Open Password – Montag,
den 25. Mai 2020
# 759
Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg – GBI-Genios – Datenbankfrühstück – Sabine Graumann – Arbeitskreis Informationsvermittlung – Medical Subject Headings – DIMDI – ZB MED – NLM – Zukunft der Informationswissenschaft – Information – Bernd Jörs – Willi Bredemeier – Kritik der Informationswissenschaft – Informationskompetenz – Fake News – Hate Speech – Bibliothekswissenschaft – Theorielosigkeit – Rainer Kuhlen – ISI – Information Science – Information und Dokumentation – Informatik – Data Science – M. Siegel – M. Mieskes – Medien- und Kommunikationswissenschaft – Designwissenschaft – C. Bauer – Wissensmanagement – K- North – R. Maier – Wirtschaftsinformatik – W. Semar – W. Strauch – Informationskompetenz und Demokratie – Universität Hildesheim – Claude Shannon – Albert Einstein – Ronald W. Clark
Medical Subject Headings
MeSH-Übersetzung ins Deutsche
langfristig gesichert
DIMDI übergibt die Pflege des Thesaurus
für deutschen Sprachraum an ZB MED
ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften übernimmt ab 2020 die deutsche Übersetzung der Medical Subject Headings (MeSH). Bisher übersetzte das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) den medizinischen Thesaurus, den im englischen Original die US-amerikanischen National Library of Medicine (NLM) herausgibt.
MeSH ist ein international bekannter und weltweit verbreiteter medizinischer Thesaurus, der jährlich aktualisiert wird. Er ist hierarchisch aufgebaut und stellt vielfältige Verbindungen zwischen Fachbegriffen mit unterschiedlichen Merkmalen her. Die Anwendung reicht von der Sacherschließung von Buch- und Medienbeständen über das Indexieren von Datenbanken bis zum Erstellen von Suchprofilen in Medizin und Biowissenschaften.
Die United States National Library of Medicine – weltgrößte medizinische Bibliothek – gibt den MeSH-Thesaurus heraus. Er wird jährlich aktualisiert. Partnerorganisationen weltweit übersetzen die sogenannten Main Headings und Entry Terms in die jeweilige Landessprache. Die NLM begrüßt es, dass ZB MED in Zukunft die MeSH-Übersetzung für den deutschen Sprachraum sicherstellt: „With ZB MED we have a trusted partner in Germany. This means that we know German MeSH translations are in good hands.“
Bis 2018 lag die Übersetzung für den deutschen Sprachraum beim DIMDI, das aktuell die Ausgabe von 2019 zum Download bereitstellt. In enger Abstimmung mit dem DIMDI übernimmt ZB MED als deutsches Pendant zur US-amerikanischen NLM nun diese Aufgabe. Das Informationszentrum wird erstmalig die 2020er Ausgabe des deutschen MeSH-Thesaurus anbieten.
Briefe
Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg
GBI-Genios Datenbankfrühstück
“Steilvorlagen” gehen neue Partnerschaft
mit GBI-Genios ein
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Steilvorlagen,
der Arbeitskreis Informationsvermittlung freut sich Ihnen mitteilen zu können, dass wir für unsere Veranstaltung 2020 einen neuen Partner gewonnen haben. Die GBI-Genios ist Veranstalter der „Steilvorlagen für den Unternehmenserfolg 2020“, die am 14. Oktober im MARITIM Hotel Frankfurt im achten Jahr in Folge von 10-14 Uhr stattfinden wird. Das traditionelle „GBI-Genios Datenbankfrühstück“ bildet den Rahmen für die „Steilvorlagen“, die dieses Jahr miteinander verschmelzen.
Durch die Unabhängigkeit von der Frankfurter Buchmesse als Träger können wir das Event als Präsenzveranstaltung oder – je nach aktuellen Erfordernissen – alternativ auch als Online-Web-Konferenz abhalten. Merken Sie sich den Termin in Ihrem Kalender auf jeden Fall schon einmal vor!
In Zeiten drohender Budget- oder Personalkürzungen müssen Information Professionals jederzeit überzeugend darlegen können, warum ihre Leistungen einzigartig und unverzichtbar sind. Wir wollen 2020 deshalb einen besonderen Fokus auf den Mehrwert legen, den Information Professionals durch die Nutzung vielfältiger, alternativer Tools und Datenquellen, die weit über das Internet hinausgehen, erzeugen können. Freuen Sie sich auf Referenten aus renommierten Unternehmen wie beispielsweise Roland Berger oder Janssen-Cilag.
