Open Password – Montag, den 2. Mai 2022
# 1061
Wissenschaftskommunikation – Szientometrie – Awareness – Bibliometrie – Wissenschaftliches Publizieren
- Bibliothekskongress – #Freiräume schaffen – Corona – Sabine Homilius – Förderung von Demokratie und Meinungsfreiheit durch Bibliotheken – Volker Heller – Bibliothek & Information Deutschland – Deutscher Bibliotheksverband – Ute Engelkenmeier – dbv – VDB
Technische Informationsbibliothek – Open Access – Sekundärstudie – BMBF – David Hopf – Wissenstransfer – Zitationsvorteile – Article Processing Charges – Forschungslücken – Sarah Dellmann – Christian Hauschke – Marco Tullney – Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/22 – Telekom – IT-Sicherheit – Datenschutz – Industrie und Logistik – techconsult – Corona – Hagen Rickmann – New Work – Homeoffice – Cyberangriffe – Klimaschutz – Investitionen – Fördermittel
I.
Titel:
Awareness-Mentalität und strategisches Verhalten in der Wissenschaft: Die Forschung auf dem Wege von „Being Good“ zu „Looking Good“? – Von Dr. Rafael Ball, rafael.ball@library.ethz.ch
II.
- Bibliothekskongress: #Freiräume schaffen
Bibliotheken als Förderer von Demokratie und Meinungsfreiheit
III.
Technische Informationsbibliothek:
Was Open Access bringt und was nicht
IV.
Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/22:
Unternehmen setzen auf Sichrheit, Nachhaltigkiet und moderne Arbeitswelten
Awareness-Mentalität und strategisches Verhalten
in der Wissenschaft
Die Forschung auf dem Wege
von „Being Good“ zu „Looking Good“?
Von Dr. Rafael Ball, rafael.ball@library.ethz.ch
Rafael Ball
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Zusammenfassung
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Die Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen erfolgte und erfolgt im Wesentlichen durch die Zitierung einer Veröffentlichung. Zunehmend spielt aber nicht mehr nur die Veröffentlichung selbst eine wichtige Rolle, sondern auch der Grad der Aufmerksamkeit, den ein Wissenschaftler mit eben dieser Veröffentlichung erreicht. Die Bedeutung von strategischem Verhalten in der Wissenschaft schreitet voran und eine „Bewusstseins-“ oder „Awareness-Mentalität“ macht sich breit.
In diesem Beitrag werden die Ursachen und Hintergründe dieser Entwicklung diskutiert. Dabei werden als Haupttreiber identifiziert:
- der Einsatz reduktionistischer, quantitativer Systeme im Wissenschaftsmanagement und in der Forschungsförderung,
- der Verlust des kritischen Urteilsvermögens und der technokratischen Dominanz,
- quantitative Bewertungen zur Entscheidungsfindung,
- Altmetrics und Ähnliches als alternative Sichtweisen,
- die Verwendung von Perception Scores in Referenzdatenbanken und Universitäten sowie
- die Ambitionen von Zeitschriften.
Ferner werden mehrere Formen strategischen Verhaltens in der Wissenschaft und die daraus resultierenden Konsequenzen und Auswirkungen beleuchtet.
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1.1 Strategisches Verhalten in der Wissenschaft
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Verhält sich eine Person strategisch, lässt sie sich in der Regel durch interne oder externe Ziele leiten, und – da wir von wissenschaftlichem Verhalten sprechen – sie ordnet diesen Zielen zuweilen Inhalte, Fragestellungen, Forschungsdesign, Methoden und Kommunikation der Ergebnisse unter.
Obwohl strategisches Verhalten an sich nicht verwerflich ist, entspricht eine solche Vorgehensweise nicht der Vorstellung von Wissenschaft und deren Prinzipien. Denn Wissenschaftler sollten sich im selbstreferentiellen System der Wissenschaft, das Ziele und Fragestellungen aus sich selbst heraus definiert, nicht durch externe Ziele leiten lassen, die nicht selbstreferentiell im Sinn der Wissenschaft gemeint sind (Rheinberger 2018).
