Märkte sind hart umkämpft und immer mehr Unternehmen versuchen mit sehr preiswerten Angeboten etablierten Anbietern die Kunden abzugewinnen. Das Billigsegment erlebt seit Jahren einen Aufschwung und Premium Anbieter laufen schnell Gefahr durch zu preiswerte Angebote das aufgebaute Markenimage “Premium” zu verlieren. Die Lufthansa AG stellt sich mit der Wings Strategie dieser Herausforderung in der Luftfahrtbranche. Ein interessanter Konzern- und Markenumbau aus dem Information Professionals einiges für die eigene Markenstrategie und Positionierung im Markt lernen können.

 

Der nachfolgende Beitrag ist sebstverständlich beliebig umsetzbar auf Unternehmen die mit einem Wettbewerbsumfeld aus dem Billigumfeld kämpfen müssen. In diesem Beitrag wenden wir dieses Best Practice Beispiel für zwei Tätigkeitsfelder der Information Professionals an.

 

Hart umkämpft – Fluggesellschaften kämpfen um die Buchungen

Große Airlines wie Air France oder die Lufthansa stehen unter einem enormen Wettbewerbsdruck. Einerseits setzt den etablierten Fluggesellschaften auf der Hochpreis-Seite die Airline Emirates zu, die durch staatliche Subventionen enorme Vorteile ausspielen kann. Andererseits schöpfen Billig-Airlines den bekannten Unternehmen im unteren Preissegment die Kunden ab.

 

Das Unternehmen Lufthansa steht mit seinem Image und damit mit seiner Marke für verschiedene Werte im Markt. Die Reaktion auf alle Marktteilnehmer am oberen oder unteren Segment würde zu einem regelgerechten Zerfransen der für Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit stehenden Airline führen. Die Gefahr: eine etablierte Marke wie Lufthansa verliert an Glaubwürdigkeit und keinerlei festen Positionierung bei Alt- aber auch Neukunden.

 

Die Lufthansa AG zeigt mit der Ende 2014 angekündigten Wings Strategie, wie der Konzern auf die Billigfluglinien reagieren will. Die Strategie soll dabei eine Billigfluglinie in die Lufthansa Marke integrieren ohne dabei die Reputation der Premium Marke “Lufthansa” zu demontieren.

 

Lufthansa teilt innerhalb des strategischen Vorhabens das Produkt “Fliegen” in diese drei verschiedene Marken (Multi-Branding) auf. Jede Marke verfügt über ein bestimmtes Merktmal und ist auf unterschiedliche Destinationsleistungen und Zielgruppen zugeschnitten.

 

Lufthansa
Der Premium Carrier mit weltweiten Verbindungen. Dieser Bereich verfügt über 348 Flugzeuge und knapp 40.000 Mitarbeiter.

Germanwings
Positionierung als Qualitätsariline im Billig-Markt-Segment. 57 Maschinen und ca. 2.000 Mitarbeiter werden für Germanwings tätig sein.

Eurowings
Wird ab 2015 als Niedrig-Preis Carrier Langstreckenflüge anbieten. Dieser Bereich ist mit 23 Flugzeugen und knapp 850 Mitarbeitern ausgestattet.

 

Kritiker halten diese Aufteilung für problematisch da in einem Konzern mehrere Segmente arbeiten die für unterschiedliche Ausrichtungen stehen. Lufthansa formuliert dies selbst als einzelne Values, die jeweils einzeln für einen Markt oder Zielgruppe stehen.

 

Interessanter Praxisfall für Information Professionals

Für Information Professionals ist die Neuaufstellung mittels neuer Marken, die für einzelne Produktsegmente stehen ein sehr interessanter Praxisfall. Auch die Information Professionals müssen durch neue Entwicklungen in Marktsegmenten effektive Strategien entwickeln und darauf achten, dass die aufgebaute Markenerscheinung sich nicht verwässert.

 

Im Gegensatz zu den Fluggesellschaften findet der Preiskampf nicht am Ticket-Schalter sondern bereits in den Köpfen der Kunden statt. Verbesserte Eigenrecherchemöglichkeiten (Suchmaschinen, Datenportale und offene Amtsinformationen) haben den Zugang und damit die Kosten für Recherchen für verschiedene Marktsegmente scheinbar gesenkt.