In Kürze erhalten Sie von uns ein ausführliches Programm mit Link zur Anmeldung. Sofern sie GBI-Genios Kunde sind, können Sie kostenfrei teilnehmen. Bei frühzeitiger Anmeldung bis 31. August 2020 zahlen Sie nur 79 Euro statt 96 Euro. Studenten entrichten 29 Euro.
Bleiben Sie gesund!
Im Namen von GBI-Genios
für den Arbeitskreis Informationsvermittlung
Ihre Sabine Graumann
Zukunft der Informationswissenschaft
Über den Grundbegriff der „Information“
ist weiter zu reden und
über die Existenzberechtigung der Disziplin auch
Die Kapitulation der Informationswissenschaft
vor dem eigenen Basisbegriff
Von Bernd Jörs
Zahlreiche FachvertreterInnen der Informationswissenschaft bereiten erst recht das Feld für Hate Speech und Fake News vor
– mit ihrem ungeklärten (Un)begriff der „Information“,
– mit ihrer Forderung nach „Informationskompetenz“, ein Terrain, das eigentlich der
Bibliothekswissenschaft zusteht,
– mit ihrer Theorielosigkeit,
– mit ihrer unkritischen Ablehnung einer ernsthaften Auseinandersetzung sowie
– mit ihrem ungeklärten Domänenverständnis.
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Die Informationswissenschaft, eine Disziplin ohne Theorie, ohne Bezugsrahmen und ohne Klärung ihres Grundbegriffes.
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2010 veröffentlichte Willi Bredemeier seine „Kritik der Informationswissenschaft“. Diese war unter anderem eine Reaktion auf eine von Rainer Kuhlen herausgegebene Schrift (Information: Droge, Ware oder Commons? – Wertschöpfungs- und Transformationsprozesse auf den Informationsmärkten – Proceedings des 11. Internationalen Symposiums für Informationswissenschaft, ISI 2009, Konstanz, 1.-3. April 2009, Band 50 der Schriften zur Informationswissenschaft). Aus dieser Kritik seien zwei elementare Feststellungen zitiert:
„II.6 Für die Informationswissenschaft als Geisteswissenschaft mit dem Untersuchungsgegenstand „Information“ sind besonders starke Tendenzen anzunehmen, auf eine Kritik an der eigenen Arbeit zu verzichten.“
„II.6.2 Der Untersuchungsgegenstand „Information“ ist derart allgemein, dass sich zwingend weder wissenschaftliche Ansätze noch Fragen noch Verfahren ableiten lassen. Wie lässt sich eine Selbstkritik beginnen und fortsetzen, wenn solches die Ausgangspunkte sind?
„Information“ und „Macht“ sind derart allgemeine Begriffe, dass sich von ihnen ausgehend keine empirisch gehaltvollen Theorien ableiten und schon gar nicht Prognosen gewinnen lassen. Dieses Schicksal teilen sie mit dem Begriff des „Systems“, das lediglich aussagt, dass irgendetwas „geordnet“ oder „invariant“ sei“ (Seite 8).
So ist es nahezu bis heute geblieben. Die Frage und Forderung nach der Existenzberechtigung für eine eigene Wissenschaftsdisziplin „Informationswissenschaft“ oder „Information Science“ ist nach wie vor zu stellen – dies auf der Basis des ungeklärten Anspruchs, „Informationen“ zum Hauptuntersuchungsgegenstand zu erheben. Mittlerweile sind allerdings Fragestellungen, die der Informationswissenschaft als Alleinstellungsmerkmal hätten dienen können, von der Informatik übernommen worden. Zudem haben leistungsstarke cloudbasierte Software und Hardware das „Informations- und Dokumentations-(IuD)-Problem“ weitgehend gelöst. Mehrere Universitäten haben daher die Reißleine gezogen und informationswissenschaftliche Lehrstühle und Studiengänge aus ihrem Angebot gestrichen.
Sich als Wissenschaft vor allem mit dem „Suchen, Finden und Speichern von Informationen… or whatever“ (Bredemeier, a.a.O., Seite 8) zu beschäftigen, stellt heute kein wissenschaftliches Alleinstellungsmerkmal und erst recht keine Rechtfertigung für eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin dar, dies schon gar nicht nach dem Siegeszug der informatiklastigen Data Science.
