aufhänger für Betrugsmaschen wie vorgebliche COVID-Apps. Zudem haben manche Cyber-Kriminelle Einrichtungen des stark belasteten Gesundheitswesens als lohnendes Ziel für Ransomware-Angriffe ausgemacht. Eben diese waren 2020 ohnehin wieder ein echter Renner – mit Folgen vom zeitweiligem Stillstand am brasilianischen Höchstgericht bis zum Bier-Engpass nach dem australischen COVID-19-Lockdown.
Mit Sicherheitsmängeln hatten auch angesichts von Pandemie und Lockdown boomende Videokonferenz-Lösungen für Remote-Meetings und -unterricht zu kämpfen. So konnte im Frühjahr ein Dialer 100 unzureichend geschützte Zoom-Meetings pro Stunde finden. Auch andere Kommunikationswege zeigten Mängel. So plaudern mobile Messenger wie WhatsApp oder Signal allzu leicht diverse Nutzerdaten aus, während Forscher an der Ruhr-Universität Bochum nachwiesen, dass digital signierte PDFs unbemerkt manipulierbar sind.
Vollgas für Elektroautos. Wenngleich in diversen Lockdowns viele Autos zeitweilig stehen blieben, hat sich in Sachen E-Mobilität viel bewegt. So hat die Nikola Corporation einen Pick-up mit Wasserstoff-Akku-Hybridantrieb angekündigt, der an die 1.000 Kilometer Reichweite verspricht und die Luxusmarke Bentley will innerhalb eines Jahrzehnts rein elektrisch werden. Forscher an der Universität Stanford wiederum arbeiten daran, Auto-Akkus einfach während der Fahrt kabellos zu laden.
Neben der Abkehr vom Verbrennungsmotor blieben auch autonome Fahrzeuge ein großes Thema. Um diese sicherer zu machen, haben Forscher unter anderem Kameras, die um die Ecke sehen sowie Radar für Durchblick bei dichtem Nebel entwickelt. Die TU Delft wiederum arbeitet daran, dass autonome Autos ein wenig menschlich-riskanter statt robotisch-präzise fahren. Das verspreche mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung. Dieser Gedanke ist einer Studie des Insurance Institute for Highway Safety zufolge zwar richtig – dürfte allerdings zulasten möglicher Vorteile in Sachen Verkehrssicherheit gehen.
Viele bequeme Lösungen. Letztlich geht es bei menschlich fahrenden Robo-Autos um Bequemlichkeit. So setzte Opera auf eine einfachere Verwaltung dutzender Tabs als Innovation, um sich seine Nische im Browser-Markt zu erhalten. Forscher der Universität des Saarlandes indes arbeiten daran, normale Kleidung intelligent zu machen, weil die einfach angenehmer sitzt als bisherige E-Textilien. Der „SlothBot“ wiederum versteht Bequemlichkeit quasi als Konstruktionsprinzip – er hängt wie ein Faultier einfach nur rum und beobachtet so energiesparend die Umwelt.
Mehr Bequemlichkeit für Nutzer bringen übrigens auch diverse Assistenztechnologien, wobei es nicht gleich Pflegeroboter sein müssen. Also machen Medizintechnik und Bionik auch abseits von COVID-19 laufend Fortschritte. So hat Cure Bionics eine bionische Hand entwickelt, die einfach mit der auch in ärmeren Ländern leicht verfügbaren Solarenergie läuft; der Rucksack-Roboter „GyBAR“ soll Menschen mit Bewegungseinschränkungen helfen, Stürze zu vermeiden; und ein Exosuit der Universität Harvard verspricht Schlaganfall-Patienten, wieder normal gehen zu können.
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