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1.2 Die “Awareness-Mentalität”
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Die Begriffe „Awareness“ und „Awareness-Mentalität“ werden in diesem Beitrag in der Bedeutung von Aufmerksamkeit, von Wahrnehmung, aber auch von Bewusstsein und Kenntnis sowie Bekanntheit verstanden. Es geht also um eine Mentalität, die nach Aufmerksamkeit und Wahrnehmung strebt und – wenn wir sie auf den einzelnen Wissenschaftler herunterbrechen – nach der Herstellung seiner eigenen Wahrnehmung im Sinne des wahrgenommen Werdens und der Bekanntmachung. “Scientists trying to maximise attention must not only care about selling their product, they must also care about making it a stir” (Franck 2002, 8). Demnach muss der Wissenschaftler von heute einen großen Teil seiner Arbeitskraft in die Erzeugung von Awareness investieren, die in eine innere und äußere Haltung der „Awareness-Mentalität“ mündet.
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1.3 Die Notwendigkeit des strategischen Verhaltens in der Wissenschaft
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Die Verbreitung eines strategischen Verhaltens der Wissenschaftler und die sich unter ihnen verbreitende „Awareness-Mentalität“ ist damit zu begründen, dass die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen seit Jahren unaufhaltsam steigt. Täglich werden 8 500 wissenschaftliche Paper veröffentlicht und jährlich gibt es einen Zuwachs von drei Millionen Paper, die allein im Web of Science ausgewertet werden. Hierbei berücksichtigt das Web of Science jedoch lediglich 5% des wissenschaftlichen Zeitschriftenoutputs. Innerhalb von nur zehn Jahren, von 2006 bis ins Jahr 2016, führte diese Steigerung zu einer Verdoppelung der Gesamtpublikationen (National Science Foundation 2018, 101). Zudem steigt die Informationsmenge durch die Verbreitung von Zweit- und Drittpublikationen, wie sie von größeren Plattformen wie ademia.edu betrieben wird (Conard 2018, 255).
Angesichts der wachsenden Diskrepanz zwischen der dramatisch zunehmenden Informationsmenge (Meadows 1998, 15-16; Proquest o. J.) und den kaum steigerbaren Aufmerksamkeitsleistungen der Menschen entsteht ein immer größeres Wahrnehmungsdefizit, das die Forscher versuchen, durch die verschiedensten Awareness-Maßnahmen zu kompensieren. Damit ist ein Wettbewerb um die Aufmerksamkeit entfacht, der mit einer Vielzahl von Mitteln geführt wird. Gleichzeitig ist der Nachweis der Wahrnehmung der eigenen Forschung und seines Outputs insbesondere für Nachwuchswissenschaftler im Kampf um Fördermittel und Stellen überlebenswichtig.
Problematisch und im Sinne einer „Überlebensstrategie“ notwendig ist ein angepasstes Verhalten, weil sich Publikationszahlen, Zitationsgrößen, die Vergabe von Forschungsfördermitteln, persönliche Karrieren und die berufliche Zukunft von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu einem gefährlichen Amalgam verbunden haben. “Academia has become a publish or perish World” (Moosa 2018, 2).
Das strategische Verhalten dient also dem Überleben in der heutigen akademischen Welt. Eine langfristige Überlebenschance im akademischen Ökosystem scheinen nur diejenigen zu haben, die sich strategisch im Sinne der Bewusstseinsmentalität verhalten.
ETH-Zürich, ETH-Bibliothek
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- Ein Blick in die Geschichte der Wissenschaftskommunikation
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Um festzustellen, was die gesteigerte Awareness-Mentalität verursacht hat, ist ein kurzer Blick in die Geschichte der „Scholarly Communication“ hilfreich.
Insgesamt sind in der Wissenschaftskommunikation drei Paradigmenwechsel festzustellen (Ball 2020):
- Vor rund 2 000 Jahren war es der Wechsel von der mündlichen zur schriftlichen Kommunikation, deren stärkste Vertreter Platon und Aristoteles waren.