 

 

Bisherige Geschäftsmodelle wie Abfragen von Rechtsständen zu Marken, Patenten oder auch einfache Statistikrecherchen wandeln sich zu Do-It-Youtself Tätigkeiten. Auch die Datenbankhosts tragen diesem Trend Rechnung. Die Suchoberflächen haben sich durch die Webtechnologie und Semantik weiter verbessert. Auch neue Preismodelle haben die Zugänge auch für kurzfristige Recherchen erschwinglich gemacht. Bei einer Delegationstätigkeit an einen InfoPro sinken hier zwangsläufig die Preise, da die Exklusivität des Zugangs zu den Daten und auch Fachwissen mehr oder minder entfallen ist.

 

Lässt der Information Professional sich nun auf die veränderten Rahmenbedingungen ein und geht mit sehr preiswerten Angeboten in den Markt, so kommt dies der Lufthansa gleich, die auf einmal ungewohnt kostengünstig operiert. Für die Kunden beginnt die als langfristig sehr exklusive Marke “mein persönlicher InfoPro” zu wanken. Keine Marke ist auf Dauer so dehnbar, dass diese beide Preisextreme (Hochpreis / Tiefpreis) bedienen kann.

 

Information Professionals können sich an der Wings Strategie der Lufthansa sehr gut orientieren. Hier wird der Aufbau von neuen Produkt- oder Servicemarken unumgänglich, um die Premium Marke mit dem erzielten Image zu bewahren. Gleich dem Beispiel der Lufthansa sollte parallel noch mehr Premium-Service und Exklusivität in die Top-Marke investiert werden. Die Lufthansa setzt dies durch eine Modernisierung der Maschinen und dem Upgrade der Serviceleistungen um. Dies erhöht die Abgrenzung zu den neuen Preissegmenten die aufgebaut werden.

 

[Tweet „Was Information Professionals von der Lufthansa lernen können #wings #strategie“]

 

Für Information Professionals bedeutet dies rein faktisch der Aufbau neuer Service-Marken und eine deutliche Erhöhung der Premium Leistungen durch neue Mehrwerte. Diese Empfehlungen hatte bereits 2014 Gunter Dück den Informationsprofis auf der Steilvorlagen Veranstaltung 2013 und dem IK Symposium 2014 gegeben.

 

Beispielhafte Umsetzung – Wings Strategie für Information Professionals

An zwei Beispielfällen aus der beruflichen Praxis der professionellen Datenrecherche soll diese Umsetzung dokumentiert und werden.

 

Beispiel 1 – Anbieter im Marktsegment Market Intelligence im Preiskampf
Sie sind als Anbieter mit dem Namen “Market-Intelligencius AG” im Branchensegment der Market-Reports und Market-Intelligence unterwegs. Sie erstellen im Kundenauftrag Analysen und Auswertungen die zumeist auf Vorstandsebene empfangen werden. Als Premium-Anbieter sind sie im höheren Honorarsegment unterwegs.

 

Aktuell stellen sie fest, dass eine jüngere Generation Assistentin immer mehr mit Eigenrecherchen mehr schlecht als Recht Informationen zusammentragen. Eingesetzt werden auch günstige Statistik- und Tabellenportale.

 

Der Market Intelligence Researcher startet mit zwei neuen Diensten. Unter der Bezeichnung “Easy Statistik” werden Kurzreports und Kompakt-Angebot im preiswerten Segment aufgebaut. Unter dem Label “Statistik-Direkt” können fertige Reports online gekauft und geladen werden. Für individuelle Fragestellungen wird auf den Premium-Dienst verwiesen. Hier wird für Neukunden sogar der Preis noch angeboten und mit einem neuen Layout die Exklusiv-Position hervorgehoben.

 

Beispiel 2 – Patentrecherchen sind kostenfrei über Portale durchführbar

Für Information Professionals sicherlich eine schon länger bekannte Situation die sich bislang auch als haltbar erwiesen hat. Jedoch wandelt sich die Kundenstruktur zunehmend auf Seiten der Jungingenieure und in den Unternehmen. Auch der Einfluss der Einkaufsabteilungen macht den Patentrechercheuren immer mehr zu schaffen. Die Aussage, dies könne man doch kostenfrei im Internet recherchieren häuft sich verstärkt. Höhere Honorare lassen sich argumentativ nur schwer verkaufen.