Es bleibt bei Bredemeiers Feststellung: „„Derzeit verfügt die Informationswissenschaft über keine Theorie und noch nicht einmal über einen Bezugsrahmen, die eine zwingende Ableitung von Forschungsthemen und wissenschaftlichen Fortschritt im Sinne aufeinander aufbauender Forschungsergebnisse erlaubten. Unter dem Grundbegriff der Information wird zudem alles und jedes verstanden“ (W. Bredemeier, 26. Februar 2016, Password).
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Die Kapitulation der Informationswissenschaft vor dem eigenen Basisbegriff.
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VertreterInnen der deutschsprachigen Informationswissenschaft äußern sich hingegen in gerade verzückend naiver, geradezu mitleidserregender Form auf Tagungen mit Feststellungen wie diese: „Additionally, Information Science deals with information, which becomes more and more important in our information society“ (M. Siegel; M. Mieskes: Information Science education in Darmstadt; in: The Future of Education in Information Science Proceedings from FEIS – International EINFOSE Symposium 10–11 September 2018 Pisa, Italy Edited by Tatjana Aparac-Jelušić, Vittore Casarosa, and Elena Macevičiūtė Osijek, 2018, Seiten 175-178, Seite 175).
Ob diese berechtigte, aber weitgehend ignorierte Kritik Bredemeiers am Informationsbegriff der Informationswissenschaft die Disziplin „Informationswissenschaft“ überhaupt interessiert, spielt allerdings keine große Rolle, denn andere Wissenschaften haben inzwischen die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Terminus der „Information“ federführend übernommen. Zusätzlich zur Informatik sind dies die Medien- und Kommunikationswissenschaft und die Designwissenschaft (C. Bauer: Informationstheorie für Designer; Köln 2018). Die Informationswissenschaft kann gerne mit ihrem altbackenen und überholten semiotisch, also nur von potenziellen Informationen und Allmacht geprägten Definitionsverständnis von „Information als Wissen in Aktion“ (Kuhlen), oder der in der Praxis gescheiterten Abgrenzung vom Wissensmanagement von North und dessen terminologisch-definitorischen Abgrenzungsversuch weiterleben: „Aus Daten werden schließlich Informationen, wenn sie in einen Kontext eingebunden und zweckorientiert verwendet werden“, also Daten mit einem Bedeutungszusammenhang verbinden (K. North; R. Maier: Wissen 4.0 – Wissensmanagement im digitalen Wandel; in: HDM Praxis der Wirtschaftsinformatik, VOl. 55, 2018, S. 665-681).
Oder sich auch auf den naturwissenschaftlichen Definitionsansatz berufen: „Information ist damit kein Zustand, sondern das, was Zustände ändert: Information ist physikalische Wirkung mit der einschneidenden Bedingung der Identifizierbarkeit und Wiederholbarkeit. Mit anderen Worten: Sie ist dynamisch, regelmäßig zwar, fixierbar zwar durch Anfangs- und Endzustände (abbildbar), aber dynamisch. Wie eine stehende Welle. Aber nicht nur. Ursache-Wirkung: Solange ein wiederholbarer Zusammenhang zwischen Zuständen besteht, ist es Information, “steckt Information” darin. Jede Nachvollziehbarkeit ist also Information, denn dies bedeutet, dass aus einem Anfangszustand Schritt für Schritt der Endzustand erklärt werden kann – egal wann, egal wo, jedes Mal, wenn die Geschichte nachvollzogen, “erzählt” wird. Das wiederum würde niemals Sinn machen, wenn nur zufällige Ereignisse im Spiel gewesen wären.“ (http://www.bussole.de/html/DefInf.htm)
2013 verschaffte sich der Mitherausgeber des informationswissenschaftlichen Standardwerkes „Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation“ (6. Auflage), Rainer Kuhlen, Luft und sprach aus, was etliche InformationswissenschaftlerInnen für ihren Verzicht auf eine Befassung mit dem „Informations“begriff als Rechtfertigung dringend benötigten: Es solle doch bitte „..nicht unmäßig Energie auf eine Definition der Basisbegriffe oder der Disziplinbenennung ver(sch)wendet“, vielmehr dargestellt werden, „welche Ziele in dem jeweiligen Fach verfolgt, welche Probleme behandelt werden und welche Methoden dabei zum Einsatz kommen“ (R. Kuhlen: Information – Informationswissenschaft, in: Hrsg.: R. Kuhlen, W. Semar, D. Strauch: Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation, 6.Auflage, Berlin, Boston 2013, Seiten 1-24, hier Seiten 7-8.).
