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Open Password – Montag, den 4. September 2017


#249

Matt Donahue – Guido Schenk – Dow Jones – Factiva – Google – Verlage – Aggregatoren – Paid Content – Wall Street Journal – FAZplus – Paywall – GBI-Genios –  LexisNexis – Disruptoren – Verticals – Nachrichtenhändler – Blendle – PR Newswire – Information Professionals – Informationszentren – Recherchefunktion – Bernd Jörs – Semiprofessionelle Nutzer


Ein Blick auf die Informationswelt

nach den Herausforderungen der letzten Jahre

Ein Gespräch zwischen Matt Donahue,
Guido Schenk und Open Password

Mit dem Aufstieg von Paid Content
nimmt die Attraktivität von Google ab

 

Neue Herausforderungen durch „Disruptoren“

 

Wachstumschancen nur noch
mit „semiprofessionellen Information Professionals“?

Von Willi Bredemeier

Wie ist die Informationswelt nach den Herausforderungen der letzten Jahre beschaffen? Aus einem Gespräch zwischen Matt Donahue (Factiva Management vom New Yorker Headquarter), Guido Schenk (Dow Jones News GmbH/Factiva Deutschland) und Open Password.

Zweiter Teil

Und doch habe die Attraktivität und Power von Google abgenommen, meint Factiva. Begründet wird dies mit den unabhängigen Informationsanbietern im Internet, also beispielsweise den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen. Diese sind Partner und Konkurrenten der Online-Hosts zugleich, weil diese ihre Datenbanken zwar häufig bei den Aggregatoren auflegen, gleichzeitig aber ihre eigenen Umsatzströme im Internet generieren und sich eine Teilung der Hosteinnehmen etwa nach einem erwünscht paritätischem Prinzip nicht wie von selbst ergibt.

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 Jede neue Paywall eines Fachverlages schwächt die Position von Google. ___________________________________________________________________________

In der Vergangenheit habe die Nachrichtenbranche die Informationsmärkte geschädigt, indem sie ihre hochwertigen Informationen kostenfrei im Netz verfügbar gemacht habe, meint Factiva. So habe sie nicht nur weitgehend auf Einnahmen aus dem Online-Geschäft verzichtet, sondern auch die Nutzer daran gewöhnt, Content als freies Gut anzusehen und für Content nicht zahlen zu wollen. Dabei sei das Argument, dass es für Paid Content keine vielversprechenden Geschäftsmodelle gebe, seinerzeit bereits durch das Wall Street Journal widerlegt worden.

Factiva wandte sich von Beginn an gegen die „Kostenlos-Unkultur“, FAZpluis drang aber mit seinen Argumenten nicht durch.

Mittlerweile gebe es jedoch einen deutlichen Trend, dass sich wichtige Quellen hinter einer Paywall zurückzögen. Ein gutes Beispiel dafür sei FAZplus, wobei sich die Frankfurter Allgemeine offenbar am Modell des Wall Street Journals orientiere.

Die Fachverlage seien heute aus zwei Gründen stärker bereit, eine Paywall zu errichten:

  • Die Furcht, auf bedeutende Anzeigenerlöse verzichten zu müssen, habe nachgelassen, weil sich herausgestellt habe, dass der Wegfall von Umsätzen gar nicht so groß sei. Die meisten Anzeigen gingen ohnehin an die großen Portale.
  • Es war immer sehr teuer, eine Paywall einzuführen. Mittlerweile seien aber Lösungen verfügbar, die zugleich leistungsfähig und kostengünstig seien.

Je mehr hochwertige Inhalte hinter einer Paywall verschwinden und damit für Google nicht mehr verfügbar sind, desto mehr sind die Unternehmen auf die Informationen der Aggregatoren angewiesen und wird deren Position gestärkt.

 

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Mischen die „Disruptoren“ demnächst die klassischen Informationsmärkte auf?

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Verspricht demnach die Lage für die Aggregatoren komfortabler zu werden – mit der Koexistenz unter den klassischen Informationsanbietern, mit der tendenziellen Schwächung von Google und mit der Übernahme konstruktiver Funktionen für den Aufbau eines qualitativ hochwertigen Informationsmarktes seitens der Fachverlage? Das ist keineswegs ausgemacht, da es genügend viele potenzielle Informationsanbieter gibt, die über die technischen Möglichkeiten und womöglich über genügend Anreize verfügen, in die angestammten Domänen von Factiva, GBI-Genios und LexisNexis einzubrechen.

Diese möglichen Wettbewerber können unter die Kategorie der „Disruptoren“ fallen, die also in der Lage sind, bestehende Branchengrenzen niederzureißen und neue Branchen um sich herum zu strukturieren. Solche „Disruptoren“ mögen sogenannte „Verticals“ sein, die also danach streben, den gesamten Wertschöpfungsprozess einer Güter- oder Servicegruppe in einer Hand zusammenzufassen. Oder es mag sich um große PR-Büros handeln, die bereits Nachrichtenhändler sind, auch wenn diese Nachrichten aus interessengeleiteten Informationen bestehen. Wenn beispielsweise ein Anbieter Fluggästen die Möglichkeit bietet, auf 200 Zeitungen oder Zeitschriften zuzugreifen, so liegt die Geschäftsidee nahe, dies auch außerhalb von Flugzeugen zu tun.

