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Open Password – Montag, den 10. Mai 2021

# 920

75 Jahre Austria Presse Agentur – Genossenschaften – Clemens Pig – Theresia Theurl – Institut für Genossenschaftswesen – Universität Münster – Margarete Schramböck – Franz Reischl – Österreichische Genossenschaftsverbund – Member Value – Genossenschaft und junge Menschen – Image – Big Tech und die Pandemie – Gesundheitsmapping – Felix Maschewski – Anna-Verena Nosthoff – Luxemburg, Gesellschaftsanalyse und linke Praxis – Gesundheitsmapping – Tim Cook – Google – Gesundheitsdaten – Health Study – Verily – Baseline – Healthy at Work – Google Covid-19-Community Mobility Report – Apple – Apple Watch – Citizen Scientists – Schnittstelle für Tracing Apps – Facebook – Fake News – Data for Good – Facebook Messenger – Prädiktive Modelle – Amazon – Amazon Care – Halo – Affective Computing – GAFA – Koordinierung von Bestandserhaltung und Archivierung – Gemeinsames Metadatenformat – Deutsche und Österreichische Bibliotheksverbünde – Silke Sewing – Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts – KEK-Handlungsempfehlungen – Zeitschriftendatenbank – Speicherverbund Nord – Universität Hamburg – MARC21 – AG Kooperative Verbundanwendungen – Deutsche Nationalbibliothek – MARC 583 – PICA 4233 – Twitter – Scroll – Thomson Reuters – American Chemical Society – ACS Publications – ACS Education – Springer Nature – Wolters Kluwer – S&P Dow Jones Indices – S&P Digital Market Indices – Outsell

 

75 Jahre Austria Presse Agentur:

Das große Lied der Genossenschaft

Titelgeschichte:

Bestandserhaltung und Archivierung: Koordinierung auf der Basis
eines gemeinsamen Metadatenformates

3.

International News

75 Jahre Austria Presse Agentur

Das große Lob der Genossenschaft

 

Genossenschaft ermöglicht ihren meist mittelständischen Mitgliedern gemeinsam eine konkurrenzfähige Größe. Dabei geht es um Kooperation, um mit dem derzeit nötigen rasanten Tempo gemeinsam Dienstleistungen zu entwickeln, die für jeden einzelnen Genossenschafter zu aufwendig und riskant wären, so der Geschäftsführer der Austria Presse Agentur, Clemens Pig am Montagabend beim APA-Talk zum Thema „Zukunft Genossenschaft“ anlässlich des 75-jährigen Bestehens der APA. Die APA ist selbst eine Genossenschaft.

Dazu Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen der Universität Münster. „Bist du nicht groß, musst du schlau sein.“ Genossenschaften bieten ihren Mitgliedern demnach die Möglichkeit eigenständig zu bleiben, die Kontrolle zu behalten und doch gemeinsam mit großer Geschwindigkeit neue Lösungen zu finden. „Wir können über Genossenschaften Größe generieren, ohne die Nachteile der Größe zu erleiden“, sagt Theurl.

Aus Theurls Sicht ist die größte Stärke der Genossenschaft, dass Eigentümer zugleich Nutzer der Dienstleistungen sind. Daher gehe es um „Member Value“, also Werte für die Mitglieder, die sich in der Unternehmensleistung messen, statt um „Shareholder Value“ – also Geldausschüttungen für Investoren, sowie um langfristiges und nachhaltiges Wirtschaften und die Ausschüttung der Gewinne bei den Nutzern.

Genossenschaften seien etwas für junge Menschen, sagte Theurl. „Junge Menschen denken in Communities, in Projekten, sie schwärmen von der Schwarmintelligenz und vertreten Sharing-Modelle.“ Insbesondere die Aspekte Transparenz und Selbstbestimmung seien sehr attraktiv für junge Menschen. In Summe seien Genossenschaften „eine ideale, eine überlegte Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit“ – nicht nur für Banken und die Landwirtschaft, sondern für die Digitalökonomie insgesamt, so die Professorin.

Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) verwies in der Diskussion darauf, dass die Genossenschaften gerade dabei seien, sich in der Digitalökonomie neu zu erfinden. Die Weiterentwicklung der Genossenschaft sei vielen nicht bewusst, weil es sich meist „nicht um solche Reißer handelt, dass sie auf Seite eins medial aufschlagen“, so die Ministerin.

