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Open Password – Donnerstag, den
22. August 2019

# 614

 

Google – EU-Kommission – Auktionsverfahren – SUMA – UB ETH Zürich – Jahresberichte – Digitalisierung – Citizen Science – Datenmanagement – Open Innovation – ETH Library Lab – Book a Librarian – Stephan Büttner – Informationswissenschaft – Digitale Transformation – Simon Verlag für Bibliothekswissen – Willi Bredemeier – Alleinstellungsmerkmale – Bibliotheken – Archive – Museen – Transfer – Crowdsourcing – Ursula Georgy – Open Innovation – Intrinsische Motivation – Crowd – Mobile Crowdsourcing – Öffentliche Verwaltung – Kommunalverwaltungen – Soziale Medien – Fake News – Hermann Rösch – Privacy Paradox – Privatheitskompetenz – Qualitätsstandards – Claas Relotius – Offenheit – Transparenz – Sunlight Foundation – Open Data – Tobias Siebenlist – Agnes Mainka – Aylin Ilhan – Citizen Relation Management – 311 – New York – Köln – Mühen der Straße

Briefe

Die Marginalisierung
kleiner Suchmaschinen durch Google

Vielleicht haben Sie es schon gelesen: Google ist von der EU-Kommission zum wiederholten Mal gerügt worden, seine Monopolstellung zu missbrauchen. Es wurde kritisiert, dass Android keine Auswahl alternativer Suchmaschinen zulässt und Google damit zum Standard erhoben wird. Auf diese Schelte reagiert Google nun mit dem Vorschlag, in einem Auktionsverfahren drei Suchmaschinen zu ermitteln, die im zweiten Schritt mit Google kostenpflichtig in zufälliger Reihenfolge als Standardsuchmaschine ausgewählt werden können.

Google teilt den Kuchen – und macht ein Geschäft. Damit macht Google aus der Not eine Tugend und aus einer Schelte ein Geschäftsmodell. Den Vorschlag Googles empfinden wir daher als Unverschämtheit. Wir bemängeln, dass dem Monopolisten auf legale Weise Gelegenheit gegeben wird, seine Marktmacht durch die finanziellen Mehreinnahmen zu zementieren. Für Google ist der Betrieb der Suchmaschine immer noch ein Milliardengeschäft, dementsprechend gering ist die Bereitschaft, die Infrastruktur ohne Ausgleichszahlung zur Verfügung zu stellen. Auf diese Unwilligkeit hätte die EU-Kommission konsequenter reagieren müssen. Die Marktmacht Googles wird durch die Anerkennung des Vorschlags jedenfalls nicht im mindesten in Frage gestellt oder auch nur abgemildert.

Und wir? Insbesondere kleine Suchmaschinen wie MetaGer werden es sich nicht leisten können, entsprechend hoch zu bieten. Dazu kommt, dass der tatsächlich gezahlte Betrag von den generierten Nutzern abhängt; und niemand kann zurzeit sagen, wie viele das sein werden. Für Suchmaschinen, die nicht durch einen Nutzerzuwachs automatisch mehr Einnahmen generieren – etwa solche, die durch Spenden finanziert werden –, macht das angewandte Preismodell keinen Sinn. Das Risiko dieser unvorhersehbaren Kosten können wir als nichtkommerzieller Verein nicht auffangen.

Aufgrund unserer finanziellen Ausstattung ist es daher unwahrscheinlich, zu den Gewinnersuchmaschinen zu gehören, sodass sich in der Liste letztlich die üblichen Verdächtigen finden werden. Eine Ermöglichung echter Alternativen sieht anders aus. Gerade weil kleine, alternative Suchmaschinen von dem Verfahren nicht profitieren, sondern im Gegenteil marginalisiert werden, schließen wir uns der Forderung Ecosias und Qwants an, dieses unfaire Verfahren zu boykottieren. Wir hoffen, dass sich andere Suchmaschinen dem Boykott noch anschließen.

Wir machen mit – beim Boykott! Im Übrigen: Dieser Boykott ist keine schlichte Verweigerung. Käme die Auktion nicht zustande, würden die freien Plätze per Zufallsprinzip unter den angemeldeten Suchmaschinen ausgelost. Und genau das wäre das Prinzip, das aus unserer Sicht sinnvoll wäre und von der EU-Kommission von vornherein hätte angestrebt werden müssen.

