Open Password – Montag, den 9. Januar 2017
# 142
Rückblick 2016 – Ausblick 2017 – Neujahrsgrüße – Open Password – Postfaktizität – Marc Sander – Dieter Schumacher – Edward Snowden – Überwachungsstaat – Oliver Fiechter – Philip Loefte – Altruistische Gesellschaft – Postfaktische Wellnessblase – Alexander Dobrindt
Rückblick auf 2016 – Ausblick auf 2017
Lieber Leser von Open Password,
seit nunmehr 31 Jahren hat Password Jahr für Jahr einen „Trend des Jahres“ ausgemacht, dies immer mit einem Blick darauf, was uns die kommenden Jahre bringen mögen. Einige Jahre später kamen die Wahlen zu „Männer und Frauen des Jahres“ (jetzt: „Inforrmation Professionals des Jahres“) dazu, während wir uns den „Einrichtungen des Jahres“ im On-Off-Modus zugewandt haben.
Mit unserem Rückblick für 2016 und unserem Ausblick für 2017 haben sich die Trends und Personen des Jahres multipliziert – auf vier Trends und gleich fünf Personen des Jahres. Dazu kam es, weil die Rahmenbedingungen für die Informationsbranche noch einmal komplexer und die Herausforderungen für sie größer geworden sind. Dazu wuchsen mit dem Übergang von Password zu Open Password die Zahl der Redakteure, die die Entscheidungen für 2016/2017 getroffen haben. Erstmalig haben wir auch unsere Leser an diesen Entscheidungen beteiligt.
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Postfaktizität ist der Begriff des Jahres auch für unsere Branche. Warum haben wir nicht vor dem Verfall der Informationskultur gewarnt?
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Wir werden diese Entscheidungen nach und nach in diesem Monat veröffentlichen – dies zusammen mit Beiträgen, die diese Entscheidungen begründen und problematisieren (siehe auch die folgende Auflistung). Zur „Postfaktizität“, dem Begriff des Jahres nicht zuletzt für unsere Branche, sind mit dieser Ausgabe bereits zwei Beiträge erschienen, „Die Entwicklung zur postfaktischen Gesellschaft“ von unserem Leser Marc Sander und „Unser Leben in der postfaktischen Wellnessblase“ von Dieter Schumacher, dem Satiriker der Informationsbranche. Im Nachhinein erweisen sich Schumachers Klagen über den Verfall der Informationsqualität und der Informationskultur als die eines Rufers in der Wüste. Mittlerweile sind die Rückschritte so weit fortgeschritten, dass Fakten und Wahrheit in beachtlichen Teilen des öffentlichen Diskurses nicht mehr relevante Kriterien sind. So wurde vor kurzem nachgewiesen, dass man größere Siegeschancen hat, amerikanischer Präsident zu werden, wenn man solches verstanden hat und anzuwenden weiß.
Wir haben der „Postfaktizität“ gleich mehrere Beiträge gewidmet, weil uns der Trend dazu ähnlich wie seinerzeit „Edward Snowden und der weltweite Überwachungsstaat“ aufrütteln sollte, über den Tellerrand zu blicken. Unsere Branche darf sich auch diesmal nicht auf interne Details zurückziehen und sich als Datenknechte von der Außenwelt abschotten. Wenn wir für Content zuständig sind, dann gehen uns die grundsätzlichen Fragen zu Inhalten an. Also sollten wir uns engagieren und im besten Fall als gesellschaftspolitisches Frühwarnsystem in Informationsfragen fungieren.
Das sind rein normative Aussagen, gewiss, die von der Empirie unserer Branche nicht gedeckt werden. Aber wir erhalten Zuspruch, wenn wir diese Forderungen aufstellen.
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Das Verlangen nach einer altruistischen Gesellschaft wird für schwere Turbulenzen sorgen, wenn wir die darin schlummernden Potenziale nicht angemessen nutzen.
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Gleichfalls bereits erschienen ist die Rezension Stephan Holländers zum Beitrag von Oliver Fiechter und Philip Löfte. Diese haben die Sehnsucht nach einer auf Altruismus, nicht auf Eigennutz basierten Gesellschaft auf die digitalisierte Gesellschaft übertragen. Dieses Verlangen wird weiterhin für schwere Turbulenzen sorgen, wie sie dies vom Christentum über Jean-Jacques Rousseau und seine romantischen Nachfolger bis zum Marxismus getan hat, wenn wir die darin schlummernden Potenziale nicht ernst nehmen und angemessen zu nutzen beginnen.
Und schienen wir damit nicht in den Sozialen Medien gute Anfänge gemacht haben, bevor sie den Hasssprüchen, den Bots und den manipulierenden Instanzen anheimfielen?