Dem stimmte auch Franz Reischl, Präsident des Österreichischen Genossenschaftsverbandes, zu: „Wir leiden unter dieser historischen Begrifflichkeit, auch wenn viele unserer Genossenschaften schon in der digitalen Wirklichkeit angekommen sind“. Aber Genossenschaften zeichne „eine sympathische Zurückhaltung“ aus, da ja die Mitglieder im Rampenlicht stehen sollten. Daher brauche es ein „Rebranding“, meinte Pig, aber man sollte sich nicht nur am Namen aufhängen. „Vielleicht gelingt es uns, einen so klaren Konnex herzustellen, warum Genossenschaft gerade in der Digitalisierung so sexy ist, dass die Genossenschaft wieder zur Kultmarke wird und wir bei dem Begriff bleiben können.“

Theurl: An ihrem Institut habe man lange über einen alternativen Begriff nachgedacht, aber keiner habe die Breite und Vielfalt einer Genossenschaft abdecken können. Daher sei sie dazu übergegangen, ihren Studierenden besonders erfolgreiche Unternehmen vorzustellen – und sie dann draufkommen zu lassen, dass es sich um eine Genossenschaft handelt.

Silke Sewing

Bestandserhaltung und Archivierung

Koordinierung auf der Basis
eines gemeinsamen Metadatenformates
in den deutschen und österreichischen Bibliotheksverbünden

 

Von Silke Sewing

In den Handlungsempfehlungen der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) von 2015 (KEK-Handlungsempfehlungen) wird ein nationaler Standard bei der Dokumentation von Bestandserhaltung gefordert:

„In den Bibliothekskatalogen sollten künftig für den verbundübergreifenden Abgleich Bestandserhaltungsmaßnahmen für die Bestände ab 1851 […] in standardisierter Form dokumentiert und recherchierbar gemacht werden. Dies bedarf einer gemeinsamen Festlegung mit den Bibliotheksverbünden […].“[1]

Als 2015 die KEK-Handlungsempfehlungen veröffentlicht wurden, waren Maßnahmen zur Bestandserhaltung nicht zentral dokumentiert. In der Regel verzeichneten Bibliotheken Schadensbilder an ihren Beständen und institutionelle Bestandsmaßnahmen in ihren internen Datenbanken oder in Excel-Tabellen. Die Dokumentation folgte überwiegend einrichtungsinternen Vorgaben und war nicht überregional standardisiert.

Eine Ausnahme war die Zeitschriftendatenbank (ZDB). Bibliotheken verzeichnen dort seit 1999 die für Zeitschriften und Zeitungen geplanten Digitalisierungen, Verfilmungen und Entsäuerungsmaßnahmen sowie die Langzeitarchivierung digitaler Objekte. Es gab jedoch nur vereinzelt Ansätze einer standardisierten Dokumentation in den Monografien-Verbundkatalogen.

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Speicherverbund Nord: Der Durchbruch für ein einheitliches Metadatenformat

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Diese Situation änderte sich grundlegend durch das Modellprojekt, das die KEK in den Jahren 2016 bis 2018 unter dem Titel „Entwicklung eines Datenmodells für den standardisierten Austausch von Informationen über Bestandserhaltungsmaßnahmen und Archivierungsabsprachen“ förderte. Wesentlicher Bestandteil dieses Projekts, mit dem die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky mit dem Speicherverbund Nord die Grundlage für eine flächendeckende überregionale Dokumentation von Bestandserhaltungsmaßnahmen und Archivierung erarbeitete, waren zwei Workshops in Hamburg im Jahr 2017.[2] Ziel dieser Workshops war es, ein gemeinsames Metadatenformat zu entwickeln, mit dem die von der KEK geforderte Dokumentation nicht nur auf Ebene des Speicherverbundes selbst, sondern auf einem überregionalen Level realisiert werden konnte. Expert*innen für Entsäuerung, Verfilmung, Digitalisierung und Archivierung physischer Bestände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie für Datenformate aus den Bibliotheksverbünden und der ZDB arbeiteten zusammen, um Anforderungen an die überregionale Dokumentation zu diskutieren und das Format konkret auszugestalten. Diese Lösung wurde auf der Basis des internationalen Standards MARC21, Feld 583 „Action note“ mit seinen Unterfeldern, modelliert.[3] Es wurde eine Markierung von Bestandserhaltung und Archivierung auf der bibliografischen Ebene festgelegt. In Hamburg wurde beschlossen, dass eine​ ​detaillierte​ ​Dokumentation​ ​von​ ​Vollständigkeit​ ​und​ ​Zustand​ ​des Bestandes ​​einrichtungsintern​ auf​ ​Exemplarebene zunächst ​optional erfolgen kann.​ Auch MARC 583 bietet die Belegung auf Titel- und Exemplarebene an.