- Nach dem Siegeszug der schriftlichen Kommunikation und ihrer Externalisierungen in den unterschiedlichsten, durch die jeweiligen Beschreib- und Medientechniken dominierten Form führte die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg im Jahr 1452 zum zweien Paradigmenwechsel in der Scholarly Communication. Sie erst ließ die Wissenschaftskommunikation zu einem Massenthema werden und machte es möglich, dass große Mengen identischer Texte geographisch und zeitlich unabhängig verbreitet werden konnten (Greenblatt 2012).
- Der dritte Paradigmenwechsel ist die Entstehung der Massendigitalität, die alles – von der Entstehung der Inhalte über deren Produktion bis zur Verbreitung und Archivierung – radikal verändert hat.
Nunmehr, nach dem dritten Paradigmenwechsel, ist es möglich geworden, wissenschaftliche Inhalte noch schneller in noch größerer Masse und Reichweite, aber auch gleichzeitig freier und unabhängiger von den etablierten Systemen des Print-Zeitalters zu verbreiten. Die Awareness-Mentalität nahm gleichzeitig mit der Digitalität Geschwindigkeit auf, wenngleich das Thema „Aufmerksamkeit“ bereits in der vordigitalen Zeit insbesondere nach der Entstehung einer Massenwissenschaft nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ihren Anfang genommen hat (de Solla Price 1963).
Die hier skizierte Vorstellung von Awareness bezieht sich nicht (oder nicht primär) auf die Vermarktung der eigenen Wissenschaftlerperson, sondern auf die Vermarktung ihrer Publikationen. Das war und ist nach wie vor die zentrale Methode, auf eigene Erfolge und Qualitäten aufmerksam zu machen (Franck 2002, 4). Die Währung der Wissenschaft war schon immer Aufmerksamkeit und Anerkennung für die Schaffung neuer Erkenntnisse. (Tunger 2018). Die Veröffentlichung von Publikationen und deren Wahrnehmung schuf und schafft Anerkennung.
Wir definieren nach wie vor vier zentrale Funktionen einer Publikation (Shorley und Jubb 2013):
- die Registrierung, dank derer die wissenschaftlichen Erkenntnisse urheberrechtlich geschützt sind und gleichzeitig zitiert werden können,
- die Zertifizierung, durch die bewiesen wird, dass es sich um einen qualitativ einwandfreien Beitrag handelt (etwa durch Peer Reviewing),
- die Wahrnehmung, die andere Wissenschaftler auf die eigenen Erkenntnisse aufmerksam macht und sie als Gegenstand weiterer Forschung zur Verfügung stellt, und
- die Archivierung, die eine langfristige Speicherung und Zugänglichkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Nachwelt garantiert.
Diese vier Funktionen erfüllen Publikationen auch in Zeiten der Digitalität, doch werden sie heute anders gewichtet und durch neue, digitale Methoden umgesetzt.
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- Ratings und Rankings in der Wissenschaft
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Die Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen geschah und geschieht im Wesentlichen durch die Zitation einer Veröffentlichung. Zunehmend kommt es aber nicht mehr auf den Inhalt der jeweiligen Publikation an, sondern auf den Grad ihrer Wahrnehmung. Der Run auf Zitations- und Maßkennzahlen in der Wissenschaft führt dazu, dass der Übergang zu einer Awareness-Mentalität zu einer regelrechten Massenbewegung geworden ist. Das System der quantitativen Wahrnehmungsmessung ist dabei, sich zu verselbständigen, wenn nicht mehr „Being good“, sondern „Looking good“ als erfolgreiche Wissenschaft definiert wird.
Seit sich die Wahrnehmung wissenschaftlicher Ergebnisse zunehmend als Erfolgsfaktor in der Wissenschaft durchsetzt, handeln die Produzenten wissenschaftlicher Inhalte nach dieser Maßgabe. Sie müssen Formen und Formate bevorzugen, die ihnen die entsprechende Aufmerksamkeit garantieren (Weingart 2005, 331). Das sind nicht mehr nur (und immer weniger) die klassischen Zeitschriftenbeiträge, Bücher und Konferenzvorträge, sondern zunehmend Beiträge in den verschiedenen Kanälen der Sozialen Medien und anderen neuartigen, digitalen Netz-Formaten (Weingart 2005, 272). Die Veränderung von Output-Formaten ist multifaktoriell bedingt. Dabei spielen neue technische Potenziale ebenso eine Rolle wie normative Elemente, etwa die Forderung nach Open Access und Open Science sowie der Wettbewerbsdruck in der Karriereplanung oder die Finanzierungsmodi von Stellen und Fördermitteln (Krull 2017, 46).