Herzliche Grüße, Ihr Team SUMA-EV / MetaGer, Hannover 

UB ETH Zürich

 „Eine neue Symbiose zwischen
Wissenschaft und Bibliothek“

 

Ausbau der Bürgerwissenschaft,
Beginn der Audioangebote,
Open Science für ambitionierte Projekte

Open Password hatte den Jahresbericht der Bibliothek 2017 der ETH Zürich rezensiert und die Möglichkeit erörtert, die ETH-Berichte als Benchmark für die Jahresberichte anderer deutschsprachiger Universitätsbibliotheken anzusehen. Beim „Outline Jahresbericht 2018 ETH-Bibliothek“ haben wir uns damit begnügt, die sechsseitige Zusammenfassung zu lesen. Dabei fielen uns mehrere Dinge besonders auf:

Vision. Der Bericht behauptet, dass Wissenschaft und Bibliothek eine neue Symbiose bilden und dabei die Wertschöpfungskette des Wissens neu geformt wird.

Digitalisierung. Die „mit der Strategie 2015 – 2020 für die Sammlungen und Archive beschlossene digitale Transformation der Informations-, Wissens- und Kunstschätze mündete 2018 … in der Freischaltung von drei digitalisierten naturwissenschaftlichen Sammlungen in neuer oder verbesserter Form: der „Xylothek“ auf der Bilderplattform e-Pics, der Erdwissenschaftliche Sammlung der ETH als wissenschaftliche Datenbank nun auch mit Bildern sowie der Zürcher Herbarien mit einer beträchtlichen Anzahl neuer Metadaten und Scans der Objekte.“ Insgesamt wurden 1,6 Millionen Seiten digitalisiert.

Citizen Science. Für das E-Pics-Bildarchiv haben tausend Freiwillige geholfen, Bildinhalte zu entschlüsseln und zu beschreiben. Der Erfolg des Crowdsourcing soll sich fortsetzen bei der Georeferenzierung von Fotos auf der Plattform sMapshot, bei der Transkription handschriftlicher Quellen auf e-manuscripta und bei der öffentlichen Provenienzforschung für Es meis libris. „Wer möchte, kann mitmachen.“

Services entwickeln. Für die Plattform erara.ch, für die „Schweizer Bibliotheken Druckwerke vom 15. bis 20. Jahrhundert bereitstellen, wurden insgesamt 11.000 in Antiqua- und Frakturschrift gesetzte Bücher automatisiert im Volltext erschlossen und dazu neue Recherchefunktionen entwickelt. Auf Explora, der Storytelling-Plattform und Erlebniswelt der ETH-Bibliothek, wurde im Berichtsjahr mit der Vertonung der offerierten Wissenschaftsgeschichten begonnen.“

Daten managen. „Die Gruppe Forschungsdatenmanagement und digitaler Datenerhalt bietet den ETH-Angehörigen seit 2018 an, die Entwicklung von Datenmanagementplänen durchzusehen.“ Wissen verbreiten. Es wurden 1.000 Lizenzen mit einem Volumen von 36 Millionen Schweizer Franken betreut und Open-Access-Verträge mit großen und kleinen Verlagen ausgehandelt.

Innovationen fördern. „Um Anregungen, Ideen, Perspektiven und Meinungen der Wissenschaftscommunity für die Entwicklungsarbeit zu gewinnen, wurde von Oktober 2018 bis März 2019 eine Open-Innovation-Kampagne mit vier Ideenwettbewerben unter den Überschriften „Data Challenge“, „Research Collection“, „Student Challenge“ und „Werbemittel mit Mehrwert“ durchgeführt.“ Mit der Einrichtung des multidisziplinären ETH Library Lab werden „ambitionierte Ideen zur Entwicklung neuer Produkte und Services für den Umgang mit wissenschaftlicher Information“ gefördert.

Wissen weitergeben. 3121Personen erwarben in 119 Schulungen Recherche- und Informationskompetenz. Mit „Book a Librarian“ wird eine persönliche Beratung angeboten.

Stephan Büttner

Bürger und Kunden als Mitgestalter
von Bibliotheken und Kommunal-verwaltungen

 

„Privacy Paradox“ und „Fake News“ in Qualitätsmedien

 

Stephan Büttner (Hrsg.), Die digitale Transformation in Institutionen des kulturellen Gedächtnisses – Antworten aus der Informationswissenschaft, Simon Verlag für Bibliothekswissen, Berlin 2019.