Der Vorteil der Lösung auf der bibliografischen Ebene ist, dass in einem Katalog alle geplanten und durchgeführten Maßnahmen zur

  • Digitalisierung
  • Verfilmung
  • Entsäuerung
  • Archivierung

auf einen Blick zu erkennen sind.[4] Der Eintrag auf Titelebene wurde als verbindliche Lösung mit Blick auf die Verbundkataloge gewählt, weil damit Selektionen unterschiedlicher Art möglich sind: materialbezogen, auf die Region bezogen, methodenbezogen usw. Datenanalysen wiederum sind Ausgangsbasis für die Steuerung und Optimierung von Prozessen.

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Arbeitsgemeinschaft Kooperative Verbundanwendungen (AG KVA): Die überregionale Anwendung des Metadatenformats

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In den KEK-Handlungsempfehlungen wurde gefordert, das erarbeitete Metadatenformat zur Anwendung auf die Ebene der Verbundkataloge zu heben. In den Workshops des Speicherverbundes Nord wurde als nächster Schritt formuliert, das Metadatenformat in die AG KVA einzubringen. In diesem Gremium kommen die Bibliotheksverbünde aus Deutschland und Österreich regelmäßig zusammen, um im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Verbundsysteme gemeinsame Standards für den Austausch von Daten zu vereinbaren und die Anwendung bibliothekarischer Regeln für die kooperative Katalogisierung zu koordinieren.

In der AG KVA wurde im Jahr 2018 vereinbart, dass die Dokumentation von Konservierung und Archivierung sich auf alle Arten von Beständen in den Bibliotheken beziehen soll. Die bereits in der ZDB und im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) bestehende Dokumentation der Langzeitarchivierung von digitalen Objekten wird dabei als eine Form von Archivierung angesehen. Der international im Bibliothekswesen verwendete Standard zum Austausch von Daten ist MARC21, in diesem Format tauschen die Bibliotheksverbünde in Deutschland und Österreich ihre Daten untereinander aus. Das Feld MARC 583 und die analoge Verwendung seiner Unterfelder wurde in den Internformaten zur einheitlichen Anwendung für die Bereiche Bestandserhaltung und Archivierung in allen Bibliotheksverbünden, in der DNB und in der ZDB festgelegt. Damit wurde die Voraussetzung für eine nachhaltige​ ​öffentliche, ​institutionsübergreifende, recherchierbare​ ​Dokumentation von geplanten und durchgeführten Maßnahmen in den Bereichen Archivierung und Bestandserhaltung geschaffen.

[1] Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts: Die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken in Deutschland. Bundesweite Handlungsempfehlungen für die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Kultusministerkonferenz. Berlin, 2015. [KEK-Handlungsempfehlungen, 2015].

[2] Die beiden Dokumentationen der Workshops liegen nur intern beim Speicherverbund Nord vor: Ostrowski, Felix (graphthinking ​GmbH): Entwurf​ ​eines​ ​Metadatenformats​ ​zur bestandsbezogenen​ ​Dokumentation von​ ​Bestandserhaltungsmaßnahmen und​ ​Archivierungsabsprachen. Ergebnisse​ ​des​ ​Expertenworkshops​ ​am​ ​29.09.2017​ ​an​ ​der​ ​Staats- und​ ​Universitätsbibliothek​ ​Hamburg. Ergebnisse​ ​des​ ​Round-Tables​ ​am​ ​04.12.2017​ ​an​ ​der​ ​Staats-​ ​und Universitätsbibliothek​ ​Hamburg. – Eine öffentliche Dokumentation der Aktivitäten des Speicherverbundes Nord ist unter dieser Adresse zu finden: https://fachwelt.sub.uni-hamburg.de/archivierung/der-speicherverbund-nord.html.