Die zunehmende Bedeutung von Rankings und Ratings von Personen, Institutionen und Ländern wird von der Wissenschaftscommunity genutzt und geliebt und zugleich kritisiert und abgelehnt. Heute gibt es eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Indikatoren zur Bewertung der Publikationstätigkeit und ihrer Wahrnehmung (Hinz et al. 2020). Dazu zählen nicht nur die klassischen Zitationsindikatoren, sondern zunehmend auch alternative Metriken (Haustein et al. 2014), wie sie seit 2010 erhoben werden und die vor allem die Wahrnehmung in den Sozialen Medien abbilden. „Die Zusammensetzung des Attention Scores basiert auf einem Algorithmus, der die Aufmerksamkeit von wissenschaftlichem Output in den diversen Quellen unterschiedlich gewichtet aufaddiert“ (Tunger et al. 2017, 6).
Derartige Wahrnehmungskennzahlen finden sich nicht nur umfangreich auf den Webseiten der Wissenschaftler, sondern auch in den etablierten Nachweisdatenbanken wissenschaftlicher Literatur wie dem Web of Science, Scopus und Dimensions sowie auf den Repositorien der Hochschulen. Dies zeigt, dass Forscher beim Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Awareness um die Quantifizierung nicht herumkommen.
Obwohl „generell (…) Altmetrics im Rahmen von Qualitätsbewertung von wissenschaftlichem Output nicht als Ersatz für das klassische Peer Review gelten [sollten], sondern als Möglichkeit interpretiert werden, eine zweite Meinung und zusätzliche Informationen einzuholen“ (Tunger et al. 2017, 7), müssen die neuen Attention Scores zunehmend von den Forschenden bedient werden. Es ist eine Gratwanderung, hilfreiche Instrumente in der Wissenschaft zu etablieren und gleichzeitig nicht den Weg für schnelle Anreize zu ebnen.
Es besteht also ein Spannungsverhältnis zwischen einerseits aussagekräftigen Indikatoren, die den Forschern helfen können, die Auswirkungen ihrer Forschungsergebnisse zu messen. Andererseits üben dieselben Indikatoren noch mehr Druck auf die Forscher aus, ihre Arbeit so zu gestalten, dass sie zufriedenstellende Werte erreichen. Ein Ausbruch aus diesem Circulus Vitiosus ist insbesondere für Nachwuchswissenschaftler praktisch unmöglich. Quantitative Bewertungen der Veröffentlichungsleistungen werden als zentrale Entscheidungshilfen bei der Vergabe von Mitteln und Stellen eingesetzt (Osterloh und Frey 2015, 65).
Lesen Sie in der abschließenden Folge: Ursachen des strategischen Verhaltens in der Wissenschaft – Formen des strategischen Verhaltens in der Wissenschaft – Auswirkungen und Konsequenzen
- Bibliothekskongress:
#Freiräume schaffen
Bibliotheken als Förderer
von Demokratie und Meinungsfreiheit
(BID) #FreiräumeSchaffen lautet das Motto des 8. Bibliothekskongresses, der vom 31. Mai bis zum 2. Juni 2022 im Congress Center Leipzig stattfindet. Über 200 Vorträge, Diskussionen und Workshops befassen sich mit a
ktuellen Herausforderungen und wichtigen Zukunftsfragen von Bibliotheken.
Das Branchentreffen wird mit Spannung erwartet, da es das erste nach zweijähriger Corona bedingter Pause ist. „Wir freuen uns, in Leipzig nach so langer Zeit wieder in persönlichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen treten zu können. Die persönliche Begegnung hat trotz vieler digitaler Formate sehr gefehlt“, sagt Dr. Sabine Homilius, Präsidentin des veranstaltenden Dachverbandes Bibliothek & Information Deutschland e.V.