Ein konkretes Beispiel für einen möglichen Disruptor ist Blendle, der zwar vor allem im Consumer-Bereich tätig ist, aber offensichtlich über die technischen Möglichkeiten verfügt, in den Business-to-Business-Bereich vorzustoßen. Blendle hat sich zuletzt mit einigen Aufkäufen, beispielsweise von PR Newswire (durch die Akquisition von Cision, GTCR)), auf amerikanischen und internationalen Märkten gestärkt. 2016 startete Blendle sein Online-Kiosk in Deutschland, in dem man einzelne Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften kostengünstig mit einem Klick kaufen kann. Eine Kooperationsbereitschaft der deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger war von vornherein gegeben, sodass Blendle gleich mit mehr als hundert Titeln starten konnte, darunter FAZ, Süddeutsche Zeitung, Die Welt, Tagesspiegel, Spiegel, Focus, Rheinische Post sowie Neue Zürcher Zeitung.

Demnach verspricht die Welt der klassischen Informationsanbieter auch wegen der „Disruptoren“ in den kommenden Jahren spannend zu bleiben.

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Der Aufstieg semiprofessioneller Information Professionals

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Und die Nutzer? Auch diese sind für die klassischen Informationsanbieter schwieriger geworden, zumal die Lage in den Unternehmen für sie weit unübersichtlicher als früher geworden ist.

Dabei war die Lage nie so einfach, wie sie in der Literatur der 80er und 90 Jahre dargestellt wurde. Damals meinte man häufig, dass es die Informationszentren und die Endnutzer gäbe. Die Informationszentren bestünden aus Information Professionals, die für die Endnutzer Recherchen durchführten und eventuell die Endnutzer für die Durchführung bestimmter Recherchen qualifizierten.

Anfang der 90er Jahre führte Password eine Umfrage unter deutschen Informationszentren durch und stellte unter anderem die Frage, was die InfoPros außer Recherchen noch taten. Es ergab sich ein überraschendes buntes Bild, nach dem sich die Information Professionals in einer Vielzahl weiterer Tätigkeitsbereiche engagierten, die mit der Kernkompetenz der Recherche vielleicht nur locker verbunden waren – von der Analyse der gefundenen Ergebnisse bis zum Aufbau und dem Management von Intranets. Es ist eines der großen Versäumnisse der Fachpresse, dass sie die volle Wirklichkeit, in der die Information Professionals in den Informationszentren bereits seinerzeit agierten, bis heute kaum zur Kenntnis genommen hat.

2016 gibt es nach wie vor die – mittlerweile googelnden – Endnutzer, und vielleicht existieren die Informationszentren mit ihren Information Professionals noch. Vielleicht gibt es sie aber auch nicht mehr. Dafür sind die Kompetenzen der Recherche in die diversen Fachabteilungen ausgewandert und dort mit weiteren Aufgabenbereichen verbunden worden, von Forschung und Entwicklung bis zu Public Relations. Somit müssen die klassischen Informationsanbieter ihre Information Professionals teilweise wiederfinden. Diese Aufgabe vor der eigentlichen Akquise wird noch dadurch erschwert, dass ihre fachlichen Ansprechpartner vom Information Professional bis zum Data Scientist die unterschiedlichsten Namen tragen. Dies ist auch nötig, wenn sich die Information Professionals, wie immer von ihnen gefordert, besser vermarkten wollen. Auch die Einsatzbereiche und Funktionen haben eine Vielzahl an Namen angenommen. Was es nicht alles an Bezeichnungen für Competitive Intelligence oder Wettbewerbsbeobachtung gibt.

Eine längere Liste dazu hatte Prof. Jörs von der Hochschule Darmstadt in seiner Keynote auf der „Steilvorlagen“-Veranstaltung 2016 vorgelegt.

Mit dem teilweisen Auszug der InfoPro-Funktionen aus den Informationszentren kann eine Verwässerung der klassischen InfoPro-Qualifikationen einhergehen. Factiva spricht von einem Aufstieg der semiprofessionellen Nutzer. Wenn man Wortspiele liebt, lässt sich auch von semiprofessionellen Information Professionals sprechen.

Wie unterscheiden sich die Semiprofessionellen von den klassischen Information Professionals, deren Zahl mindestens stagniert und wahrscheinlich zurückgeht? Die Augen der klassischen Information Professionals beginnen zu leuchten, wenn sich die von den Anbietern angebotenen Funktionen vermehren, die Search Strings länger werden und möglichst alle Boole´schen Operatoren im Einsatz begriffen sind. Der semiprofessionelle Information Professional seufzt hingegen, wenn er „and“ und „not“ anwenden und zwischen ihnen unterscheiden soll.

Oder lassen wir hypothetische semiprofessionelle Information Professionals selbst zu Wort kommen: „O.k., wir kommen nicht allein mit Google aus. Das haben wir verstanden. Andererseits haben wir nicht die Zeit noch die Ressourcen, komplexe Recherchen durchzuführen. Wir können und wollen auch nicht die Preise zahlen, die woanders vielleicht üblich gewesen sind. Und doch möchten wir vom Handy aus ebenso qualitativ hochwertige und vollständige Informationen abrufen, wie dies die klassischen Information Professionals bislang an ihrem PC getan haben.“

Damit stellt sich für einen klassischen Informationsanbieter wie Factiva die Frage, wie er seine nach wie vor bestehenden Wachstumschancen in Unternehmen wahren und den semiprofessionellen Information Professionals mit „Instant-“ oder „Zwischenlösungen“ entgegenkommen will.

*

VLesen Sie in der abschließenden Folge: Die Antworten eines klassischen Informationsanbieters

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