[3] MARC21 Bibliographic: https://www.loc.gov/marc/bibliographic/bd583.html; MARC21 Holdings: https://www.loc.gov/marc/holdings/hd583.html. Die Modellierung und die Erarbeitung des kontrollierten Vokabulars innerhalb des Datenmodells setzt auf Vorarbeiten der nordamerikanischen Bibliotheken auf, vgl. u. a. https://www.loc.gov/marc/bibliographic/pda.pdf sowie die Dokumentationen bei OCLC, vgl. u. a. https://www.oclc.org/en/services/shared-print-management/metadata-guidelines.html.

[4] Digitalisierung, Verfilmung und Entsäuerung und die Archivierung physischer Objekte werden am Titeldatensatz des Druckwerks verankert. Das Feld MARC Feld 583 ist wiederholbar: Sobald eine weitere Institution eine Maßnahme an Bänden dieses Titels durchführt, wird das Feld im selben Datensatz wiederholt.

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Das Format im Einsatz in der ZDB

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In der ZDB sind Informationseinrichtungen aller Unterhaltsträger auf den Ebenen Bund, Länder und auch Kommunen vertreten. Insgesamt 3.700 Einrichtungen verzeichnen ihre Bestände in der ZDB. Ein Nachweis zur Bestandserhaltung und Archivierung an Periodika-Titeln kann aktiv eingebracht werden und erreicht als Information die Verantwortlichen auf allen Ebenen des deutschen und österreichischen Bibliothekswesens.

Bei Zeitschriften, Zeitungen und anderen Periodika-Titeln bietet sich die Kennzeichnung von Maßnahmen besonders an, da einzelne Einrichtungen bestimmte Bandsegmente eines Titels behandeln können. Lücken in der Behandlung können von anderen Institutionen gefüllt werden. In der ZDB werden Maßnahmen der Digitalisierung, Entsäuerung, Verfilmung und zur Archivierung physischer Medien bei der Aufnahme der Druck-Ausgabe hinterlegt.

Für die ZDB, die DNB und die PICA-Verbünde wurde das Feld PICA 4233 als Entsprechung zu MARC 583 im Internformat gewählt.[1] Jedes Unterfeld in PICA 4233 hat ein entsprechendes Unterfeld im MARC-Feld 583. Die Informationen aus den Unterfeldern ergänzen sich:

  • Bestandsangaben
  • Maßnahme (Archivierung, Verfilmung, Entsäuerung, Digitalisierung) plus Status (geplant, gewährleistet, nicht möglich)
  • geplantes Datum der Maßnahme bzw. Datum der Durchführung der Maßnahme
  • Rechtsgrundlage/kooperativer Kontext
  • Rechtliche Verantwortung
  • standardisierte Methode der Massenentsäuerung
  • durchführender Akteur (führt Maßnahme für eine andere Institution durch)
  • Schadensbilder
  • Anmerkung
  • bestandsführende Bibliothek / Institution (ISIL).

Die wichtigsten Unterfelder sind Maßnahme und bestandsführende Bibliothek. Maßnahmen sind Archivierung, Verfilmung, Entsäuerung und Digitalisierung. Der Status der Maßnahme ist in einem Dreierschritt codiert: die Maßnahme wird entweder als „gewährleistet“, als „geplant“ oder als „nicht möglich“ eingestuft.

Beispiel im Internformat der ZDB – Minimalbelegung

PICA 4233 $a ca $5 DE-1

Die Kennzeichnung „ca“ in $a steht für: Digitalisierung durchgeführt. Die bestandsführende Institution wird mit ihrem ISIL aufgeführt. In diesem Beispiel hat die Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz (DE-1) einen Titel digitalisiert.

Die Codierung der Aktionen ist notwendig, um die Maßnahmen auf einheitliche Weise recherchieren und selektieren zu können. Sie sind die Grundbausteine, die – erweitert um die Information aus den anderen Unterfeldern – auf den Nutzer zugeschnittene Recherchen zu ermöglichen.

[1] Detaillierte Formatübersicht über die Anwendung in der ZDB: https://www.zeitschriftendatenbank.de/fileadmin/user_upload/ZDB/pdf/zdbformat/4233.pdf.