Von Willi Bredemeier

Dritter Teil

Informationswissenschaft und Digitale Transformation könnten fast als Synonyme gelesen werden, wenn es nur die anderen Disziplinen, die sich gleichfalls in diesem Bereich engagieren, nicht gäbe. Informationswissenschaftler und ihre Disziplin können sich gleichwohl erfolgreich neu erfinden und re-etablieren, indem sie sich ihrer Alleinstellungsmerkmale und damit der Institutionen der Bibliotheken, Archive, Museen und verwandter Einrichtungen annehmen und indem sie brisante oder bislang vernachlässigter Fragestellungen in der Digitalen Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft erörtern und dabei in ihren Inhalten, aber auch in ihrem Transfer für eine breitere Öffentlichkeit besser als ihre wissenschaftlichen Konkurrenten sind.

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Einbringen von Wissen, Freude an der Aufgabe, Freude an der Problemlösung – alles durch Crowdsourcing.

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Ursula Georgy beschreitet in „Möglichkeiten des Crowdsourcing in Bibliotheken durch Digitalisierung“ den ersten Weg, indem sie die in der Privatwirtschaft entwickelte Möglichkeit, die „Weisheit der Menge“ für ihre Zwecke zu nutzen, für den Bereich der Bibliotheken zu transferieren sucht. Unter den bestehenden Möglichkeiten (Crowdwisdom, worunter auch Crowdsourcing fällt – Crowdcreation – Crowdfunding und Crowdvoting/-testing) beschränkt sie sich auf die Möglichkeit des Crowdsourcing.

Generell bestehen für alle diese Formen große Potenziale, zumal in Studien ermittelt wurde, dass „10 – 40 Prozent der Kunden eines Unternehmens bereit sind, sich an Open-Innovation-Projekten zu beteiligen“ (dies weitgehend aus intrinsischer Motivation oder aus Spaß an der Freude). (96) Entsprechend muss es bei der „Entlohnung“ der Crowdworker „primär um das Einbringen von Wissen, die Freude an der Aufgabe, die Freude an der Problemlösung oder den Wettbewerb mit anderen gehen“ (104). Anders als in der Privatwirtschaft, wo Crowdsourcing zum Abbau von Personal führt, dürfte dieses Instrument in Bibliotheken eher zu einer Unterstützung der Mitarbeiter führen, also zum Vollzug von Arbeiten, die sonst unterblieben.

Georgy definiert an allgemeinen Prinzipien: „Es handelt sich um die freiwillige Arbeit – und zwar von allen Mitgliedern der Crowd.“ – „Das Internet ist eine zentrale Voraussetzung, denn traditionelles Freiwilligenengagement und auch Outsourcing sind nicht neu.“ – „Mitglieder der Crowd erledigen die Tätigkeiten im Allgemein asynchron und dezentral über ihre eigenen Rechner bzw. mobilen Endgeräte.“ – „Mit der Beteiligung an einem Crowdsourcing-Aufruf geht ein Crowdworker keine längere Verpflichtung ein.“ – „Üblicherweise ist die Beteiligung an Crowdsourcing-Projekten an keine speziellen Kenntnisse oder Kompetenzen gebunden“ (98).

Sodann identifiziert sie „vier Faktoren für ein erfolgreiches Crowdsourcing“: „eine eindeutig und klar formulierte und definierte Forschungsanfrage und Richtung innerhalb der Geisteswissenschaften – das Potenzial für eine Online-Gruppe, Daten hinzuzufügen, zu transformieren oder zu interpretieren, die für die Geisteswissenschaften relevant sind – eine definierte Aufgabe, die in realisierbare Arbeitsabläufe heruntergebrochen wird – ein Setting von skalierbaren Aufgaben, die dann im Rahmen unterschiedlicher Level an Beteiligung erledigt werden können“ (98).

Allerdings hat auch der Idealismus der Crowdarbeiter Grenzen, da nach Hedges und Dunn 2012 die „90:9:1“-Regel gilt: „90% der Crowdworker sind passiv, d.h. sie lesen und beobachten, beteiligen sich aber nicht aktiv.“ – „9% der Crowdworker beteiligen sich von Zeit zu Zeit, ihre Prioritäten liegen jedoch nicht auf dem Aufruf.“ – „1% der Crowdworker beteiligen sich stark aktiv und sind für die meisten der eingegangenen Lösungen verantwortlich“ (104).

Hedges und Dunn listen auch auf, welche Arbeiten die „Ehrenamtlichen“ übernehmen sollten: „Kollaboratives Tagging zur inhaltlichen Beschreibung von Quellen und Ressourcen – Verlinkung von Quellen und Ressourcen – Korrektur von Texten – Transkribierung von Texten – Aufnahme und Erstellung von Daten und Informationen – Kommentierung und Einfügung kritischer Anmerkungen – Kategorisierung – Katalogisierung – Kontextualisierung – Kartierung – Georefernzierung und Übersetzung“ (101).