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Die Verwandlung des Internets in ein Netz der Fake News, des Hasses, der Shitstürme, der Manipulation, der Cyber Wars und der Verfestigung autoritärer Regime.
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Damit sind wir bei einem weiteren allgemeinen Trend angelangt, der eng mit den Siegen unkontrollierter Emotionalitäten im Netz und der ungestillten Sehnsucht nach einer emotional zufriedenstellenden Gesellschaftsstruktur verbunden sind. 2016 war auch das Jahr, in denen die großen Versprechen des Internets in Richtung Demokratisierung, Teilhabe und sozialen und kulturellen Fortschritts gemessen an den Fakten lächerlich erschienen und sich das Internet für alle sichtbar in ein Netz der Fake News, des Hasses, der Shitstürme, der Manipulation und der Verfestigung autoritärer Regime von der Türkei bis China verwandelte. Kurz, das Internet wurde so grau wie die sie umgebende Welt.
Das Netz machte sogar manches noch schlimmer, beispielsweise, weil Reden, die früher nur am Stammtisch geschwungen werden konnten, auf einmal weltweite Verbreitung fanden.
Dazu an dieser Stelle nur so viel: Geben wir die schon immer brüchigen Positionsgewinne, die wir mit der Aufklärung erzielt haben, nicht auf. Leisten wir Widerstand und zeigen wir dies in unseren Beiträgen, so begrenzt ihre Wirkungen zunächst auch erscheinen mögen. Dabei vergessen wir unsere Kritik an die konventionellen Medien einschließlich der Informationswissenschaften nicht.
In diesem Sinne ein rundum gutes 2017.
Ihre Redaktion von Open Password
2016 – 2017
Die Gewinner des Jahres
Trend des Jahres
- – Beitrag kommt in Kürze
- Die Verwandlung des Internets Statement von Redaktion Open
in Fake News, Hass, Shitstorms, Password, am 9. Januar erschienen,
Manipulation, Cyber War und (#142)
Verfestigung autoritärer Regime
Postfaktizität
Die Entwicklung zur Beitrag von Marc Sander
postfaktischen Gesellschaft am 12. Dezember erschienen (#138)
Postfaktische Wellnessblase Beitrag von Dieter Schumacher
am 9. Januar erschienen (# 142)
– Beitrag kommt in Kürze
– Beitrag kommt in Kürze
Information Professional des Jahres
– Beitrag kommt in Kürze
– Beitrag kommt in Kürze
– Beitrag kommt in Kürze
Oliver Fiechter und Philip Löpfe, Rezension von Stephan Holländer
Autoren von „Aufstieg der digitalen am 12. Oktober erschienen (#115)
Stammesgesellschaft“
Einrichtung des Jahres
– Beitrag kommt in Kürze
Dieter Schumacher
In der postfaktischen
Wellnessblase
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von den Machthabern ausging, dass alle Welt digitalisiert würde. Und diese Verkabelung war die erste seit der Aufklärung und geschah zu der Zeit, da Alexander Dobrindt Bundesminister für digitale Infrastruktur war, mit Dienstsitz in der Berliner Invalidenstraße. Und jedermann ging zu einem Provider, dass er sich registrieren ließe.
Alsbald fingen alle an zu googeln, zu posten, zu twittern und zu liken. In den Netzen hinterließen sie jede Menge Cookies und öffneten Tür und Tor für Werbebotschaften und weltanschauliche Belästigungen. Alle frohlockten, denn jeder konnte nun anonym Weisheiten verkünden, die vormals seine Unbedarftheit offenbart hätten.
Und es waren Populisten in denselben Netzen, die hielten sich für das Volk und verbreiteten Fake News zur Verunsicherung ihrer Feinde und unbescholtener Mitbürger.
Da verschlug es den Politikern die Sprache, und sie fingen auch an, wie wild zu twittern, denn sie fürchteten um ihre Wiederwahl.
Da kam plötzlich eine große Finsternis über das Land, denn keiner wusste mehr, was wahr oder falsch war.
Als der Minister das sah, weinte er bitterlich und forderte die Anwendung des Abfallbeseitigungsgesetzes auf Müll im Netz, eine Maut für Netzgequatsche und einen Schutz der Außengrenzen, denn er sorgte sich um die Bildung der Bürger im Lande.
Damit stieß er jedoch auf den entschiedenen Widerstand höherrangiger Persönlichkeiten, die auf die neuartigen Aufklärungsmöglichkeiten nicht mehr verzichten wollten. So lebten die Menschen in einer postfaktischen Wellnessblase.
Da erschien ihnen der Hl. Augustinus und sagte: Irren ist menschlich, aber aus Leidenschaft im Irrtum zu verharren, ist teuflisch. Und bleibt cool, Leute, dess et hätte noch emmer joot jejange.
Kommen Sie gut durch das Neue Jahr!
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