Kuhlen schlug vor, dass endlich Schluss mit der lästigen Diskussion zum „Informations“begriff gemacht und der Vorwurf der Beliebigkeit, Unverbindlichkeit, Schwammigkeit und fehlenden wissenschaftlichen Verankerung des „Informationsbegriffs“ nicht mehr erhoben werde: „Die vielen Definitionen von Informationswissenschaft, die aus dem Fach selber unternommen wurden, sind weiter nützlich, wenn auch so gut wie keine erschöpfend verbindlich“ (R. Kuhlen; a.a.O.; Seite 5). Kuhlen hieß die „Beliebigkeit“ im Umgang mit der „Information“ sogar gut: „Informationswissenschaft ist letztlich immer das, welche Theorie von Information ihr zugrunde gelegt wird“ (R. Kuhlen; a.a.O.; Seite 5). Und er fügte eine Basta-Forderung hinzu: „(Es gibt) keine allgemein anerkannte Definition von Informationswissenschaft und damit auch nicht von Information“ (R. Kuhlen; a.a.O., Seite 7).
Auf Tagungen wie „Informationskompetenz und Demokratie“ (Universität Hildesheim, November 2019; https://informationskompetenz.blog.uni-hildesheim.de/programm-eroeffnungstagung/) wird aktuell versucht, der Des-Information Einhalt zu bieten. Auf der einen Seite empfiehlt der ehemalige informationswissenschaftliche Lehrstuhlinhaber Kuhlen, „Information“ banal als „Wissen in Aktion“ zu definieren und von einer weiteren Befassung mit dem Informationsbegriff abzusehen, da es keine allgemein anerkannte Definition gebe. Andererseits scheinen sich zahlreiche Kuhlen-SchülerInnen nach wie vor für den „Informationsbegriff“ zuständig zu fühlen. Sie möchten die Richter- und Jury-Funktionen übernehmen und zwischen „Information“ und „Des-Information“ verbindlich entscheiden. Für eine Randwissenschaft mit „Informationskompetenz-“ und „Universalgelehrten“-Anspruch ist dies anscheinend kein Problem, denn für das Suchen, Speichern, Verwerten und vor allem Bewerten von „Information“ halten sie sich für die zuständige Disziplin. Hier rächt sich einmal mehr der ungeklärte Umgang mit dem Buzzword „Information“. Andere Wissenschaftsdisziplinen scheinen nicht mit „Informationen“ umgehen oder diese gar bewerten, geschweige zwischen richtig und falsch, gut und schlecht, mit hohem und niedrigem Informationsgehalt (Dank an Claude Shannon) unterscheiden zu können. Es bleibt dabei: Informationswissenschaft und/oder Information Science als Universalwissenschaft.
In Dankbarkeit für Kuhlen kapitulieren zahlreiche informationswissenschaftlich beheimate DozentInnen und stellen erschöpft fest: „Die Informationswissenschaft ist eine Fachrichtung, die sich – vor allem aufgrund ihrer Interdisziplinarität – nicht mit wenigen Worten erklären lässt“ (M. Siegel: Informationswissenschaft als Hochschulstudium – breit für die Zukunft in Gesellschaft, Industrie und Wissenschaft; in: Information – Wissenschaft & Praxis 2015; 66(4): Seiten 195–200). Sie wiederholen dies gebetsmühlenartig: „Information Science can be complicated to explain. This obvious weakness is in fact an asset of the science.” Hier wird sogar die domänspezifische Schwäche, die sich eigentlich keine Wissenschaftsdisziplin leisten kann, als “Asset of Science” gefeiert, um den unbedarften Leser mit dem Hinweis zu ködern: „Information and Library Science is – as the name suggests – a very broad area with many scientific applications.” Versehen wird dies mit dem kapitulierenden Hinweis: “As such, it is hard to explain briefly what this topic is about” (M. Siegel; M. Mieskes; a.a.O.; Seite 175).
Soviel zum Wissenschaftsverständnis der zu einer Rand- und Orchideen-Disziplin abdriftenden ehemaligen „Information und Dokumentation“-Fachrichtung. Hier ist an die Feststellung von Albert Einstein zu erinnern: „If you can’t explain it simple, you don’t understand it well enough“ (Ronald W. Clark: Einstein: His Life and Times (1972), Seite 418).
Lesen Sie in der nächsten Folge: Wie man mit Information umgehen sollte – Das Beispiel der Medienforschung
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