Die Verfasserin sieht einen Trend zum „Mobile Crowdsourcing“ voraus, der eine Weiterleitung erhobener Daten in Echtzeit ermöglichen würde.

Die Crowdworking-Konzept kommt den herrschenden Philosophien zur Zukunft der Bibliotheken entgegen, die die Partizipation der Nutzer in den Mittelpunkt rücken, was den Bibliotheken leichter machen müsste, die Crowd zu nutzen, ihre Sammlungen für die breite Öffentlichkeit online zu stellen und recherchierbar zu machen (95). Ich hätte gern mehr darüber erfahren, inwieweit Frau Georgys Beitrag ein originärer Transfer ist oder welche Crowd-Experimente es bereits in deutschsprachigen Bibliotheken gibt und inwieweit Elemente des Crowdworking-Konzeptes an die besonderen Bedingungen der Bibliotheken in Mitteleuropa angepasst werden sollten.

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 Soziale Medien und Fake News: Die Dabatte geht weiter.

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Weitere Autoren des Sammelbandes haben den Bereich der Bibliotheken und weiterer angestammter Organisationen verlassen und sich aktuellen gesellschaftlichen Problemen im Zusammenhang mit der Digitalisierung sowie der Digitalisierung in der gesamten öffentlichen Verwaltung bzw. den Kommunalverwaltungen zugewandt. Ich gehe auf die Beiträge von Rösch sowie von Zimmer und anderen nur in Kürze ein, weil die Themen „Soziale Medien“ und „Fake News“ auch in der „Zukunft der Informationswissenschaft“ bzw. in Open Password behandelt werden. Die Debatten werden hier sicherlich weiter gehen.

Hermann Rösch stimme ich in der Erkenntnis der Gefahr zu, dass die Kommunikationsfreiheit in den Sozialen Medien in Enthemmung umschlägt („Soziale Netzwerke und Ethik. Problemdiagnose und Schlussfolgerungen“). Mit dem „Privacy Paradox“ thematisiert Rösch, dass Bürger in Interviews den Datenschutz zwar hochhalten, gleichzeitig aber selbst „Nutzer mit höherer Privatheitskompetenz keineswegs ein signifikant anderes Verhalten im Hinblick auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten zeigen“ (200). Als Erklärungen bietet Rösch eine Unterschätzung der negativen Folgen eines unbekümmerten Umgangs mit den eigenen Daten oder eine Resignation an, weil jeder Versuch sich „zu wehren, aufgrund der Marktmacht der Betreiber Sozialer Netzwerke zum Scheitern verurteilt sei“ (200). Hier frage ich mich, ob ein „Privacy Paradox“ existiert, wenn die Bürger in Interviews politisch korrekt antworten und ob man die mit ihrem Handeln bekundeten Präferenzen der Nutzer ernster nehmen sollte, solange nur die Werbefuzzys und nicht der türkische Nachrichtendienst unsere Daten mit einreisenden Touristen abgleichen.

Franziska Zimmer und andere urteilen in „Fake News im Zeitalter der Social Media“: „Es ist beunruhigend zu sehen, dass sogar vertrauenswürdige Zeitschriften wie die TIME, WSJ oder The Guardian selbst-fabrizierte Geschichten veröffentlichen, die nicht auf Fakten gestützt sind“ (225). In der Tat sollten wir uns nicht damit begnügen, Personen, Institutionen und Publikationen anzuprangern, deren Vertrauenswürdigkeit offensichtlich nicht gegeben ist. Vielmehr geht es darum, den Menschen, Einrichtungen und Veröffentlichungen, denen wir noch am ehesten vertrauen möchten, weitere Qualitätsstandards und -kontrollen nahezulegen. Hier vermisse ich auch nach dem Fall Relotius bei den deutschsprachigen Qualitätsmedien genügende Selbstkritik und ausreichendes Handeln.

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Wie die Bürger zu Mitgestalter des Verwaltungshandelns werden.