Lesen Sie in der abschließenden Folge: Durchführung von Massenentsäuerungsmaßnahmen – Digitalisierung – Pflichtexemplare und digitale Pflichtexemplare – Die koordinierende Archivierung von Zeitschriftenbeständen – Dokumentation von Schadensbildern – Schlusswort und Ausblick

Über den Tellerrand (47):
Big Tech und die Pandemie

Big Tech kartiert die Terra Incognita
unseres Körpers
Die Pandemie als Beschleuniger
des Gesundheitsmappings

Felix Maschewski und Anna-Verena Nosthoff, Big Tech und die Pandemie – Smarte Retter in der Not?, in: Luxemburg – Gesellschaftsanalyse und linke Praxis, April 2021. Die Autoren gehen davon aus, dass „Big Tech die Welt als auslesbare Karte versteht. Wurden bereits jede Straße, jeder Hügel und jedes Haus erfasst, jedes Buch und Foto ins Digitale übersetzt, wird seit geraumer Zeit auch unser Verhalten immer eindringlicher datafiziert und aggregiert, seine Muster analysiert. Karten sind dazu da, sich zu orientieren und zu navigieren, sie machen die Welt gangbar, aber auch beherrschbar. Der Gesundheitsmarkt soll 2025 ein Volumen weltweit von 979 Milliarden Dollar, in Deutschland von knapp 57 Milliarden Dollar erreichen. Es überrascht daher nicht, dass die Digitalkonzerne „zuletzt vor allem den menschlichen Körper als Terra incognita ausmachten“. Apple-CEO Tim Cook antwortete 2019 „nahezu stellvertretend für das Silicon Valley auf die Frage, was der wichtigste Beitrag seines Unternehmens für die Menschheit sein solle: „die Gesundheit“.

Einer der avanciertesten Player im Geschäft des Gesundheitsmapping ist Google. Zuletzt konzentrierte dieser sich „vor allem auf die Entwicklung von Algorithmen, mit denen Krankheitsverläufe von Patienten vorhergesagt, die Bettenbelegungen besser organisiert werden sollen.“ Google ging Kooperationen mit externen Gesundheitsdienstleitern ein, über die – häufig ohne das Wissen der Patienten – Millionen von Datensätzen über Krankheitsverläufe erworben wurden. In der „Health Study“ der Google-Tochter Verily werden seit 2018 „10.000 Menschen über vier Jahre hinweg mit sogenannten Study Watches (ausgestattet), um sämtliche (In-)Aktivitäten (von der Schrittzahl bis zur Schlafqualität) zu tracken. Zugleich sollen die Probanden kontinuierlich Fragebögen ausfüllen, Checkups in Kliniken und Tests – vom Seh- bis zu Gehtest – absolvieren, die dem Konzern Einblick in alle Bereiche des Lebens (und Sterbens) eröffnen.“ Im Projekt „Baseline“ wurden bis Februar 1,7 Millionen Amerikaner auf Corona getestet. Mit „Healthy at Work“ wird ein beständiges Covid-19-Screening von Belegschaften angeboten. In „Google Covid-19-Community Mobility Reports“ werden auf der Basis von Standortdaten der Smartphonebenutzer die aktuellen Bewegungstrends der Bevölkerung wiedergegeben. Diese dienen dazu, „mögliche Risikogebiete der Ansteckung evidenzbasiert zu lokalisieren und zu eruieren, inwiefern Maßnahmen zur Kontakteinschränkung greifen oder nicht.“

„Neben Googles Fitbit nimmt vor allem die Apple Watch eine Schlüsselposition am Handgelenk ein, ermöglicht es seinen Nutzern (doch), zu Citizen Scientists zu werden und via App persönliche Daten – von der täglichen Aktivität bis zum Schlafrhythmus – zur Früherkennung von Covid-19 zu spenden.“ Über Apples Research-App ist das Spenden der eigenen Daten zur Erforschung weiterer Daten möglich. Sowohl Google als auch Apple machten eine „eigens entwickelte Schnittstelle (verfügbar), die einen fast dezentralen, anonymisierten Datenaustausch via Bluetooth möglich macht und heute den Standard für fast sämtliche nationale Tracing-Apps in Europa bildet“.