Ein Schwerpunkt des Bibliothekskongresses ist die Förderung von Demokratie und Meinungsfreiheit durch Bibliotheken. In zahlreichen Veranstaltungen wird die Rolle von Bibliotheken als gesellschaftliche Begegnungs- und Kooperationsorte, die Bekämpfung von Falschinformationen und der Umgang mit Hass im Netz thematisiert. Darunter ein Hands-On Lab zum Thema Truth or Dare: Libraries in the age of misinformation, filter bubbles, AI and other new tech am 31. Mai, die Podiumsdiskussion Begegnungen schaffen in Bibliotheken – aber wie? am 1. Juni sowie ein Demokratietreff in Form eines Speeddatings, ebenfalls am 1. Juni. Darüber hinaus werden Projekte zur politischen Bildung in Bibliotheken vorgestellt und diskutiert.
Dazu Volker Heller, Bundesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv): „Bibliotheken sind Freiräume der Demokratie. Vor dem Hintergrund des grausamen Krieges gegen die Ukraine und der Manipulation von Informationen werden wir daran erinnert, wie wichtig gesellschaftlicher Dialog und offener Austausch sind. Bibliotheken sind Orte für demokratische Diskurse, Meinungsfreiheit, Begegnungen auf Augenhöhe, gesellschaftliche Teilhabe und gegenseitige Unterstützung. Die vielfältigen Angebote von Bibliotheken, die von den Werten unserer Demokratie geprägt sind, gilt es gerade jetzt weiter auszubauen und zu stärken.“
Und Dr. Ute Engelkenmeier, Vorsitzende des Berufsverbandes Information Bibliothek (BIB), ergänzt: „Mitarbeitende in Bibliotheken stehen für den Informationsauftrag in der demokratischen Gesellschaft. Unsere Arbeit fußt auf informationsethischen Grundsätzen. Wir setzen uns ein für die freie Meinungsbildung und den Zugang zu Informationen. Wie essenziell dies für demokratische Gesellschaften ist, zeigt sich an den vielen Veranstaltungen, die dazu beim Bibliothekskongress in Leipzig angeboten werden.“
Der Kongress ist der größte nationale Fachkongress der Bibliotheksbranche in Europa und wichtiger Treffpunkt für Fachbesucher aus dem In- und Ausland. Er findet alle drei Jahre im Congress Center Leipzig (CCL) statt. Der Bibliothekskongress wird vom Dachverband Bibliothek & Information Deutschland e.V. (BID) veranstaltet und zusammen mit seinen Mitgliedsverbänden, dem Berufsverband Information Bibliothek (BIB) e.V., dem Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sowie dem Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare e.V. (VDB) organisiert. Neben der Fachtagung findet eine Fachausstellung statt, auf der Anbieter ihre Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen vorstellen. – www.bid-kongress-leipzig.de
Technische Informationsbibliothek
Was Open Access bringt und was nicht
(TIB) Open Access, die freie Verfügbarkeit wissenschaftlicher Publikationen, bietet viele Vorteile. Wie Umfragen zeigen, haben einige Wissenschaftler dennoch Vorbehalte. Im vergangenen Jahrzehnt wurden viele empirische Studien veröffentlicht, die fundierte Ergebnisse zu Hoffnungen und Befürchtungen in Bezug auf Open Access liefern. Die Studie „Wirkungen von Open Access. Literaturstudie über empirische Arbeiten 2010–2021“, die die TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat, bietet nun eine umfassende Übersicht zu empirischen Studienergebnissen zu den Wirkungen von Open Access.