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Ähnlich wie den Archiven sind der öffentlichen Verwaltung politisch und ethisch die Ziele Offenheit und Transparenz vorgegeben. Eine umfassende digitale Transformation soll die Verwaltung „hin zu einer neuen, offenen Kultur im Umgang mit bürgernahen Dienstleistungen, dem Einbezug von Individuen sowie der Steigerung von Effektivität und Effizienz in Verwaltungsvorgängen“ führen (112). Dabei hat die Sunlight Foundation zehn Kriterien aufgestellt, die für offene Daten gelten sollen:  „Vollständigkeit, Vorrangstellung der Daten, zeitnahe Veröffentlichung, leichter physischer und elektronischer Zugang, Maschinenlesbarkeit, Diskriminierungsfreiheit, gemeinsame oder offene Standards, freie Lizenzierung, Dauerhaftigkeit und Verzicht auf Nutzungskosten“ (120) (Tobias Siebenlist/Agnes Mainka, Digitale Transformation in der Verwaltung: An Open Data geht kein Weg vorbei).

Aylin Ilhan u.a. haben am Beispiel des von ihnen selbst vor Ort recherchierten Citizen Relationship Management in den USA und in Deutschland: 311 – 115 – Service Apps den Wandel der öffentlichen Verwaltung von der klassischen Bürokratie nach Max Weber zu mehr Partizipation und den Wandel der Rolle des Bürgers vom Antragsteller über den Kunden zum Mitgestalter nachvollzogen. Mit der Verpflichtung zur Transparenz entfällt das bürokratische Machtmonopol, mit der Einbeziehung des Wissens der Bürger wird mehr Effektivität und mehr Effizienz des Verwaltungshandelns erzielt und fühlen sich die Bürger für ihre Gemeinde verantwortlich. Dies hätten auch CiRM bzw. die 311-Systeme bewirkt, meinen Chatfield und Reddick 2017 und führen als zusätzlichen Vorteil die zusätzlichen Möglichkeiten der datenbasierten Analyse über den Zustand der Gemeinde an.

Über die Nummer 311 können sich die Bürger beispielsweise von New York mit allen ihren Fragen an die Verwaltung wenden. „Informationsanfragen werden … soweit möglich direkt erledigt. Die Serviceaufträge werden entgegengenommen und deren Ausführung direkt in Auftrag gegeben … Über einen Rückkanal (Rückruf, Mitteilung auf die App usw.) wird der Auftraggeber über die ausgeführten Arbeiten umgehend informiert. – „Nach Servicetypen dominierten … Schlaglöcher, blockierte Zufahrten und ausgefallene Laternen“ (140f.)

Auf diese Weise wurden in New York 2015 1,8 Millionen Aufträge erteilt. Es kam zu einer massiven Reduktion von Bearbeitungszeiten (139). „Aus der CiRM-Datenbank heraus werden in periodischen Abständen (z.B. täglich bis jährlich) Statistiken erstellt, die für jede Arbeitseinheit lückenlos über angefragte und erteilte Informationen sowie über erteilte und erledigte Aufträge Auskunft geben“ (140f.). So gelingt es, „problembehaftete Abteilungen in der Stadtverwaltung zu lokalisieren als auch zu offenen Informationen (zu kommen), ob und wie schnell die Abteilungen die Probleme beheben“ (141). Allerdings ist ein CiRM-System sehr personalintensiv.

Zwar hat Köln mittlerweile das 311-System übernommen, aber nur in einer ziemlich eingeschränkten Form: So sind „außerhalb der vordefinierten Kategorien … keine weiteren Dienstaufträge möglich“ (145). Die AutorInnen ziehen das Fazit, dass wir „nicht vergessen (sollten), dass ein zeitlicher Abstand von rund zwanzig Jahren zwischen dem Einführen von 311 in Nordamerika und der Installation ähnlicher (aber weitaus nicht so ausgereifter) Systeme in Deutschland existiert“ (149).

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Begriffliche Klärungen und konzeptionelle Erörterungen durch die „Mühen der Straße“ ergänzen.

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Mit diesem Transfer von Bürokratie zu Bürokratie über nationale Grenzen hinweg haben die VerfasserInnen ein übertragbares und vielversprechendes Modell für das Zusammenwirken zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern ausgewählt, wenngleich die Übernahme dieses Modells durch die deutsche Kommunalverwaltung schockierend lang ist und wohl gerade erst begonnen hat. Die empirischen Erhebungen von Ilhan und anderen geben ein Beispiel vor, dass man begriffliche Klärungen, konzeptionelle Erörterungen und die Rezeption empirischer Ergebnisse ausländischer Autoren häufiger als bislang im Informations- und Bibliotheksbereich üblich durch „die Mühen der Straße“ ergänzen sollte. Auch dies wäre ein Schritt, um die Informationswissenschaft „wetterfester“ zu machen.

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