Facebook „hat ein Corona-Virus-Impfzentrum für den Newsfeed entwickelt und konsequenter als je zuvor Fake News – vor allem bei Impfungen – bekämpft“. Das Unternehmen machte eine Plattform verfügbar, auf der täglich 50.000 Menschen den Forschern zweier Universitäten berichten, damit der Virus getrackt werden kann. Unter dem Motto Data for Good erfassen Apps, „wie der Bewegungsradius und die sozialen Kontakte zur Verbreitung des Corona-Virus beitragen, ob die Ausgangsbeschränkungen greifen oder neue Maßnahmen zu empfehlen sind“. Beispielsweise mit Facebook Messenger werden die jeweiligen Standortdaten in Echtzeit erfasst, um „so prädiktive Modelle zu erstellen, die den Verlauf der Krise prognostizieren“.

Zunächst nur für die eigene Belegschaft im Großraum Seattle hat Amazon „Amazon Care“ geschaffen. „Via Chat oder Videocall können sich die Mitarbeiter jederzeit von Ärzten diagnostischen Rat holen, gegebenenfalls Haustermine vereinbaren oder sich direkt beim … Arbeitgeber betreuen lassen.“ Der Fitnesstracker Halo „kann nicht nur Schritte zählen, den Pulsschlag oder die Hauttemperatur messen, es ermöglicht auch eine Körperfettanalyse über eine Art 3-D-Scan“. Dafür müssen sich die Nutzer „halb nackt fotografieren und die Fotos in die Amazon Cloud hochladen. … Auch die Stimme soll via Mikrofon aufgezeichnet werden, um via affective computing sowohl Rückschlüsse auf die emotionale Verfasstheit seines Trägers zu ziehen als auch seine Wirkung auf Fremde aufzuzeigen.“

Bei allen diesen Aktivitäten hat die Pandemie als Beschleuniger von Wandlungsprozessen fungiert, „die bereits vor ihr einsetzten, nun jedoch noch konzentrierter verfolgt werden.“ Dabei präsentieren sich die Smart-Tech-Unternehmen als „smarte Heilsbringer…, die häufig jenseits des staatlichen Zauderns Aufgaben übernehmen und ohne demokratische Abwägungsprozesse agieren. … Was während der Pandemie verständlich, vielleicht notwendig erscheint, kann schnell eine neue Dynamik entfalten. Wenn es nach GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon) geht, haben sie noch nie genug Daten gesammelt, wissen sie stets zu wenig, was die Welt und uns im Innersten zusammenhält.“

International News

Twitter Is Acquiring Scroll

Twitter is acquiring Scroll. Scroll has built a way to read articles without the ads, pop-ups, and other clutter that get in the way, cleaning up the reading experience and giving people what they want: just the content. This is an opportunity for Twitter to introduce this proven model to publishers on its service.

Thomson Reuters Reports First-Quarter 2021 Results

Thomson Reuters reported results for the first quarter ended March 31, 2021, updated its revenue outlook for the full year and provided an outlook for the second quarter 2021. Revenues increased 4% due to growth in recurring revenues and a 1% favorable impact from foreign currency.

New ACS Institute Supports the Broad Chemistry Community Across the Spectrum of Learning

The American Chemical Society (ACS) is pleased to announce the launch of the ACS Institute, a centralized portal with over 100 educational and training products and programs from across ACS. The material includes a new series of online courses offered by ACS Publications as well as a suite of new courses from ACS Education.

Springer Nature Advances Its Machine-Generated Tools and Offers a New Book Format with AI-Based Literature Overviews

Following the publication of its first machine-generated book in 2019, Springer Nature has now deployed its AI expertise to create a new publication format which focuses on literature reviews. While the first book on lithium-ion batteries was entirely AI-based, this new format takes a hybrid approach of blending human-machine interaction.

Wolters Kluwer First Quarter 2021 Trading Update

Wolters Kluwer released its scheduled first-quarter 2021 trading update. Highlights: Full-year 2021 guidance reiterated: good start to the year. First-quarter revenues up 4% in constant currencies and up 4% organically. Recurring revenues (81%) grew 3% organically; non-recurring revenues rose 7% organically.

S&P Dow Jones Indices Launches Cryptocurrency Index Series Including S&P Bitcoin Index

S&P Dow Jones Indices (S&P DJI) has officially launched its new series of digital asset benchmarks, the S&P Digital Market Indices. These new S&P-branded indices will measure the performance of digital assets listed on recognized open cryptocurrency exchanges.

Source: Outsell

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