Die TIB identifizierte für diesen Überblick insgesamt 318 wissenschaftliche Studien, die sich empirisch mit verschiedenen Wirkungen von Open Access auseinandersetzen. Aus diesem Korpus wählte sie 61 besonders relevante Studien für einen systematischen Vergleich aus, analysierte sie im Detail und stellte die verschiedenen Ergebnisse detailliert gegenüber. Die untersuchten Wirkungen beziehen sich auf diese Aspekte: Aufmerksamkeit in der Wissenschaft – Qualität wissenschaftlicher Publikationen – Wissenstransfer – Produktivität des Publikationssystems – Nutzung von Publikationen – Ungleichheit im Wissenschaftssystem – Ökonomische Auswirkungen auf das Publikationssystem
Hauptautor Dr. David Hopf nennt an zentralen Ergebnissen: „Die untersuchte Literatur bestätigt mehrere Vorteile von Open Access: Der freier Zugang führt zu einer stärkeren Nutzung und einem fachlich und geografisch diverseren Publikum. Zugleich tragen Open-Access-Publikationen stärker zum Wissenstransfer bei als traditionell veröffentlichte Forschungsergebnisse und der Publikationsprozess – die Zeit zwischen Einreichung und Annahme bzw. Veröffentlichung von Artikeln – ist kürzer. Zudem können einige vermutete negative Befürchtungen mit Blick auf Open-Access-Wirkungen wie eine geringere Qualität von Open-Access-Publikationen und Nachteile beim Verkauf von Druckausgaben entkräftet werden.“
Ein Teilergebnis ist allerdings überraschend: Dass Open-Access-Publikationen häufiger zitiert werden als Veröffentlichungen, die nicht frei verfügbar sind, wird oft als Vorteil von Open Access genannt – und auch von den meisten empirischen Studien bestätigt. Ein nicht zu vernachlässigender Teil der empirischen Literatur weicht jedoch von diesem Ergebnis ab, sodass ein Open-Access-Zitationsvorteil nicht eindeutig empirisch bestätigt werden kann. .
Lediglich ein Ergebnis zeigt eine negative Wirkung von Open Access: Wo es sogenannte Article Processing Charges (APCs) – die bei vielen Open-Access-Veröffentlichungen anfallenden Publikationskosten – gibt, können Autoren mit geringeren Ressourcen etwa wegen geringer Einkommensverhältnisse in manchen Weltregionen oder fehlender institutioneller Förderung von einer Publikation abgehalten werden. Dies ist allerdings keine Wirkung von Open Access an sich, sondern eine Wirkung eines bestimmten Geschäftsmodells zur Finanzierung von Open Access.
An Aspekten von Open-Access-Wirkungen mit potenziell hoher Relevanz, die noch nicht ausreichend untersucht wurden. Forschungslücken, werden genannt: Wie verhält sich die negative Auswirkung von APCs auf Ungleichheiten im Wissenschaftssystem zu der positiven Wirkung von Open Access auf die Diversität der Nutzung wissenschaftlicher Publikationen? Wie genau wirkt Open Access auf die Karrierewege von Wissenschaftlern? Wer profitiert wie stark von Open Access – verteilen sich die Vorteile gleichmäßig oder machen Geschlecht und Zugang zu finanziellen Ressourcen einen Unterschied?
David Hopf, Sarah Dellmann, Christian Hauschke und Marco Tullney. 2022. Wirkungen von Open Access. Literaturstudie über empirische Arbeiten 2010–2021. Technische Informationsbibliothek (TIB). https://doi.org/10.34657/7666
Ergebnisse der untersuchten Wirkungen von Open Access.
Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/22
Unternehmen setzen auf Sicherheit, Nachhaltigkeit und moderne Arbeitswelten
(Telekom) Auch im zweiten Jahr der Pandemie nimmt die Digitalisierung des deutschen Mittelstands weiter Fahrt auf. Das zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Telekom-Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/2022“: Der Digitalisierungsgrad der befragten mittelständischen Unternehmen steigt 2021 insgesamt auf einen Schnitt von 59 von 100 Punkten. Der Mittelstand investierte vor allem in den Ausbau seiner IT-Sicherheit und des Datenschutzes. Aber auch das zunehmende Interesse an modernen Arbeitswelten und Nachhaltigkeitsthemen trieb die digitale Transformation der Unternehmen voran. Der Branchenvergleich ergab: Industrie und Logistik sind weiterhin führend. Ihren Index um je einen Punkt steigern konnten Industrie, Handel, Handwerk und Baugewerbe.
Zum sechsten Mal befragten die Telekom und das Analystenhaus techconsult mehr als 2.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland zum Grad ihrer Digitalisierung. Die Studie untersuchte erstmals die Auswirkungen von New Work, den neuen Arbeitsweisen im globalen und digitalen Zeitalter. Und welche Rolle Klimaschutz und Fördermittel für den deutschen Mittelstand spielen.