 

Der Recherchedienstleister setzt einen neuen Service als “Kompakt-Service” unter einem neuen Namen und mit standardisierten Festpreis-Diensten auf. Für individuelle Rechercheleistungen die Standardabfragen nicht entsprechen wird auf den individuellen Premium-Dienst verwiesen. Die Trennung im Markt erfolgt durch eine neue Benennung des Informationsdienstes. Ebenfalls denkbar wäre eine Trennung der Dachmarke in “Premium” und “Kompakt” oder “Easy”. Hier ist jedoch immer wieder die Gefahr der Vergleichbarkeit zum Premium-Angebot vorhanden. Eine harte namentliche Trennung ist daher mehr zu empfehlen.

 

Verstehen was neu im Markt ist

Im Flug- und Reisemarkt hat sich das komplette Buchungverhalten verändert. Durch die Präsenz von Vergleichsportalen erhalten die Zielgruppen eine gewisse Markttransparenz und Preisvergleichsoption. Aber auch dynamische Pricing-Optionen innerhalb der Airlines haben die Möglichkeit der Angebotserstellung verändert.

 

 

Für Information Professionals haben sich die Empfängergruppen und das Verhalten beim Suchen nach Fachinformationen gewandelt. Auf diese Veränderungen müssen Information Professionals durch zugeschnittene Angebote reagieren. Als Beispiel können die Veränderungen beim Online-Nutzungsverhalten dienen. So müssen Information Professionals passende Angebote für Nutzer von SmartPhones oder Tablet PC´s vorhalten. Bei einer Airline sind dies vergleichweise Lounges oder Sitzkomfort in den Maschinen.

 

Gleiche Ausgangslange jedoch andere Branche und anderes Unternehmen

Vieles kann durch den Blick über den Tellerrand gelernt und umgesetzt werden. Information Professionals sind nicht die einzige Branche die unter einem Preisdruck steht. Der Markt fordert Reaktionen auf neue Entwicklungen wie dem digitalen Wandel. Eine flexible Haltung und auch das Loslassen von altem Ballast kann als Chance genutzt werden.

 

Notwendige Schritte für eine neue Marken- und Servicestrategie

Nachfolgen wollen wir alle Kernschritte für den eigenen Umbau skizzieren. Sicherlich steckt einiges an Arbeit dahinter, was hier lediglich in einer These formuliert wird.

Starten Sie mit einer Analyse Ihrer Kundenstruktur und einer Stärken- und Schwächen Analyse ihrer Produkt- und Serviceleistungen. Folgende Kernfragen sollten Sie im ersten Schritt herausarbeiten.

 

1) Welche Kundengruppen in welchem Anteil nutzen Ihre Dienstleistung?
2) Wo liegen die Top-Merkmale ihrer Leistungen?
3) Welche Segmente sind durch ein Preisdumping gefährdet?
4) Mit welcher Aufwertung kann das Premium Segment gesteigert werden?
5) Wo können neue Leistungs- und Markensegmente mit neuen Values aufgesetzt werden?

 

Bauen Sie nun ein oder zwei Segmente auf. Diese positionieren sie mit neuen Produktschwerpunkten unter der Beibehaltung der herausgearbeiteten Top-Merkmale.

Weitere Informationen zum Konzernumbau der Lufthansa können Sie leicht über Pressedatenbanken recherchieren. Wir haben in der Literaturliste bereits einige Schwerpunktbeiträge herausgearbeitet.

 

Literaturnachweise und Links – Die Lufthansa Wings Strategie

1) „Vollsortimenter-Strategie ist nicht mehr zeitgemäß“, absatzwirtschaft, 30.01.2015

2) „Ryanair wird Europas wichtigste Fluglinie für Manager“, WitschaftsWoche, 12.01.2015

3) Lufthansa wird billiger, Emirates nicht aufzuhalten/Diese Luftfahrt-Themen werden 2015 prägen, Handelsblatt Online, 29.12.2015

4) LUFTHANSA MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND, fvw, 19.12.2014

5) Lufthansa beschließt Billigkonzept, F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung , 04.12.2014

6) Lufthansa-Aufsichtsrat stimmt zentralen Weichenstellungen für nachhaltigen Erfolg des Unternehmens zu, PR Mitteilung der Lufthansa AG, 03.12.2014

7) ZWEI WEGE, EIN ZIEL!, fvw, 02.10.2014

8) Lufthansa AG – Konzern –

 

Wo sehen Sie als Information Professional für sich die Herausforderung. Sehen Sie neue Geschäftsbereiche die neu aufgesetzt werden können?

Nutzen Sie den Kommentarbereich für ein Feedback oder eine Diskussion.