„Die Corona-Pandemie und globale Lieferverzögerungen haben den deutschen Mittelstand 2021 mitunter stark getroffen“, sagt Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskunden der Telekom Deutschland. „Umso erfreulicher: Der deutsche Mittelstand treibt seine Digitalisierung mit besonderem Fokus auf moderne Arbeitswelten und Nachhaltigkeit weiter voran.“
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Moderne Arbeitswelten für mehr Produktivität
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Deutsche Unternehmen setzen verstärkt auf mobile und digitale Zusammenarbeit: New Work hat sich bei knapp der Hälfte (49 Prozent) der befragten Unternehmen als festes Arbeitsmodell etabliert. Entsprechend verbreitet sind Homeoffice und digitale Anwendungen: 57 Prozent nutzen Web- und Videokonferenzen. Digitale Kommunikationstechnologien und -tools gehören heute mit 81 Prozent für die Mehrheit zum Arbeitsalltag. Sie unterstützen die interne Kommunikation, den Dialog mit Kunden und damit die Produktivität. Das gilt auch für die Zukunft: Etwa sechs von zehn Mittelständlern wollen langfristig darüber neue Mitarbeitende gewinnen.
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Digitale Sicherheit hat Priorität.
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Cyberangriffe waren in der deutschen Wirtschaft 2020/21sehr präsent. Besonders die Verlagerung ins Homeoffice zeigte Sicherheitslücken. Deshalb investieren die Befragten noch mehr in Cybersicherheit: Mitarbeitende der befragten Unternehmen werden nach der Pandemie im Schnitt elf Prozent mehr Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. Für ausreichend gesichert halten jedoch nur 43 Prozent ihre mobilen Arbeitsplätze. Vor allem die Sicherheit bei E-Mails und Technologien zur Verschlüsselung will der Mittelstand künftig ausbauen. Ebenso Lösungen zum Identitätsmanagement und zur Authentifizierung, denn digitale Technologien erhöhen die Resilienz der Unternehmen in Krisenzeiten.
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Unternehmen fördern Klimaschutz.
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Mit den Bemühungen um langfristige Handlungsfähigkeit wächst auch das Bewusstsein für klimafreundliches Wirtschaften (71 Prozent). Dazu nutzen die Unternehmen das Potenzial der Digitalisierung: Das reicht von ressourcenarmer Produktion über nachhaltige Zulieferer bis zu optimierter Tourenplanung im Bereich Logistik. Sieben von zehn Unternehmen setzen auf Online- statt auf Präsenz-Veranstaltungen. 29 Prozent reduzieren Dienstreisen und Berufsverkehr.
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Bereitschaft zu Investitionen weiterhin hoch
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93 Prozent der befragten Betriebe wollen auch künftig in digitale Projekte investieren. Davon planen 45 Prozent sogar eine durchschnittliche Erhöhung um 24 Prozent. Die Digitalisierungsbudgets sollen vor allem Technologien zur digitalen Zusammenarbeit und Sicherheitslösungen im Unternehmen zugutekommen. 69 Prozent wollen die Kommunikation mit Kunden über digitale Kanäle ausbauen.
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Fördermittel kaum genutzt
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Die Studie zeigt auch: Der Mittelstand hat die Möglichkeiten der Digitalisierung längst nicht ausgeschöpft. Innovative Lösungen wie das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) oder Künstliche Intelligenz (KI) setzt bisher nur eine Minderheit ein. Öffentliche Förderprogramme könnten den Einsatz technischer Neuheiten steigern. Die einzelnen Töpfe stellen bis zu sechsstellige Fördermittelsummen zur digitalen Transformation bereit. Jedoch rufen bisher nur 18 Prozent diese Gelder für ihre Vorhaben ab. Oft genannte Gründe sind fehlende Transparenz und bürokratische Hürden. Das lässt sich auch unter den Unternehmen beobachten, die solche Fördermittel nutzen: Etwa sechs von zehn Betrieben mussten externe Unterstützung einholen. Nur so ließ sich das passende Programm finden und beantragen.
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